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Ente – das Kochbuch: Die Making-of-Reportage

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Von Dirk Fellinghauer. Fotos Michael Zellmer.

Eine Ente auf den Teller zu bringen, das ist für Michael Kammermeier die leichteste Übung. Schließlich ist der Mann Küchenchef. Nicht irgendwo, sondern im Nobelrestaurant „Ente“ im Hotel „Nassauer Hof“, wo rund 3000 Enten pro Jahr auf die Teller kommen. Aber Enten in ein Buch bringen? Das ist schon eine ganz andere Herausforderung. Auch diese hat der 1978 in Bad Wörrishofen geborene Sternekoch, der seit 2002 in der „Ente“ am Herd steht und dort seit 2006 Küchenchef ist, gemeistert.

Das Ergebnis erscheint nun als dreifach erstes Kochbuch: das erste von Kammermeier und, fast verwunderlicher, das erste über das Restaurant „Die Ente“ und wohl auch das erste einzig und allein über die Ente an sich. Dass es erscheint, ist der Beharrlichkeit des Verlegers zu verdanken. „Mach mal! – Lass mal! – Mach mal! – Lass mal!“ – so verlief nach Schilderung Kammermeiers über Monate der „Dialog“ zwischen ihm und Ralf Frenzel.

Gerichte kreieren ist das eine. Aber wie schreibt man Rezepte?

Als sich das „Mach  mal“ durchgesetzt hatte – vor mehr als einem Jahr – waren die Herausforderungen so vielfältig wie das, was alles aus einer Ente werden kann. „Wir sind anstrengender als andere Verlage“ beschreibt Frenzel den Qualitätsanspruch, nach dem sich alle Beteiligten einer Tre Torri-Buchproduktion zu richten hätten. Gerichte kreieren, das ist für einen Koch der ersten Liga das eine. Wie aber schreibt man dazu Rezepte, die jeder versteht? Keine leichte Übung, schon gar nicht, wenn man wie Kammermeier von sich selbst sagt: „Ich koche sehr viel aus dem Bauch raus.“ Und wie fotografiert man diese Gerichte einerseits realistisch, andererseits ästhetisch und ansprechend? In dem Wiesbadener Fotografen Guido Bittner hat Kammermeier den „partner in crime“ gefunden, der das hingekriegt hat. Für ihre Arbeit haben sich die Beiden meist – der eigentliche Restaurantbetrieb lief ja unvermindert weiter – in den Keller verzogen. Dort konnte der Fotograf sein umfangreiches Equipment aufbauen, um das frisch zubereitete Essen in Szene zu setzen.

„Das Schwierigste war die Ente selbst“, berichtet das Duo von den Tücken des Objekts. Die Farbe gut einzufangen, sei nicht einfach gewesen. Schließlich musste so fotografiert werden, wie die Ente aus dem Ofen kam. „Wir haben nichts künstlich erzeugt und zeigen alles so, wie es beim Gast ankommt“, sagt der Koch. „Wir beschäftigen keine Foodstylisten“, stellt der Verleger klar. „Unsere Prämissen waren: Kontrastreich, klar, nicht zu viel in der Unschärfe verschwinden lassen“, erklärt der Fotograf.

Das Buch soll nichts verbergen: „Jedes Gericht zeigen wir auf einer Doppelseite in Großaufnahme. Man sieht alle Fehler“, kokettiert der völlig unkomplizierte Spitzenkoch dann doch ein wenig.

Alles, nur keine Enteneier

Wenn das Schwierigste die Ente selbst war, was gab es dann eigentlich außerdem noch zu fotografieren für ein Enten-Kochbuch? Jede Menge! „Die Ente allein wird irgendwann langweilig“, findet selbst der „Herr der Ente“ und präsentiert nun auf 240 Seiten neben dem Naheliegenden – Entenbraten und – brust in diversen Variationen – so einiges, mit dem keiner rechnet. Schon mit den Kapiteln „Appetizer“, „Restaurant“, „Bistro“ und, tatsächlich, „Fast Food“ verspricht das Buch kulinarische Vielfalt – und löst es ein mit 58 Rezepten, die buchstäblich alles aus der Ente herausholen. „Wir verwenden alles von der Ente, aus Respekt vor dem Tier“, beschreibt Kammermeier seine Philosophie. Deshalb ist die Ente nicht zwangsläufig „Hauptfigur“, sondern auch Zutat, etwa bei raffinierten Fischgerichten. Und deshalb haben auch „Knusprige Entenfüße“ ihren Platz gefunden. Nur eines sucht man vergeblich: Enteneier. „Die sind in Deutschland verboten“, klärt Kammermeier auf. Überraschende und aufregende Kreationen wie „Gebackene Entenzunge & Langostine-Carpaccio“, „Entenleberpraline“, „Entengriebenkruste auf Steinbutt“ oder auch einfach „nur“ ein „Entenburger“ lassen aber Leser, die hier automatisch auch Betrachter sind, gar nicht auf die Idee kommen, dass irgendetwas fehlen könnte.

Bleibt die Frage nach der Nachkochbarkeit. „Bei den Bistrorezepten ist das definitiv problemlos möglich“, deutet der frischgebackene Kochbuchautor diplomatisch an, dass manches aus seinem ersten Buch nicht so schnell den Weg auf Teller finden dürfte – zumindest nicht außerhalb der „Ente“. Dem Genuss der Lektüre tut dies keinen Abbruch. Ente gut, alles gut!

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„Ente – Das Kochbuch“, ist soeben im Tre Torri Verlag erschienen. 240 Seiten. Subskriptionspreis bis 31.12.: 37,45 Euro, ab 1.1.: 49,90 Euro. Wir verlosen 3 Exemplare: losi@sensor-wiesbaden.de