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Geschäft des Monats: TV-Hifi-Studio Wienzek, Mainstraße 21, Biebrich

Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka.

Vergitterte Fenster, dahinter ein Labyrinth aus schwarzen Türmen und ganz weit hinten im Laden eine Werkstatt mit Kaffeetassen, Schraubenziehern, Batterien, Kabeln, Testgeräten. Ein Geschäft, wie aus der Zeit gefallen. Mit Geräten, die Jugendliche von heute wohl kaum noch kennen: Plattenspieler, Tapedecks, Videorecorder, Equalizer, riesige Hifi-Boxen. MIttendrin sitzt der Herr der Türme: Franz Wienzek, der schon seit Jahrzehnten diesen kleinen Laden mit Werkstatt in Biebrich betreibt. Früher hatte er mehrere Filialen gemeinsam mit seinen beiden Brüdern. Jetzt ist nur noch das Geschäft in der Mainstraße übrig geblieben.

 Weil analog einfach besser klingt

Hierher kommen nicht nur Hifi-Freaks in gesetzterem Alter, sondern auch junge Leute, sagt Wienzek. „Die, die es verstanden haben.“ Verstanden nämlich, dass Musik analog einfach besser klingt: „Solche Töne können Sie mit digitalen Bluetooth-Lautsprechern gar nicht produzieren“, sagt er. Und schaltet eine der Anlagen ein. Die Skala leuchtet in sanftem Grün. Solche Anblicke kennt man noch von früher. Musik perlt aus den Lautsprechern. Die hat Wienzek in jeder Größe. Aber wie kommt er bloß an die hinteren Stapel? „Es steht hier alles auf Rollen“, sagt Wienzek, der sich seinen Laden mit maximaler Platzausnutzung eingerichtet hat. Es müssen Hunderte von Geräten sein, die er hier ausstellt. Fast alle gebraucht, sämtlich von ihm persönlich überarbeitet und geprüft.

Geräte mit Geschichte

Er kennt die Geschichten zu den Geräten. Was man bei ihm kauft, hat dann ein Jahr Garantie. Es lohne sich auch, ihm alte Hifi-Anlagen anzubieten, sagt er. „Ich schaue mir alles an.“ Marken wie Marantz, Pioneer, Kenwood, Onkyo, die kennt man noch aus seiner eigenen Jugend und erinnert sich daran, dass manche sich die entsprechenden Aufkleber auf die Heckscheibe ihrer Autos gepappt hatten. Auto-Hifi-Anlagen habe er auch, sagt Wienzek. Und größere Verstärker und Mischpulte für mobile DJs. Alles rund um den guten Ton eben. Ein paar Fernsehgeräte gibt es auch, doch die meisten Gerätschaften hier sind zum gepflegten Musikhören da.

Franz Wienzek ist ausgebildeter Elektroniker und leidenschaftlicher Bastler. Er kennt sich mit allen Bauteilen aus, weiß, welche Firma die Ersatzteile liefert, welche ehemals europäische Firma von asiatischen Firmen aufgekauft wurde und wo sich die Qualität verschlechtert hat. Und wer selbst ein bisschen schrauben möchte, dem erklärt Wienzek gerne, wie man sich zum Beispiel den optimalen Lautsprecher baut. Das hat durchaus etwas mit Größe zu tun, meint er: „Beim Auto hieß es früher ja auch, nichts geht über Hubraum. Beim Lautsprecher ist es eben die Membranfläche.“ Und dass man nicht nur laute Musik hören muss, sondern dass ganz im Gegenteil gute Lautsprecher sich dadurch auszeichnen, dass sie eben auch bei „zarter Zimmerlautstärke“ optimal klingen – „das muss man eben verstanden haben“, meint Wienzek.

 Goldene Hände für die Vintage-Nische

„Goldene Hände“ – die brauche man zum Reparieren der alten Schätze. Die hat der Hifi-Freak ohne Zweifel. Er hat sich mit den Vintage-Geräten eine Nische geschaffen, in die Kunden aus ganz Rhein-Main kommen. Es sind Kunden, die solide Mechanik zu schätzen wissen, die nicht nach kurzer Zeit kaputt geht: Drehknöpfe, die schwer in der Hand liegen, Regler, die man hin und herschieben kann. Und Equalizer, mit denen man einzelne Tonfrequenzen separat ansteuern kann, bis einem der Sound wirklich gefällt.  Eine Homepage betreibt Wienzek nicht. „Hab ich kurz mal gemacht, Internethandel. Aber da ist die Zahlungsmoral so schlecht und außerdem muss man dann jemanden für den Versand allein beschäftigen“, meint der Ladeninhaber, der das Geschäft mit zwei Aushilfen alleine stemmt. Sitzt er allein in seiner Werkstatt, schrillt ein unüberhörbarer Alarm, wenn ein Kunde den Laden betritt. Auf einem alten Schwarzweiß-Monitor sieht Wienzek, wer es ist. Wie der junge Mann, der seinen reparierten CD-Player abholt und sich freut, dass er das Gerät nicht wegwerfen muss. Reparaturen gehören auch zum Angebot von Franz Wienzek. Auch das machen die meisten Märkte nicht, die den kleinen Radio- und Fernsehgeschäften den Umsatz verhagelten. Wienzek schickt nichts ein, er schraubt selbst. Und testet, ob hinterher auch wirklich wieder gute Musik rauskommt.