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Die Lückenschließer: „My Social City“ will die Stadt mit ihren Bürgern ins Gespräch bringen – und umgekehrt

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Von Jan-Markus Dieckmann. Fotos Michael Zellmer.

Die Stadt. Viel mehr als eine simple Ansammlung von Wohn- und Arbeitsstätten. Sie ist Keimzelle und Entwicklungsraum unserer Gesellschaft, ein komplexes Zusammenspiel verschiedenster Menschen und Institutionen, ein lebendiger Organismus aus unzähligen Teilen. Mehr als die Hälfte der gesamten Menschheit lebt mittlerweile in Städten, der Trend setzt sich ungebrochen fort. Die UNO schätzt, dass bis zur Mitte unseres Jahrhunderts der Anteil auf etwa 70% steigen wird. Umso wichtiger, genau hinzuschauen, wie der Lebensraum Stadt funktioniert.

Verwaltung und Politik auf der einen Seite, Bürger auf der anderen Seite – dieses hierarchische Klischee herrscht in unseren Köpfen vor. Zeit zum Undenken. Genau an diesem Punkt setzt das Projekt „MySocialCity“ an, das der Wahl-Wiesbadener Sascha Eschmann initiiert hat. Sein Ziel: die vermutete Lücke in der Interaktion in der Interaktion der Stadt, also der Ämter, mit ihren Bürgern zu schließen.

Mittlerweile fünf Ehrenamtliche opfern viel Freizeit für ihre Vision. Design Thinking, Medien- und Kommunikationswissenschaft sowie Soziologie bilden ihren professionellen Hintergrund. Sascha Eschmann brennt ein Thema besonders unter den Nägeln: „Politische Kommunikation beschäftigt mich ohnehin. Warum sind Menschen politikverdrossen, und wie kann man mehr Demokratieakzeptanz bekommen? Welche Lösungen und welche Tools können dabei helfen?“ Der Begründer von MySocialCity kommt ursprünglich aus dem ländlichen Raum, lebt aber seit elf Jahren in Wiesbaden, seine zwei Kinder gehen hier zur Schule und in den Kindergarten. Irgendwann stellten sich ihm Fragen: „Ist das meine Heimat? Will ich hier immer bleiben, und was sind die Faktoren, die dafür sorgen könnten?“

Heimat und Identifikation

Bei einem Kaffee mit seiner Mitstreiterin der ersten Stunde, Svenja Bickert,  die Idee. Das spannende Thema Heimat und Identifikation führte zu der Fragestellung: Fühlen sich Menschen mehr zuhause, wenn sie das Gefühl haben besser in Verwaltungsprozesse und politische Entscheidungen mit eingebunden zu werden? „Das wäre doch spannend, dem mal nachzugehen.“

Gesagt, getan. Vor einem halben Jahr nahm das Projekt seinen Lauf. Auf Spurensuche an den Schnittstellen zwischen Bürger und Verwaltung merkten sie schnell: da ist einiges zu tun. Einerseits herrscht das Empfinden vor, dass es zu wenige Angebote gäbe, dennoch engagieren sich eher wenige. Andererseits trafen sie eine große Offenheit auf seiten der Verwaltung an, die sich auch genau diese Frage stellten, aber nicht so recht wussten, wie man dies umsetzen könnte. Eschmann stellte fest, „wie engagiert die Menschen in den Ämtern sind und sehr wohl die Zeichen der Zeit erkannt haben.“ Was fehle, seien strukturierte Prozesse und Werkzeuge.

Dass sie einen Nerv getroffen hatten, merkten sie auch schnell am großen Interesse, auf das sie stießen. So wuchs das Team schnell auf seine jetzige Größe an. Eschmann ist überzeugt, „dass durch eine bessere Interaktion zwischen den Bewohnern und der Stadtverwaltung der Fakor Identifikation wächst und so eine sozialere, lebendigere Stadt entsteht“.

Lösungswege noch offen

Wie Lösungen hierzu aussehen können, ist noch offen. Die Analysephase mit Bürgerbefragung und Experteninterviews in den verschiedenen Ämtern ist abgeschlossen. Eines ist klar: die Kommunikation muss besser werden. Sich mit einem Anliegen an die Verwaltung zu richten, ist für viele in Wiesbaden ein mühsames Unterfangen. Um den richtigen Ansprechpartner zu finden, muss man häufig regelrechte Detektivarbeit betreiben oder es gibt nur eine ziemlich anonyme E-Mail Adresse wie amtXY@wiesbaden.de. „Das schreckt viele ab und erstickt die Motivation, sich einzubringen, nicht selten im Keim“, haben die Macher festgestellt.

Ob nun eine neue Homepage für die Stadt, ein Schaukasten in der Fußgängerzone, eine Interaktive Plattform der Lösungsansatz sein wird – alles ist möglich. „Wir wollen ein Problem lösen. Aber wie wir es lösen, entscheiden wir erst nach der Analyse“, sagt Eschmann. Einfach zu sagen: „Alles ist schlecht, ihr seid Schuld!“ sei nicht die Idee von MySocialCity. Die Gespräche mit den Ämtern zeigten, wie groß das Bedürfnis sei, mehr mit dem Bürger zu kommunizieren und ihn teilhaben zu lassen. Das „Wie“ zu erkunden, ist das Herzensanliegen des Teams.

Klar ist eines: beide Seiten müssen ihren Teil dazu beitragen, einseitige Vorstöße reichen nicht aus. Im Juli steht ein Termin mit dem OB an. Dann wird sich zeigen, wie es mit MySocialCity weitergeht und ob und wie die Ergebnisse der Arbeit unser Leben in und mit der Stadt verändern werden.

www.mysocialcity.de