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Der große Test: Vegan genießen – Gutes kann so lecker sein

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Von André Werner. Fotos Kai Pelka.

Kein Fleisch – nein auch keine Wurst -, kein Fisch, und generell keine tierischen Produkte (sprich: Eier, Käse, Kuhmilch, Honig usw.). Willkommen in der Welt der Veganer. Auch und verstärkt in Wiesbaden. Wir führen euch dahin, wo es Veganes gibt – und wo Veganes schmeckt.

Erfunden hat den Begriff der Engländer Donald Watson. Schon 1944 gründete er die Vegan Society, da der Verzehr von tierischen Produkten nicht seinem Verständnis von Vegetarismus entsprach. Genauso wie den Begriff, kennen sicherlich auch viele die damit einhergehenden Vorurteile. „Die essen ja nur Vogelfutter…“, „Ist doch voll ungesund…“, „Der Mensch braucht Fleisch!“ Fakt ist: Vegan zu leben ist definitiv mit einigen Herausforderungen verbunden. Wo andere einfach zugreifen, drehen Veganer die Packung um und lesen die Inhaltsangabe. Das führt definitiv zu einer bewussteren Ernährung, wirkt aber auf viele zuerst abschreckend. Dennoch erfreut sich die Bewegung wachsender Beliebtheit. Die Motive reichen von der eigenen Gesundheit und Wohlbefinden über Tierschutz bis zum Klimaschutz. Der Vegetarierbund Deutschlands (VEBU) schätzte 2012 die Zahl der in Deutschland lebenden Veganer auf 600.000. In BWLer-Sprache ausgedrückt bedeutet das: Man kann allmählich von einer marktrelevanten Bewegung sprechen. Und das bemerken auch immer mehr Supermärkte und Restaurants. Oder auch Buchhandlungen. Aber wie lebt es sich so als Veganer in der hessischen Landeshauptstadt? Sitzen die alle immer nur Zuhause und essen Tofu? Wo kann man abwechslungsreiche vegane Kost erwerben? Und wie schmeckt’s? Wir haben den Test gemacht und dabei erstaunlich leckeres entdeckt.

Manik Veggie Café, Michelsberg 15, Di-So 11-22 Uhr

Erst vor kurzem eröffnet und schon der Maßstab. Nirgendwo in Wiesbaden findet das Veganer-Herz soviel Auswahl an warmen und kalten, süßen und herzhaften veganen Speisen: vom ersten veganen Döner Wiesbadens (lecker Saitan), über verschiedene Nudel- und Gemüsepfannen, bis zur original Thüringerwurst. Der Flammkuchen mit frischen Tomaten, Oliven und veggie Salami macht Lust auf mehr. Und auch beim Klassiker Salat gibt es leckeres zu entdecken. Kleiner Tipp: Das Granatapfeldressing. Wer jetzt noch Lust auf was Süßes hat, sollte sich eines der leckeren Soja-Desserts bestellen oder einen der kunstvoll verzierten und von Freunden des Hauses gebackenen Cupcakes probieren. Gegen den Durst empfiehlt das Manik seine über 100 (!) verschiedenen, internationalen Biersorten, ergänzt durch die üblichen Verdächtigen wie Club Mate, Now und das Fritz-Sortiment. Und als ob das alles noch nicht reichen würde, ist der Chef auch noch ein unglaublich liebenswerter Zeitgenosse, der gerne ausführliche Infos zu seinen Gerichten gibt. Fazit: Abwechslungsreiche Speisekarte, super freundliches Personal und eine unfassbar große Bierkarte. Definitiv vorbeischauen und wiederkommen!

Zimt & Koriander, Westendstraße 30, Mo.-Fr. 11-15 Uhr/ 17-22 Uhr, Sa. 12-15 Uhr/17-22 Uhr

 

Im schönen Westend gelegen, landet der hungrige Veganer gerne im Zimt & Koriander. Gründe dafür könnten sein: Die traditionell indische und trotzdem moderne Atmosphäre im Laden (bei besserem Wetter auf der kleinen Außenterrasse), die freundliche und sehr kundige Bedienung und natürlich das kleine, aber feine Angebot an ausschließlich vegetarischen Speisen. Die Auswahl wird hier bewusst klein gehalten, dafür wechselt die Karte aber alle zwei Wochen. Hauptsächlich kommt Gemüse der Saison – nach Möglichkeit in Bio-Qualität und von regionalen Herstellern geliefert – auf die Teller. 1-2 vegane Gerichte finden sich immer auf der Speisekarte. Zum Beispiel Muli-Gajar ka, eine schmackhafte Suppe aus Pastinaken, Kürbis und Möhren. Oder das Gemüse mit braunen Linsen in Kokosmilch namens Avial Dal Kerala. Und auch die Süßmäulchen werden nicht vergessen und dürfen sich über Pista Kulfi, ein hausgemachtes indisches Eis, freuen. Die fleischlose Ernährung hat in der indischen Historie eine lange Tradition und so werden die Rezepte wohl nicht so schnell ausgehen. Fazit: Mit dem Zimt & Koriander bereichert Inhaber Pavan Sharma das Westend um eine leckere und stylische Alternative für fleischlosen Genuss, bei dem auch Veganern das Wasser im Munde zusammenläuft.

 

Cigköftem, Schwalbacher Str. 57, Mo.-So. 12-22 Uhr

Man nehme: Ein traditionelles türkisches Gericht namens Köfte und stelle fest, dass es einen Trend namens vegan gibt. Man gehe in die Küche und überlege sich eine fleischlose Alternative zum Hackfleischklassiker. Fertig ist die internationale Franchisekette. Cigköftem gibt es schon in vielen deutschen Städten und seit einiger Zeit auch in Wiesbaden. Die Grundidee ist ziemlich simpel. Weizen und Tomatenmark werden zu einer Paste vermengt und anschließend mit 18, streng geheimen Gewürzen verfeinert. Die Grundmasse gibt es in den Varianten „scharf“ und „echt scharf“, passend zum Slogan „Die leckerste Schärfe“. Was vom Aussehen her an unförmige Buletten erinnert, entfaltet auf der Zunge ein wahres Geschmacksfeuerwerk. Ob gerollt im Dürüm, als veganer Burgerbelag oder einfach pur. Fazit: Super Alternative zu Döner und Co.  Cigköftem schmeckt erfrischend, scharf und lecker.

Café Klatsch, Marcobrunnerstr. 9, Mo. 20-24 Uhr, Di.-Fr. 12-1:00 Uhr, Sa. 10-1:00 Uhr, So. 10-24 Uhr

Zum Café Klatsch an sich muss man nicht mehr viel sagen. Das linke Szenecafé schlechthin war­tet noch immer nicht mit Coca-Cola, dafür aber längst auch mit leckeren veganen Speisen auf. Ob Flammkuchen, Chilli sin carne, oder die leckeren Brotaufstriche beim allsonntäglichen Frühstücks­buffet: Liebhaber der fleischlosen Ernährung finden hier einen Wohlfühlorbit mit guter Musik und – das dann wieder weniger gesundheitsfördernd – Rau­cherraum.

ACHTUNG, EINE RICHTIGSTELLUNG: FÄLSCHLICHERWEISE STAND IN DER PRINTAUSGABE, DASS DIE AUSWAHL AN VEGANEM ZURÜCKGEFAHREN WURDE. DAS WAR EIN MISSVERSTÄNDNIS: TATSÄCHLICH GIBT ES HEUTE IM KLATSCH MEHR VEGANE GERICHTE ALS JEMALS ZUVOR. WIR BITTEN DAS KLATSCH-TEAM UM ENTSCHULDIGUNG UND REGEN ZUM REGEN KLATSCH-BESUCH BEI VEGANEN BEDÜRFNISSEN AN!

Kaiser Bio Bäckerei, Filialen Hauptbahnhof, Neugasse 20, Friedrichstraße 47

Morgenstund hat Gold im Mund. Doch was machen Veganer eigentlich, wenn sie keine Lust haben, jeden Tag nur Wasserbrötchen zu essen? Sie gehen zur Kaiser-Bio-Bäckerei. Vor über 30 Jahren verschrieben sich die Gründer einer einfach wie genialen Idee: In achtsamen Umgang mit Natur und Mensch wollen wir richtig gutes Brot backen. Gesagt, getan! Auf der Website finden Interessierte genaue Angaben zu Herkunft, Zutaten, Allergene und Nährwertangaben. Fazit: Von zeitlosen Klassiker wie Dinkelsemmel und Guten Abend Brot bis zu Tomaten Costas und Focaccia Zucchini bietet die Kaiser Bio Bäckerei ein breites Angebot an frischgebackenen Köstlichkeiten.

Lush, Kirchgasse 51, Mo.-Sa. 10-20 Uhr

Genug gegessen, jetzt wird gepflegt. Und da kommen Veganer schnell in die Bredouille, denn in vielen Kosmetika sind tierische Produkte enthalten, von grausamen Tierversuchen bei der Entwicklung ganz zu schweigen. Abhilfe schafft Lush. 1995 gründeten Mark Constantine und seine vegetarischen Fünf den ersten Lush-Shop. Handgemachte Kosmetik wollten sie machen und tun es bis heute – mit Erfolg. Die Produkte sind frei von Tierversuchen, zu 100% vegetarisch und zu 83% vegan. Das Sortiment umfasst Seifen, Haarpflege-Produkte, Cremes und Kosmetika. Mit der Lush-Times betreibt das Unternehmen ein kurzweiliges Kundenmagazin mit den neuesten Produkten und Trends. Fazit: Tut gut, ist gut!

Hugendubel, Kirchgasse 17/ Luisenstraße 37, Mo.-Sa. 9.30-20 Uhr

Man kann ja nicht jeden Tag auswärts essen. Aber was, und vor allem wie, kocht man vegan? Aufschluss gibt das rasant wachsende Sortiment an veganen Koch- und Backbüchern, für das etwa bei Hugendubel mittlerweile ein kompletter Verkaufstisch in prominenter Lage reserviert ist. „Das Thema hat sich seit einem guten Jahr zu einem echten Trend entwickelt“, erklärt Filialleiter Nikolai Lennartz, warum er mittlerweile etwa 50 Titel im Sortiment führt. „Angebot und Nachfrage sind weiter wachsend, da ist kein Ende in Sicht“, rechnet er mit einem Anhalten des Booms, der auch Themen wie vegetarische oder ayurvedische Ernährung umfasse: „Die Leute scheinen sich generell bewusster mit gesundem Essen auseinanderzusetzen“, beobachtet er. Die wachsende Nachfrage spürt er sowohl bei Kunden, die sich schon lange für das Thema interessieren und sich nun freuen, dass sie Neues entdecken können: „Das Thema erfasst aber auch immer neue Kunden. Derzeit insbesondere solche, die die vegane Küche bis jetzt als viel zu einseitig betrachtet haben.“ Als absolute Renner unter den vielen Büchern zum Thema nennt der Herr des größten Wiesbadener Bücherhauses die Titel „Vegan for fit“ und „Vegan for you“ von Attila Hildmann, „La Veganista“ von Nicole Just und „Vegan kochen“ von Celine Steen und Joni Marie Newman. Fazit: Spätestens hier haben wir es schwarz auf weiß: Vegan hat den Sprung von der vermeintlichen Spinnerei zum Lifestyletrend geschafft.

Weitere Tipps

Vegan speisen lässt es sich auch bei Fasan (Afghanische Spezialitäten mit veganen Varianten), Bioladen Pro Natur (Mittagstisch mit täglich mindestens einem veganen Gericht), Little Heroes (lecker Kuchen), Infoladen linker Projekte (vegane „Küfa – Küche für alle“ in der Regel mittwochs ab 19 Uhr). Genuss und Geselligkeit verbinden Events wie der „Vegan Frühstücks Club“ (www.facebook.com/fruehstuecksclub, wechselnde Locations, z.B. Bioladen Pro Natur, Hindukusch) oder „Dinner Vegan“ und „Veganes Frühstücksbüffet“, organisiert von „Mild and Mellow – Fine Raw Cuisine“ in der Paninoteca in der Mauergasse. Ergiebige vegane Einkaufsziele sind Bio-Supermärkte, Hofläden, aber auch Rossmann und dm.