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Hessen lockert in zwei Schritten: Vieles wird wieder möglich – bei Inzidenz unter 100 / WI-Zahlen steigen

Wo jetzt noch Absperrungen hängen, könnten bald wieder Menschen sitzen. Der „Ratskeller“ wäre mit seiner Außengastronomie und zentralen Lage vor dem Wiesbadener Rathaus prädestiniert, bei entsprechend „günstigen“ Inzidenzzahlen wieder zu öffnen. Foto: Dirk Fellinghauer

Angesichts der allgemein sinkenden Corona-Infektionszahlen hat das Kabinett der Hessischen Landesregierung heute neue Lockerungs-Regelungen in einem Stufenplan festgelegt, mit Perspektiven auch endlich und teilweise erstmals seit gefühlten Ewigkeiten wieder für Gastronomie, Kultur und Hotels. Diese werden schrittweise gelten, sobald in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die Inzidenz an fünf aufeinander folgenden Werktagen unter 100 sinkt und die Maßnahmen der Bundesnotbremse dort nicht mehr greifen.

„Zwar sind wir noch immer mitten in der Pandemie, doch die momentane Lage erlaubt es uns, einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft zu werfen“, erklärten Ministerpräsident Volker Bouffier und sein Stellvertreter Tarek Al-Wazir soeben in der Staatskanzlei in Wiesbaden: „Mit unserem Stufenplan geben wir der Bevölkerung vor allem in Bereichen wie den Kindertagesstätten, den Schulen, dem Einzelhandel, dem Hotelgewerbe, der Gastronomie, der Kulturbranche und dem Sport konkrete und wichtige Öffnungsperspektiven für die kommenden Monate.“

Erste Lockerungen ab 17. Mai

Die neuen Maßnahmen sollen in einer ersten Stufe in den Landkreisen oder kreisfreien Städten greifen, die an oder ab dem 17. Mai nicht mehr unter die Beschränkungen der Bundesnotbremse fallen. Bei der Ermittlung werden auch die Tage vor Inkrafttreten der Verordnungsänderung berücksichtigt. Eine zweite Stufe sieht weitere Lockerungen vor, falls die Inzidenz nach der Stufe 1 weitere 14 aufeinanderfolgende Tage unter 100 oder sobald sie fünf aufeinanderfolgende Tage lang unter 50 liegt. Wenn die Inzidenz wieder drei Tage über 100 steigen sollte, wären die Öffnungen wieder rückgängig zu machen.

Wiesbaden scheint im Moment noch von Öffnungen weiter entfernt als andere Städte und Kreise im Land. Anders als anderswo steigen hier die Inzidenzzahlen in den letzten Tagen sogar wieder – laut RKI beträgt bzw. betrug die maßgeblich 7-Tage-Inzidenz in Wiesbaden 12. Mai – 140,8, 11. Mai – 139,0, 10. Mai – 131,1, 09. Mai – 129,6, 08. Mai – 133,2.

Die heute verkündeten Kontaktregelungen für Hessen im Überblick

Stufe 1: Zwei Haushalte (plus Geimpfte/Genesene)

Stufe 2: Zwei Haushalte oder 10 Personen (Geimpfte/Genesene/Kinder U14 zählen nicht mit)

Einkaufen / Einzelhandel

Stufe 1: Erweiterter täglicher Bedarf: wie bislang

Übriger Einzelhandel: „Click and meet“, medizinische Maske, aktueller Test wird empfohlen

Stufe 2: Alle Geschäfte geöffnet mit Zugangsbeschränkungen und Maskenpflicht, aktueller Test wird empfohlen

Gastronomie/Tourismus

Auch in die Altstadt, hier die Institution „Zum Schwejk“, könnte in absehbarer Zeit wieder Leben einkehren. Foto: Dirk Fellinghauer

Stufe 1: Draußen: Außengastronomie – mit Auflagen – geöffnet: aktueller Test, Abstand, Sitzplatzpflicht, Kontaktdaten etc.

Clubs & Diskotheken: Öffnung als Außen-Gastronomie möglich

Hotels, Ferienhäuser, Jugendherbergen, Campingplätze – unter Auflagen – geöffnet; in Betrieben mit Gemeinschaftseinrichtungen wie beispielsweise Frühstücksräume: Auslastung max. 60 Prozent, Test bei Anreise + 2x pro Woche

Stufe 2: Drinnen – mit Auflagen – geöffnet: aktueller Test, Abstand, Sitzplatzpflicht, Kontaktdaten etc.

Draußen – mit Auflagen – geöffnet: Abstand, Sitzplatzpflicht, Kontaktdaten etc. Aktueller Test empfohlen.

Clubs & Diskotheken: Öffnung als Bar/Gastronomie möglich

Hotels, Ferienhäuser, Jugendherbergen, Campingplätze – unter Auflagen – geöffnet; in Betrieben mit Gemeinschaftseinrichtungen: Auslastung max. 75 Prozent, Test bei Anreise + 2x pro Woche

 Sport

Stufe 1: Entsprechend Kontaktregeln möglich. Fitnessstudios (mit Kontaktdatenerfassung, aktuellem Test und Terminvereinbarung), Schwimmbäder geschlossen.

Gruppensport für Kinder (bis einschließlich 14): wie bisher möglich

Stufe 2: Mannschaftssport – mit Hygieneauflagen – möglich. Aktueller Test empfohlen. Schwimmbäder geöffnet.

Kultur und Freizeit

Stufe 1: Draußen (Zoos, Freilichtmuseen, Freizeitparks): mit Auflagen und Anmeldung geöffnet.

Drinnen (Museen, Schlössern, Zoos): mit Anmeldung & medizinischer Maske, Test empfohlen.

Stufe 2: mit Auflagen geöffnet (auch Innenräume von Freizeitparks). Aktueller Test empfohlen.

Veranstaltungen

Stufe 1: Drinnen: Nur zu bestimmten Zwecken – mit Auflagen – möglich (insb. beruflich, Gottesdienste, öffentliches Interesse)

Draußen: Bis 100 (ungeimpfte) Personen möglich. Strenge Auflagen: Kontaktdaten, aktueller Test, etc. Mehr Teilnehmer im Einzelfall möglich

Stufe 2: Drinnen: Bis 100 (ungeimpfte) Personen – mit Auflagen – möglich: Aktueller Test, Kontaktdatenerfassung, etc. Mehr Teilnehmer im Einzelfall möglich.

Draußen: Bis 200 (ungeimpfte) Personen, aktueller Test empfohlen

Dienstleistungen / Körperpflege

Stufe 1: Mit Auflagen geöffnet: Terminpflicht, Kontaktdatenerfassung + aktueller Test

Stufe 2: Mit Auflagen geöffnet: Terminpflicht, Kontaktdatenerfassung + aktueller Test empfohlen

 Kita

Stufe 1 und 2: Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen

Schule

Stufe 1: Klasse 1-6: Präsenz, Klasse: 7-11 Wechsel, Abschlussklassen: Präsenz,

Testpflicht: 2 x pro Woche

Stufe 2: Alle: Präsenzunterricht, Testpflicht: 2x pro Woche

„Handel kein Infektionstreiber“

Dass dort, wo fünf bzw. sieben Tage in Folge die Inzidenz unter 100 liegt, ab 17.05. keine Testpflicht im Handel mehr besteht, begrüßt der Handelsverband Hessen als „längst überfällige Entscheidung“ der Hessischen Staatskanzlei. „Ministerpräsident Volker Bouffier erkennt damit an, dass der Handel kein Infektionstreiber ist. Unserer Forderung nach einer Perspektive für den Handel wurde nachgekommen. Dieser Weg ist gut und richtig“, kommentiert Sven Rohde, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Hessen, die Entscheidung. Auch die Tatsache, dass nach 14 Tagen in Folge unter einer Inzidenz von 100 zukünftig keine Terminvereinbarung zum Einkaufen notwendig sein wird, bewertet der Handelsverband positiv.

„Das ist ein Schritt in Richtung Normalität, der Händlerinnen und Händler gleichermaßen wie Bürgerinnen und Bürger lange entgegengesehen haben. Unserem Konzept, dass wir gemeinsam mit DEHOGA und HIHK vorgelegt haben, wird Rechnung getragen,“ so Rohde weiter. Die Lage vieler aktuell geschlossener Unternehmen im Handel sei weiterhin existenzbedrohend – die lange Zeit der geschlossenen Türen habe Rücklagen weitestgehend aufgezehrt. Parallel zu Öffnungsschritten müssten die Hilfen schnell und unkompliziert ausgeschüttet werden. Auch in Zukunft werden im Handel die erprobten Hygienekonzepte gelten.  Abstand und Maske sowie die Impffortschritte werden auch weiterhin dabei helfen, die Pandemie einzudämmen.

Schlachthof spürt „Vertrauen, Zuversicht, Kaufrausch und Bock“ auf Livekultur

Dass Kultur- und Musikfans auf Lockerungen lauern und wiedergewonnen Möglichkeiten ausgiebig nutzen werden, lassen Signale vermuten, wie sie aktuell etwa der Schlachthof aussendet: „Wahnsinn! Die Picknick Konzerte von Giant Rooks, Olli Schulz und Provinz sind vorerst AUSVERKAUFT!“, meldet das Wiesbadener Kulturzentrum heute so erfreut wie verblüfft – „ebenso Von Wegen Lisbeth, doch die Jungs spielen einfach noch eine Zusatzshow um 15:00 Uhr, die ab sofort im VVK ist.“ Ab Donnerstag gibts dann Tickets für die Antilopen Gang, ab Freitag für Milky Chance. Der Schlachthof schreibt auf seiner Facebookseite: „Danke für euer Vertrauen, Zuversicht, Kaufrausch und Bock, das motiviert uns sehr nach dieser langen Durststrecke.“

Festivals schließen sich zusammen

Die Organisator:innen von mehr als 40 hessischen Festivals haben sich jüngst im Aktionsbündnis „Festivals in Hessen“ zusammengetan, um unter dem Motto „Bühnen eine Bühne geben“ den öffentlichen Blick auf ihre prekäre Situation zu lenken und den politischen Diskurs einzufordern. Bei einer Pressekonferenz – Mitschnitt hier – machten sie gestern auf ihre #5nach12inHessen-Lage aufmerksam und stellen ihr gemeinsames Positionspapier vor.  

(Dirk Fellinghauer)