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sensor-Straßengespräch: Nina Orschel (40) und ihr verwandeltes Reisebüro

Von Alia Bouhaha (Text und Foto).

Huch – das war doch hier seit über 30 Jahren ein Reisebüro. Was hat es mit der „Verwandlung“ auf sich?

Ja, eigentlich betreibe ich seit fünf Jahren ein alteingesessenes Reisebüro. Jetzt verkaufe ich in einem Teil davon eben auch regionale Produkte. Irgendwann habe ich gemerkt, dass von der Politik zu wenig kommt und wir aus der Reisebranche selbst unser Schicksal in die Hand nehmen müssen. Andere Reisebüros haben innovative Ideen integriert, davon habe ich mich inspirieren lassen. Als ich dann auf Facebook meinen Bekannten von meinem Vorhaben erzählt habe, kam prompt die Idee, dass ich durch das Verkaufen von regionalen Getränken gleichzeitig auch die Winzer unterstützen kann, die sind ja auch angeschlagen durch Corona. Und das mache ich jetzt hier in der Wilhelm-Passage unter dem Namen „Frau Orschel„.

Wie ist es Ihnen in den letzten Monaten ergangen?

Seit dem 9.März habe ich keine Einnahmen, dafür fallen die laufenden Kosten aber nicht weg. Außerdem müssen wir Provisionen der letzten 8 Monate zurückzahlen, weil alle Reisen geplatzt sind. Die Soforthilfe vom Staat hilft nur für zwei Monate, sodass ich jetzt auch meine Mitarbeiter gehen lassen musste. Klar, es gibt die Option zu schließen, aber ich habe immer noch die Hoffnung, dass es sich „nur“ um eine schwierige Phase handelt, die irgendwann vorbeigeht.

Momentan bieten Sie vor allem alkoholische Getränke an. Kommen noch weitere Produkte dazu?

Bisher verkaufen wir Produkte von drei Winzern aus Rheinhessen und dem Rheingau und von einer Brennerei aus Aarbergen. Ich habe noch vor die Produkte meiner beiden Cousinen ab Mitte Juli hier zu verkaufen. Sie sind die Betreiberinnen vom Les Deux Dienstbach, das ja jetzt schließt. Die machen leckere eingemachte Gerichte oder Salz und Pesto. Damit unterstützen sich dann wieder Wiesbadener Unternehmerinnen. Und seit neuestem haben wir „Luisenhonig“ im Sortiment, von einer Wiesbadener Imkerin und von glücklichen Bienen aus dem Wiesbadener Wellritztal.

Wie werden die Produkte ausgewählt?

Bisher wurden die Produkte durch Bekanntschaften ausgewählt, besonders wichtig ist mir dabei auf die Regionalität zu achten. Regionale Unternehmen sollen damit ja unterstützt werden.

Ist das jetzt eine Übergangslösung, und soll es dann nach der Krise wieder zurück zum Reisebüro gehen?

Es kommt ganz drauf an, wie es läuft. Wenn es angenommen wird, würde ich es gerne auch in Zukunft so lassen. Momentan scheint diese Lösung gut angenommen zu werden, also wer weiß, vielleicht bauen wir den Verkauf noch weiter aus.

Sie haben als Reisebüro-Inhaberin auch demonstriert – welche konkreten Forderungen haben Sie an die Politik?

Genau, ab Mitte April sind wir auf die Straße gegangen. Wir sind die Branche, die vermutlich am längsten braucht, um sich von der Krise zu erholen. Deshalb fordern wir besondere Unterstützung, sodass uns langfristig geholfen werden kann. Wie gesagt – die Soforthilfe war gut gemeint, aber eine sehr kurzfristige Lösung, die lange nicht reicht. Vor allem sollten nicht nur große Veranstalter, wie die Lufthansa oder TUI gerettet werden, sondern auch an die kleinen Unternehmen gedacht werden, die den Großen zuarbeiten. Ohne uns funktioniert die Branche nicht.

Nach welchem Reiseziel sehnen Sie sich momentan?

Also gerade sehe ich es auch etwas kritisch, zu reisen. Aber ich bin großer Griechenland-Fan, dahin würde es mich am meisten ziehen.

Welcher ist ihr (Geheim)-Tipp für „Ferien in Wiesbaden“?

Hier in der Gegend gibt es viel Schönes. Zum Beispiel bei dem Winzer „Dautermann“, dessen Wein wir verkaufen, kann man in Ingelheim auch übernachten und leckere Weinproben machen. Das bieten viele in der Region an. Daraus könnte man eine kleine Wochenend-Tour machen.