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Walhalla-Theater zieht in ehemaliges Gestüt Renz – Mietvertrag steht, Start im Januar geplant

UPDATE  07.10., 19 Uhr – Der Walhalla-Verein hat uns auf ein Missverständnis bezüglich unserer Berichterstattung hingewiesen. Der Mietvertrag ist zwar erstellt, aber noch nicht unterschrieben. Wir haben den nachfolgenden Text entsprechend korrigiert und aktualisiert.

 Text & Foto Laura Ehlenberger.

Beim Visionären Frühschoppen im Exil Anfang September in der Skatehalle (Foto) äußerten sich die Beteiligten noch vorsichtig optimistisch. Jetzt scheint besiegelt: Der Walhalla e.V. findet ein „Dauer-Exil-Domizil“ in der Nerostraße und bespielt künftig das bisherige Gestüt Renz. „Der Mietvertrag ist erstellt“, erfuhr sensor von der künstlerischen Leiterin des Walhalla-Theaters, Sigrid Skoetz: „Wir eröffnen am 19. Januar“. Kein Geringerer als Kult-Musiker Bernd Begemann soll die neue Spielstätte einweihen. Aber auch für eigene Produktionen gibt es schon Pläne.

Das Thema Walhalla beschäftigt die Stadt seit Monaten. Sowohl die künftige Nutzung des seit Anfang 2017 für jeden Betrieb gesperrten Gebäudes als auch das Schicksal des dort lange beheimateten Walhalla e.V. sind Dauerthemen. Bei Ersterem ist der Ausgang weiter offen, bei Letzterem gibt es nun zumindest eine passable Interimslösung mit viel versprechender Perspektive.

Erste öffentliche Auskünfte dazu gab es beim Visionären Frühschoppen –  beim 17.  überhaupt dem und dritten im Exil Anfang September. Wie immer fanden sich an einem Sonntagmittag interessierte Bürgerinnen und Bürger ein, um Visionen kundzutun, anzuhören und  zu diskutieren. Diesmal fand die Veranstaltung von sensor und Walhalla in der Skatehalle der Kreativfabrik Zuflucht. Im Fokus des Geschehens stand ein mögliches „Folklore-Nachfolge-Festival“, nichtsdestotrotz nutzte sensor-Objektleiter Dirk Fellinghauer die Gunst der Stunde, Neues in Sachen „Wie-geht-es-weiter-mit-dem-Walhalla?“ publik zu machen.

Am Podiumstisch nahmen die Walhalla-Betreiberin Sigrid Skoetz (Foto oben Mitte) und Unternehmer  Ralph Jerey (Foto rechts) – zugleich Eigentümer der Immobilie, in der das Gestüt Renz bis zu seiner Schließung beheimatet war – Platz. Kleiner Rückblick: Erste Ideen, Erwartungen, Hoffnungen in Sachen „Walhalla im Gestüt“ kamen im Sommer auf, konzentrierten sich, dann: die frohe Botschaft im Juni. Im sensor-Interview bestätigte Jerey erstmals die Pläne und stellte klar, das Walhalla passe zu dem geschichtsträchtigen Haus in der Nerostraße. Er bezeichnet das „Theater im Exil“ als seinen Wunschmieter – Interesse an dem innerstädtisch gelegenen Traditionshaus gebe es reichlich. Einige Zeit später… erste Einschätzungen wurden getätigt, die Räume begutachtet, nun ist es offiziell. Oder doch noch nicht?

Das Kribbeln des Vermieters – und die Gewissheit: „Das ist es!“

„Ende November würden wir gerne starten“ die Botschaft von Sigrid Skoetz ließ die Walhalla-Freunde, die in den letzten Monaten um ihr geliebtes Theater bibberten, aufatmen. „In trockenen Tüchern“ beschrieb auch Ralph Jerey den Status quo – schob aber ein „eigentlich“ nach. Er legte Wert darauf, die gut klingenden Nachrichten mit Vorsicht zu genießen, bevor die Walhalla-im-Ex-Gestüt-Ampeln nicht endgültig auf „grün“ stünden. Dies scheint nun der Fall zu sein. Der Plan klingt gut: Walhalla im alten Gestüt Renz soll es sein. Der Hauseigentümer und neue Vermieter bekräftigte seinen Entschluss vor dem Publikum des Visionären Frühschoppens. Die Idee sei von SEG-Geschäftsführer Roland Stöcklin ausgegangen, so der Wiesbadener, der nun, da sie Gestalt angenommen hat, mehr als zufrieden wirkt: „Ich habe ein Kribbeln gespürt… und wusste: Das ist es!“ Dem Familienvater – auch seine Frau und seine beiden Söhne saßen beim Frühschoppen im Publikum – liegt viel an seiner Stadt.

Urbanität und Stadtentwicklung seien ihm ein großes Anliegen. „Ich halte Vorlesungen vor Studenten“, verrät Jerey, der auch Dozent an der Hochschule für Immobilienwirtschaft ist, „und habe es mit ihnen genau über solche Themen.“ Die Stadt müsse lebendig sein, gerade für die jungen Menschen. „Sie wollen hier nicht nur wohnen“, betont er.

„Diese Stadt darf nicht tot sein“

Auf die Frage von Moderator Fellinghauer, warum speziell Wiesbaden „das“ (gemeint ist das Walhalla in der Nerostraße) brauche, antwortete Ralph Jerey mit klaren Worten: „Diese Stadt darf nicht tot sein!“ Gerade im innerstädtischen Bereich gebe es großes Potenzial. Ein Walhalla im ehemaligen Gestüt Renz könne zu einer dringend nötigen Belebung beitragen – nicht nur mit Blick auf die Historie des Hauses, unter anderem als Jazzclub und „Wirtshaus“, und die Nerostraße. Was den immer wieder diskutierten Lärm betrifft, äußerten sich beide, Skoetz und Jerey, unbesorgt: „Es wird kein Diskobetrieb.“ Die Walhalla-Betreiberin sprach von „Kulturgastronomie“. Und damit könnten auch die Anwohner, mit denen man in intensivem Kontakt und Austausch stehe, gut umgehen, so die frisch gebackenen (Ver)Mieter.

Intime Atmosphäre – das gefällt dem Walhalla-Team

„Das Walhalla-Programm lässt sich hier sehr gut machen“, befand Sigrid Skoetz. Mit Musik, Kunst, Theater, Performance, Literatur, Film und mehr, mit Gastspielen und Eigenproduktionen, gab die Kulturschaffende einen Ausblick auf die Bandbreite, die ihre Walhalla-im-Exil-Besucher nun ab Anfang 2018 in neuer Umgebung, aber dennoch alter Manier erleben können. „Das Gestüt ist sehr intim“, sagt sie.“Und das gefällt uns, denn die Leute sollen sich hier wohlfühlen.“ Dass beide Parteien von dieser Kooperation überzeugt sind, klang aufrichtig, gar euphorisch. „Ökonomisch ist es für mich nicht das Sinnvollste“, fügte Geschäftsmann Jerey hinzu. Doch das Traditionshaus in der Nerostraße brauche genau das, also: das Walhalla, viel Kultur und Lebendigkeit. Mitte Oktober soll Schlüsselübergabe sein, so bleibt genügend Zeit für notwendige Umbauten, aber auch für erste Proben und Vorbereitungen des Programms.

Kultiger Auftakt mit Bernd Begemann

Gleich der erste Aufschlag im neuen Haus verspricht, ein Knaller zu werden. Der unvergleichliche Bernd Begemann  (Foto Andreas Hornoff) ist gebucht, um das erste Walhalla-im-Exil-Konzert am 19. Januar 2018 bestreiten – wenige Tage vor der Premiere seines neuen Programms in der Elbphilarmonie! „„Ich bin halt’n Typ, der Lie­der singt…“, sagt der Hamburger lapidar. Und meint: „Herr Bege­mann ist der musi­ka­lischste und der hin­ter­lis­tigste Frau­en­ver­ste­her der Repu­blik. Dazu braucht es gleich zwei Eimer vol­ler Charme. Zu viel ist nicht genug für Bernd Bege­mann.“ Seine Konzerte, die er regelmäßig – irgendwann … – schweißgebadet beendet, sind Ereignisse, seine Fangemeinde liebt ihn. Und er liebt das Walhalla. Nach seinen guten Erfahrungen im und mit dem „alten“ Walhalla ließ er sich nicht lange bitten, als Sigrid Skoetz anfragte, ob er das Eröffnungskonzert im „neuen“ Walhalla bestreiten wolle.