Von Magdalena Aue
Die feinste Auslese aus nationalen und internationalen Independentfilmen präsentiert der Verein Wiesbadener Kinofestival e.V. vom 15. bis 24. November beim 26. exground filmfest. Einen Vorgeschmack auf die vielen Highligts stellten Festivalorganisatoren Andrea Wink und Gerald Pucher sowie Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz und Ministerialdirigent Eric Seng vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gestern bei der Pressekonferenz in der Caligari FilmBühne vor.
Mehr als 3.000 Lang- und Kurzfilme aus 93 Nationen gab es im Vorfeld zu sichten. „Das war ein langer Sommer“, gab Andrea Wink zu. Doch die Arbeit hat sich gelohnt. Aus den Einreichungen schafften es schließlich rund 200 Filme aus 42 Ländern, darunter 18 Welt-, zwei Europa- und 32 Deutschlandpremieren in das Programm. Außer im Caligari werden sie auch im Murnautheater und im Kulturpalast zu sehen sein.
Der Hymne der Hoffnung auf der Spur
Kurzfilme genießen beim exgroud filmfest traditionell einen hohen Stellenwert. Neben jenen, die vor den Langfilmen gezeigt werden, treten 33 Kurzfilme in drei Wettbewerben um den ersten Platz an. Beim Deutschen Kurzfilm-Wettbewerb entscheidet das Publikum über den Besten aus zehn Beiträgen. OSCAR-Preisträger Thomas Stellmann geht in diesem Wettbewerb zusammen mit der Künstlerin Maja Oschmann mit seinem abstrakten Experimentalfilm Virtuos Virtuell ins Rennen, der schon beim 15. Internationalen Trickfilmwochenende in Biebrich das Publikum begeisterte. Eine dreiköpfige Jury, darunter Drehbuchautorin Maria Cristina Hverás, die bereits 1994 einen Preis bei exground filmfest gewann, wählt den Sieger des Internationeln Kurzfilm-Wettbewerbs, bei dem 15 Filme aus 15 Ländern antreten. Zum neunten Mal gehen außerdem lokale Filmschaffende, dieses Jahr mit acht Beiträgen, beim Wiesbaden-Special-Kurzfilm-Wettbewerb ins Rennen. Die Traditionsreihe American Independents zeigt sich dieses Jahr musikalisch. In seinem Dokumentarfilm Following the Ninth zeigt Kerry Candaele wie Beethovens „Ode an die Freude“ als internationale Hymne der Hoffnung Menschen überall auf der Welt inspiriert. Einen großen Genresprung weiter begleitet Jeremy Xido in Death Metal Angola eine Gruppe angolanischer Metal-Künstler. Den Musik- und Filmstar Divine, Ikone der Drag-Kultur und Disco-Äre und Muse von Filmemacher John Waters, portätiert I am Divine.
Spannende Filme, sensible Themen
22 Filme aus 14 Ländern, darunter 16 Spielfilme, vier Dokumentarfilme und ein Kunstfilm zeigt die Reihe International. Vor allem Österreich hat sich mit vier Filmen, unter anderem der Musikdokumentationen Elektro Moskva und Welcome to the Machine als produktivste Nation erwiesen. Zwei Höhepunkte der Sparte kommen aus den Philippinen. In der Welturaufführung der Doku Magdalena schwankt eine Hebamme und Mutter eines krebskranken Kindes zwischen moderner Medizin und Tradition. Mit ihrem harten Schicksal kämpft auch eine schwangere Neunjährige in dem Spielfilm Termitaria. Aus Israel (Bethlehem) und der Slowakei (My Dog Killer) kommen zwei OSCAR-Einreichungen in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“.
Mehr Neues aus Deutschland gab es noch nie: 12 Filme, davon sechs Spielfilme, drei Dokumentarfilme und drei mittellange filme. Ihren Film Nordstrand, in dem zwei Brüder ihre Mutter aus dem Gefängnis befreien wollen, werden Regisseur Florian Eichinger und Schauspielerin Martin Schleiß persönlich beim Festival vorstellen. In Kooperation mit dem FILMZ – Festival des deutschen Kinos in Mainz wird der Film Schwarzer Panther gezeigt, dessen Regisseur Samuel Perriard ebenfalss zu Gast sein wird. Außerdem bieten die deutschen Dokumentarfilme Out in Ost-Berlin und One Zero One – Die Geschichte von Cybersissy & Babyjane Einblicke in schwul-lesbische Lebenswelten.
Der Länderschwerpunkt liegt dieses Jahr auf der noch relativ jungen Filmgeschichte Neuseelands von 1949 bis heute. Das Drama Boy lockte dort sogar mehr Zuschauer ins Kino als die Herr der Ringe-Filme und ist am Freitag, 15. November auch der Eröffnungsfilm des Festivals. Neben Klassikern aus dem neuseeländischen Filmarchiv wie Das Piano oder Godbye Pork Pie feiert der Film The Red House Deutschlandpremiere. Besonders stolz präsentierte Rose-Lore Scholz die exground youth days, die ihr 10. Jubiläum feiern. Im Rahmen des Jugendfilmfestivals findet auch ein Jugendfilm-Wettbewerb statt, bei dem eine Jury aus Schülerinnen und Schüler über den Gewinner entscheidet. Erstmals wird auch ein Publikumspreis verliehen.
Freiluftkino und Trash aus Spanien
Nicht nur für Cineasten verspricht das Rahmenprogramm Xtra ein großes Vergnügen zu werden. Neben der Eröffnungsparty im Kulturpalast verwandelt sich am Eröffnungstag um 21 Uhr die Stadt in eine Leinwand. Am Treffpunkt Luisenplatz startet der filmische Rundgang A Wall is a Screen, der letztes Jahr rund 500 Anhänger gefunden hat. Bei der kultigen Her mit dem Trash! Exground Gong Show am Mittwoch, 20. November im Kulturpalast zeigt sich die Jury knallhart und lässt den Gong unerbittlich erklingen, wenn ihnen ein Beitrag nicht gefällt. „Da müssen die Filmemacher auch mal Humor beweisen“, freut sich Gerald Pucher schon. Noch mehr Trash gibt es bei der Mitternachtsvorstellung Spanish Trash Film Triple Feature am Samstag, 16. November.
Das exground filmfest, Wiesbadens dienstältestes Filmfestival, dient jedes Jahr auch als Bühne für den filmischen Nachwuchs, betonte bei der Pressekonferenz auch Eric Seng vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Mit vielen, ausgezeichneten Ausbildungsstätten wie der Hochschule RheinMain, so Seng, etabliere sich das Rhein-Main-Gebiet als wichtiger Medienstandort. Rose-Lore Scholz lobte nicht nur das üppige und spannende Programm, sondern vor allem das ehrenamtliche Engagement von über 100 Helferinnen und Helfern, das das exground filmfest zu einem einziartigen Ereignis für die Stadt und einem der bedeutendsten Independent-Filmfestivals Deutschlands mache.
Das komplette Programm und weitere Informationen gibt es auf www.exground.com