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Man sieht sich: Flüchtlingen begegnen, Flüchtlingen helfen in Wiesbaden

fluechtling_begegnungVon Dirk Fellinghauer, Foto Nassauischer Kunstverein.

Flüchtlingen begegnen, Flüchtlingen helfen … Der Bedarf ist, auf beiden Seiten, auch nach gut einem Jahr noch da. Möglichkeiten und Gelegenheiten ebenso.

Tandem-Projekte sind eine besonders persönliche und – auch was die Zeit angeht, die jeder investieren kann und möchte – individuelle Möglichkeit, Geflüchteten beim Ankommen und Hiersein und –bleiben behilflich zu sein. Konkret gesucht werden zum Beispiel einzelne Bezugspersonen oder Familien als Tandem-Partner für 19- bis 20-jährige Schüler aus Syrien, Somalia und Afghanistan, die schon ganz gut Deutsch sprechen. Der Zeitbedarf liegt bei ca. 2 Stunden pro Woche für gemeinsame Unternehmungen. Groß ist der Bedarf etwa bei der Wohnungssuche (Kommunikation mit Vermietern, gemeinsame Besichtigungstermine) Kontakt für Interessenten: aktionwiesbaden@gmail.com. Noch ein Beispiel: „Aus dem Be-Welcome-Projekt, das wir vor einem Jahr ins Leben gerufen haben, ist inzwischen ein ausdifferenziertes Patenprogramm geworden“, sagt Dr. Karin Falkenstein, Leiterin der Abteilung Freiwilliges Engagement bei EVIM. Derzeit absolvieren auch über 20 Geflüchtete einen Freiwilligendienst bei EVIM. Seit Beginn wurden ca. 130 Patenschaften vermittelt, aktuell gibt es etwa 90 laufende Tandems. Für weitere 25 Menschen werden Paten gesucht. Projektleiterin ist Pirko Krämer (0611 97559998, Mail: pirko.kraemer@evim.de). Auch das Freiwilligenzentrum organisiert und koordiniert Kontakte.

BBC-Doku, Talkshows, „New York Times“-Titelseite, Preisverleihungen – der wohl berühmteste Wiesbadener Flüchtling ist Aeham Ahmad (Foto oben bei der Ankunft seiner Familie am Flughafen Frankfurt nach einem Jahr des Wartens allein in Wiesbaden). Viel wichtiger als der weltweite Ruhm ist dem palästinensisch-syrischen Pianisten, der inzwischen auch eine CD veröffentlicht hat, aber – jetzt, wo im Sommer auch seine Frau und seine beiden Kinder nach einem Jahr bangen Wartens nachgekommen sind – in Wiesbaden heimisch zu werden. Deswegen tritt er, neben Konzerten im ganzen Land und inzwischen darüberhinaus, auch besonders gerne immer wieder in seiner Neu-Heimatstadt auf, oder auch in Mainz – am 28. Januar beim Festival „Musik und Kunst auf der Flucht“. www.aeham-ahmad.com

In dem Kunstprojekt „Hopeful Arrival“ arbeitet die afghanische Künstlerin Sara Nabil, selbst im Jahr 2015 nach Deutschland geflüchtet (siehe Titelgeschichte „Wie jetzt, Flüchtling?“), mit geflüchteten Frauen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, um sich in einen Biografiearbeitsprozess zu begeben. Und weil es in diesem Projekt nur eine gemeinsame Sprache geben kann, wird ganz nebenbei Deutsch gelernt. Das Ergebnis des „work in progress“ ist eine Installation, die die Visionen, Träume, Wünsche und Ziele dieser Frauen einfängt und darstellt. Die Ausstellung ist im „frauen museum wiesbaden“noch bis zum 29. Januar zu sehen. www.frauenmuseum-wiesbaden.de

Sie kommen aus Afghanistan, Eritrea, Pakistan und Syrien, sind Muslime und orthodoxe Christen und sprechen drei verschiedenen Sprachen: Arabisch, Tigrinia und Englisch. Acht Flüchtlinge haben fast ein Jahr an der Ausstellung „Flucht 2.0 – Odyssey to Peace“ gearbeitet, die gerade eröffnet wurde und bis zum 2. April, im sam – Stadtmuseum am Markt zu sehen sein wird.. Gemeinsam mit der Journalistin Jeanette Schindler und der Kunstdozentin Dr. Doaa Elsayed haben sie das Ausstellungskonzept entwickelt. Sechs Stationen – Aufbruch, Marsch, Lager, Mittelmeer, Europa, Ankommen – zeigen die persönlichen Fluchterlebnisse und stellen dar, wie sie ihre erste Zeit in Deutschland erlebt haben. In selbstgedrehten Kurzfilmen erzählen die Beteiligten von persönlichen Erfahrungen auf ihrem Weg nach Deutschland. Interaktive Installationen sollen dem Ausstellungsbesucher diese Erfahrungen näher bringen. So können die Besucher in einem nachgebauten Flüchtlingsboot Platz nehmen. Neben der eigentlichen Ausstellung werden Projekte von und mit Geflüchteten in Wiesbaden vorgestellt. An jedem ersten, eintrittsfreien Samstag im Monat bietet das „sam“ um 14 Uhr eine öffentliche Führung durch die Ausstellung an. Führungen können auch im Sekretariat gebucht werden: (0611) 34132877, stadtmuseum@wiesbaden.de.

Nach der „Flüchtlingswelle“ das „Flüchtlingsschweigen“, das Stagnieren eines Stroms, wegschauen, wegdenken. Eine Gruppe von jungen Regisseuren zieht mit ihrem Film durchs Land, um gemeinsam weiter hinzuschauen. Der Omnibusfilm „Research Refugees“ wird, als Start der Kinotournee durch Deutschland und die Schweiz, am 12. Januar um 20.15 Uhr als sensor-Film des Monats im Murnau-Filmtheater gezeigt. „Der Film entstand im Herbst 2015 als Reaktion junger Filmemacher auf die sogenannte Flüchtlingskrise, die sich damals auf ihrem Höhepunkt befand“, berichtet Tobias Wilhelm vom Filmkollektiv Recherche: „Als gebürtiger Wiesbadener ist es mir eine große Freude, den Film in meiner Heimatstadt zu präsentieren.“ Nach dem Screening wird es eine Diskussion mit ihm und einem Vertreter von Amnesty International geben. „Research Refugees“ bringt 100 sehr verschiedene, sehr persönliche Minuten auf die Leinwand, die sich jenseits der gängigen und gleichförmigen Fernsehbilder bewegen. Wir verlosen drei 2 für 1-Tickets – Mail an losi@sensor-wiesbaden.de www.research-refugees.com

Weitere Anlaufstellen, Informations- und Inspirationsquellen für Engagement, Hilfe und Begegnung: Verein „WIsaWI – Wiesbaden sagt willkommen“ (wisawi-ev.de). Flüchtlingsrat Wiesbaden (www.fluechtlingsrat-wiesbaden.de) Freiwilligenzentrum Wiesbaden (zentrale Anlaufstelle in enger Zusammenarbeit mit der Stadt und mit Organisationen, http://fwz-wiesbaden.de/fluechtlingshilfe), Facebook-Gruppen „Flüchtlinge willkommen in Wiesbaden“ (www.facebook.com/willkommen.wiesbaden) und „Flüchtlingshilfe Wiesbaden/Rheingau (www.facebook.com/groups/fluechtlingshilfe.wiesbaden.rheingau), Praktikums- und Arbeitsplatzbörsen für Flüchtlinge (www.wiesbaden-akademie.de/praktikum-fuer-fluechtlinge/,https://workeer.de/, www.join-now.org) Offizielle „Willkommenskultur“-Seite der Stadt Wiesbaden mit Informationen, Überblick über Angebote, Bedarf etc. (www.wiesbaden.de/fluechtlinge)