Von Hendrik Jung, Fotos von Kai Pelka.
Knapp dreißig Kilometer von Wiesbaden entfernt, leben 80 Personen in einem Ashram. Gemeinsam folgen sie dem Weg ihres Gurus Paramahamsa Vishwananda, gemeinsam üben sie sich im selbstlosen Dienen und entscheiden sich für sexuelle Enthaltsamkeit, vegetarische Nahrung sowie den Verzicht auf Alkohol und Drogen. An diesem Wochenende öffnet sich das Gelände für alle beim „Just Love“-Festival.
Der Platz, an dem sich das ehemalige Tagungs- und Seminarhaus der Gewerkschaft ver.di befindet, ist idyllisch. Seit elf Jahren befindet sich hier der Ashram der 2005 begründeten Glaubensgemeinschaft Bhakti Marga, was aus dem Sanskrit übersetzt so viel bedeutet wie Weg der Hingabe. Der Speisesaal, in dem fast ausschließlich vegane Speisen und Getränke serviert werden, und die dazugehörige Terrasse sind umgeben von Bäumen und Sträuchern. Wo man freie Sicht hat, kann man Panoramablicke über den Untertaunus genießen. Doch der Geisberg hat auch seine Tücken.
Milchprodukte und Blumen für Zeremonien
„Nach fünf Zentimetern kommt direkt der Ölschiefer“, berichtet Doris Lundgren, die seit dreieinhalb Jahren hier lebt. Intensiv haben man daher an der Bodenvorbereitung gearbeitet, alles ausgebaggert und mit Erde und Kuhmist aufgefüllt. Joghurt, Butter und Ghee, die man aus der Milch der Happy Cows zubereite, werden für die Zeremonien im Hindu-Tempel des Ashram benötigt. Nur selten lande davon etwas auf den Tellern der Bewohnerinnen und Bewohner. Auch die Blumen, die hier gezogen werden, werden vor allem für zeremonielle Zwecke benötigt.
Das angebaute Gemüse hingegen dient vor allem der Selbstversorgung. „Es hat nicht auf meinem Plan gestanden, in einem Ashram zu leben, bis die Spiritualität mehr in mein Leben gekommen ist. Leute zu finden, die das Gleiche suchen und das leben zu dürfen, ist ein Geschenk“, findet Doris Lundgren, die zuvor mal in Beziehung, mal als Single gelebt habe. Wie in jeder anderen Lebensgemeinschaft menschele es auch im Ashram von Zeit zu Zeit. „Es gibt nur einen Heiligen hier“, betont die 49-jährige. Guru Paramahamsa Vishwananda ist nicht immer im Ashram präsent, er reist auch um die ganze Welt.
Bei Konflikten am besten beten und arbeiten
Dadurch, dass man in dem Zentrum alles gemeinsam mache, könne man sich nicht so aus dem Weg gehen und müsse den Mut haben, Probleme anzusprechen. Das stärke die Gemeinschaft dann wieder, zumal es sich im Zusammenleben von Menschen aus 26 Nationen von vier Kontinenten meist um kulturelle oder sprachliche Missverständnisse handele. Im Zweifel helfe es, sich auf beten und arbeiten zu konzentrieren, immer nach vorne zu schauen und negative Gefühle zu ignorieren.
Für das Veredeln des angebauten Gemüses ist Küchenchefin Bhagyshri Homer zuständig. Eine Aufgabe, die auch nicht immer konfliktfrei sein kann. „Das ist einfach das Gefühl von einer sehr großen Familie“, berichtet die 34-jährige. Da müsse man auch mal sagen: „Okay, Leute, das ist das Essen heute, kommt damit klar“. Die aus Arizona stammende Frau sei mit drei Schwestern in einem Familienunternehmen groß geworden und daher Trubel gewöhnt. Das Besondere am Ashram, in dem sie auch das „Just Love“-Festival mitorganisiert, seien die Möglichkeiten. „Woanders könnten wir das Festival nicht so machen wie hier.
Balance zwischen Privatsphäre und Gemeinschaft
Wenn ich Hilfe brauche, finde ich immer jemanden den ich fragen kann“, verdeutlicht Bhagyshri Homer. In den elf Jahren, die sie nun schon hier lebe, habe sie eine Heimat gefunden, in der es eine gute Balance gebe, zwischen Privatsphäre und Gemeinschaft. „Man stellt fest, auch wenn man umgeben ist von Menschen, ist man auf seinem Pfad alleine. Es gibt viele, die für mich da sind, aber ich muss es trotzdem selbst schaffen“, betont die ausgesprochen gut gelaunte Frau. Dennoch gibt es starke Verbindungen untereinander. „Die Art und Weise etwas zu tun, ist die gleiche: Mit Liebe“, beschreibt Marin Golubovic das Grundgefühl. Auch in seiner kroatischen Heimat habe er in seiner Familie gelebt, bevor er vor knapp drei Jahren in den Ashram gekommen sei. Bis auf das Meer finde er hier alles, was er brauche. „Natürlich vermisst man seine Freunde mal, aber ich habe hier viele neue Freunde“, ergänzt der 25-jährige. Außerdem habe er in der Bauabteilung seine Aufgabe gefunden. Die letzten zwei Jahre des Tempelbaus seien sehr intensiv gewesen, aber am Ende habe er festgestellt, dass er für viele Menschen etwas geschaffen habe. Einen Ort, an dem diese wiederum ihrem Weg der Hingabe folgen können.
Interessierte sind zu Gebeten, Meditation und Om Shanting willkommen. Auch das „Bhajan Café“ steht jedermann zum Besuch offen. Öffnungszeiten und Informationen unter www.bhaktimarga.de und 06124 /6059000.
Just Love Festival, 12. bis 14. Juli
Alles so schön bunt da. „Sing. Dance. Play – Celebrate Love in all its Glory!” ist das Motto des Just Love Festivals in Heidenrod, und es verspricht Harmonie pur. Das Just Love ist eine dreitägige, und laut Veranstalter, lebensveränderende Party, die Besuchern das Herz für die transformative Kraft der Liebe öffnen soll. In diesem Sinne wird frohlockt: “Come. Sing, dance, play, all for the love of the Divine!“ Mit Mantras Con Amor, Sathi Ethnica, Simha und vielen mehr.
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