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Sie wollte Schule besser machen – und führte die Blücherschule als Rektorin nah dran an den Idealfall

Von Marta Moneva. Fotos Arne Landwehr.

Schule als Idealfall – Sie wollte es besser machen als die Lehrer, die ihre eigene Schulzeit prägten. Über zwei Jahrzehnte hat Monika Frickhofen als Rektorin die Blücherschule im Wiesbadener Westend geleitet. Mit einem starken Team, mit passenden Partnern, mit großer Leidenschaft. Und mit Goethe. Nun geht sie in den Ruhestand.

„Zwei Dinge sollen Kinder bekommen: Wurzeln und Flügel.“ Kein Geringerer als Johann Wolfang von Goethe liefert das Motto der Blücherschule in Wiesbadener Feldherrenviertel. Monika Frickhofen leitet die besondere Bildungseinrichtung mit großem persönlichen Einsatz. Dieser trug und trägt viele Früchte, ganz aktuell die Nominierung für den Deutschen Schulpreis 2020, als eine von bundesweit 15 Finalisten-Schulen.

Spätzle kochen klappt, Schwäbisch schwätze nicht

Bis 1965 wuchs die 65-jährige in Wiesbaden auf. Danach zog sie auf die „ebsch Seit´“ nach Rheinland-Pfalz, wo sie später in Koblenz Pädagogik studierte. Weitere zwanzig Jahre lebte sie in Süddeutschland. Spätzle kann sie kochen, „Schwäbisch schwätze“ könne sie aber, anders als ihre Töchter, nicht. Auch an der Deutschen Schule in Washington hat Monika Frickhofen drei Jahre lang gelehrt, bevor sie vor 21 Jahren an die Blücherschule kam. „Zusammen mit ihrem sehr engagierten Kollegium“, wie sie betont, hat sie es seitdem geschafft, dass die Blücherschule zertifizierte Europaschule, Ganztagsschule und Musikalische Grundschule wurde. All das habe man sich selbst erarbeitet, darauf ist die Rektorin stolz.

Musizierende Kinder sind fröhlicher

Mangelte es an Möglichkeiten im eigenen Haus, suchte man Kooperationspartner, wie zum Beispiel die Wiesbadener Musik- und Kunstschule und „WirStreicher“, eine Musikschule für Streichinstrumente. Die Schulleiterin legt Wert auf diese Ausrichtung, weil „Musik für die Ausbildung des Gehirns und die Gesamtentwicklung der Kinder unheimlich wichtig ist, außerdem sind musizierende Kinder viel fröhlicher“.

Die Blücherschule befindet sich in einem buntgemischten Viertel. „Toleranz und verständnisvolles Miteinander“ sind Monika Frickhofen besonders wichtig, „Soziales Lernen“ ist auch Schulfach. Schüler werden zu Streitschlichtern ausgebildet, einmal jährlich findet eine sogenannte „Gewaltfreie Woche“ statt. Seit Jahren reinigen Schüler der Blücherschule in Kooperation mit dem „Aktiven Museum Spiegelgasse“ regelmäßig die „Stolpersteine“ im Westend, um an die ermordeten Juden aus dem Viertel zu erinnern. All das betreibt die Schule, weil es auch „ihrer persönlichen Überzeugung entspricht“, so die Rektorin.

Eigene schlechte Erfahrung führte zur Berufswahl

Lehrer zu sein ist eine Berufung. Monika Frickhofens Berufswahl wurde durch ihre eigene Schullaufbahn bestimmt, erzählt sie. Sie wusste schon früh, dass sie Lehrerin werden möchte, weil sie selbst „nicht wirklich eine schöne Schulzeit hatte“. „Damals“, erzählt sie, „waren viele in dem Beruf, die nicht hingehört hatten. Die Prügelstrafe war zwar abgeschafft worden, aber es wurde zum Beispiel mit Schlüsseln geworfen.“. Sie wollte „es gerechter machen und Kindern helfen.“. Ihre Eltern, der Vater Bundesbahnbeamter, die Mutter Bibliothekarin, haben sie dabei unterstützt. Über die Mutter kam sie viel zum Lesen. Auch das wird an der Blücherschule besonders gefördert – Monika Frickhofen hat ein beachtliches Netzwerk aus Ehrenamtlichen aufgebaut und ist stolz darauf, dass ihre Schule seit Beginn auch am Projekt „LeseRitter“ der Wiesbaden Stiftung teilnimmt, bei dem Schüler regelmäßig in Kindergärten und Altenheimen vorlesen.

Nach ihren Vorbildern gefragt, nennt sie Maria Montessori und Hartmut von Hentig, aber auch eine Frau von der Helene-Lange-Schule. Wie für sie die Idealschule aussieht? „Ich bin fast dran“, antwortet Monika Frickhofen lachend.

Spagat zwischen Beruf und Familie

Selbst Mutter zweier Töchter, kennt sie den Spagat zwischen Beruf und Familie zu gut. In jungen Jahren musste sie eine Kinderfrau engagieren, um weiter in Teilzeit arbeiten zu können, „um den Anschluss nicht zu verpassen. Schließlich habe ich nicht studiert, um zu Hause zu versauern.“. Ihr Gehalt sei dafür darauf gegangen, heute habe man es besser. Wenn sie heute Zeit hat, genießt sie es, in Ruhe ein Buch zu lesen. „Fünf Viertel einer Orange“ ist ihre Lieblingslektüre. Sie läuft auch sehr viel am Wochenende, damit sie „wieder runterkommt“. Aus dem Nerotal den Berg hoch und dann das Dambachtal herunter, das sei eine sehr schöne Strecke. Gerne geht sie ins Theater und reist gerne, am liebsten nach Frankreich.

Ansteckendes Kinderlachen

Zum Lachen bringen sie Kinder, deren Lachen einfach „unheimlich ansteckend sei“ und Satiriker wie Ephraim Kishon. Traurig macht sie Ungerechtigkeit und „wenn manche Kinder durch Umstände, die man schwer beeinflussen kann, nicht das erreichen können, was sie erreichen sollten.“ Auch, dass junge Mütter mit dem Handy rumlaufen, statt kleinen Kindern die Welt zu erklären, bedrückt sie. Wenn sie über die Schule redet, merkt man ihr die Leidenschaft an, mit der sie ihre Position ausfüllt – mit „ihren Kindern“ meint sie ihre Schüler. Ein Leben ohne Schule könne sie sich nicht vorstellen, das sei „ihr Wunschort“ gewesen und nach 40 Jahren sei sie „immer noch jeden Tag gerne dort“. Dennoch freut sie sich auf den Lebensabschnitt nach diesem Sommer, wenn ihr Berufsleben endet und sie sich in den Ruhestand verabschiedet. Sie freut sich darauf, mehr Zeit mit ihrem kleinen Enkel zu verbringen und mit ihm gemeinsam das Leben erforschen können. Der Junge ist auch die Antwort auf die Frage, was ihr Hoffnung macht.