Die Überraschung ist groß, die Empörung ebenso. Nach 15 Jahren unbeanstandetem Betrieb hat die stadteigene WVV Wiesbaden Holding GmbH als Vermieter dem Walhalla Theater e.V. am Freitag Nachmittag völlig unvorbereitet die Nutzung sämtlicher bisher betriebener Räume – Spiegelsaal, Studio, Bambi-Kino – mit sofortiger Wirkung untersagt. Ein „aktuelles Brandschutzgutachten“, erstellt vom Sachverständigenbüro ST-Brandschutz im Auftrag der WVV, sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das Walhalla-Gebäude „wesentliche Mängel, baulicher, technischer und organisatorischer Art“ aufweise. Ein Weiterbetrieb der Räume im jetzigen Zustand sei aus Sicht der Prüfsachverständigen „unverantwortlich“, da dies „mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben verbunden“ sei. Dramatische und hervorragend schlagzeilenkompatible Worte für eine Situation, die zumindest genauer hinterfragt werden muss. Das Gutachten liegt auch Feuerwehr und Bauaufsicht vor. Von Seiten der Bauaufsicht wurde im Hinblick auf die Betreiberverantwortung des Eigentümers die „dringende Empfehlung“ ausgesprochen, die Nutzung der Walhalla mit sofortiger Wirkung zu untersagen.
Geschlossenes Walhalla – offene Fragen
Der Bescheid zur Untersagung des Walhalla-Weiterbetriebs enthält eine Batterie von Behauptungen, die jedoch nicht konkretisiert werden. Welches genau sind die „wesentlichen Mängel“ , worin bestehen „Gefahren für Leib und Leben“? Was ist die „aktuelle Gefährdungslage“, von der in der am Freitagnachmittag um 16 Uhr versandten Pressemitteilung die Rede ist. Erstaunlich erscheint, dass der Walhalla Theater e.V. laut Aussage der Leiterin Sigrid Skoetz gegenüber sensor keinerlei Kenntnis von der Erstellung des Gutachtens hatte und auch nichts davon mitbekommen hat – geschweige denn, dass man sie selbst, die die Räume seit 15 Jahren kulturell bespielen und in- und auswendig kennen, zu einzelnen Punkten befragt hätte.
Das brandschutzrechtliche Gutachten sei für die zukünftige Nutzung der Walhalla von der WVV in Auftrag gegeben worden, heißt es in einer Pressemitteilung. Eine unbedarfte Frage hierzu könnte lauten, welchen Wert und welche Aussagekraft ein Gutachten über den heutigen Zustand für eine zukünftige Nutzung hat, die ja nach umfassender Sanierung erfolgen soll und entsprechend zu völlig neuen baulichen, technischen und organisatorischen Gegebenheiten führen wird?
Unabhängig von der Tatsache, dass am Walhalla-Zustand unbestritten einiges im Argen liegt und dass die jetzt erfolgte Reaktion auf das Gutachten, wo es nun mal vorliegt, zunächst mal zwingend und „alternativlos“ erscheint: Zu Inhalt, Zeitpunkt und Vorgehensweise rund um den Untersagungsbescheid drängen sich ein paar berechtigte und keineswegs „verschwörungstheoretische“ Fragen auf. Diese umfassend auch öffentlich zu beantworten, wird dringende Aufgabe der Verantwortlichen sein, wollen sie jeden Verdacht in Richtung einer aus welchen Motiven auch immer möglicherweise „gewollten“ Schließung ausräumen.
Was genau steht im Gutachten?
OB Sven Gerich sagte heute im Rathaus gegenüber sensor, aus seiner Sicht als Aufsichtsratsvorsitzender der WVV Holding spreche nichts dagegen, das komplette Gutachten zu veröffentlichen. Zunächst einmal müssten aber auch verantwortliche Gremien informiert werden. Er selbst habe das Gutachten noch nicht vorliegen und entsprechend noch nicht gelesen, rechne aber an diesem Wochenende damit. Eine gemeinsame Begehung von Bauaufsicht und Feuerwehr in der kommenden Woche, die er als Feuerwehrdezernent kurzfristig anberaumt hat, soll Klarheit bringen, ob und wie die „bedrohlichen“ Mängel mit einem vertretbaren Kostenaufwand kurzfristig beseitigt werden könnten. Die Chancen darauf stünden nach seinen bisherigen Informationen allerdings eher schlecht, dämpft der OB Hoffnungen auf einen baldigen Weiterbetrieb.
„Der visionäre Frühschoppen“ soll stattfinden
Gerich sicherte zu, dass er mit seinem Büro am Montag mit Hochdruck bei der Suche nach einem Ersatzort für den „Visionären Frühschoppen“ behilflich sein werde, an dem er selbst als Gast teilnehmen will. Bei der eigentlich für den Spiegelsaal geplanten gemeinsamen Veranstaltung von Walhalla und sensor soll am Sonntag, 5. Februar, um 12 Uhr das vorliegende Alternativkonzept zum Vorschlag von SEG und Stadt (Varieté GOP Entertainment Group) erstmals öffentlich präsentiert und diskutiert werden. Alle Infos und Updates zur Veranstaltung werden wir auch kurzfristig auf dieser Seite sowie hier veröffentlichen.
Natürlich ist der Visionäre Frühschoppen nur eine von unzähligen Veranstaltungen, die im Walhalla schon für Monate im voraus geplant sind, mit denen sowohl der Walhalla Theater e.V. als Betreiber als auch die jeweiligen Veranstalter (wie zum Beispiel der Schlachthof) und Künstler und das Publikum im doppelten Sinne rechnen. Besonders schnell mussten die Wiesbadener Linken reagieren, die an diesem Sonntag (29. Januar) ihren Neujahrsempfang im Walhalla ausrichten wollten. Sie fanden kurzfristig Asyl im Kulturpalast und werden dort von 12 bis 17 Uhr ihr geplantes Programm präsentieren. „Nach dem Gestüt Renz hat die Stadt Wiesbaden heute das Walhalla komplett dicht gemacht, mitten in dessen laufenden Betrieb, unmittelbar vor Präsentation des neuen Nutzungskonzeptes, ein Unding dem Verein, den Künstlern und dem Stadtleben gegenüber“, schrieben die Linken gestern.
Die direkt betroffenen Linken sind nicht die einzigen, die sich über die abrupte Schließung des Walhalla empören. Auch von Vertretern anderer Rathaus-Fraktionen und Parteien, aus der Kulturszene und der Stadtgesellschaft erreichen sensor zahlreiche Stimmen voller Unverständnis und Sorge, die auch in öffentlichen Kommentaren zu vernehmen sind. „Kann mir jemand erklären, in wieweit sich der Zustand der Veranstaltungsräume in den letzten 12 Jahren so plötzlich verschlechtert haben soll? So kann man Tatsachen schaffen, aber guter Stil ist etwas anderes“, lautet ein Kommentar auf Facebook. Die nächsten Tage werden zeigen, ob ein offener und lösungsorientierter Umgang mit der Thematik und Problematik gewollt ist und praktiziert wird. Das Ziel kann nur heißen, den Weiterbetrieb zu ermöglichen. Und zwar schnell! (Dirk Fellinghauer/ Foto Leonard Laurig)
Clöeb Frisch geschlossen, Schlachthof zum Aldi umgebaut, Walhalla geschlossen. Glückwunsch zur erfolgreichen Amtszeit, Herr Gerich.
Bye bye Wiesbaden, hallo Mainz.
Es ist zu vermuten das es Überlegungen eines Einzelnen, auch einer Gruppe gibt, die handfeste Interessen am Objekt haben. Das Spiel ist wie in ähnlichen Gegebenheiten immer das gleiche. Es wird aus dem Hintergrund ein Anlass z.B. wie in diesem Falle ein Gutachten auf den Weg gebracht was dazu dienlich ist den Weg für eine andere Nutzung zu ebnen.
Ekelhaft.
Dieser dusselige, doofe Kindergarten. Alle dicken, satten, vollgefressenen Mädchen & Buben schmollen jetzt, weil sie das unterirdisch belanglose, aber wahrscheinlich für einige sehr lukrative Scheiss GOP-Projekt nicht durchpeitschen konnten, daß außer ein paar Leuten, die keiner leiden kann, niemand wollte und will. Und jetzt, nach dem der Wind von vorne kommt und das nicht mehr zwischen Tür und Angel einfach so beschlossen werden kann, und sich die Stadtkasper hinterher champagerbesoffen gegenseitig auf die Schulter klopfen dürfen, auf einmal dieses vernichtende Gutachten? Sauber, meine Herren.
Dieses aus dem Hut gezauberte Gutachten und die sofortige Schließung des Walhalla sind:
Ein komplettes Armutszeugnis für die Demokratie.
Ein deutliches und sehr arrogantes Beispiel für die schmierige Klüngelei in der „Landeshauptstadt“
Ein Schuss, der nach hinten losgeht.
Denn jetzt wird erst Recht gekämpft. Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?
Einfach nur traurig was aus dem kulturellen Wiesbaden geworden ist. Da ist auf dem Nordfriedhof mehr los wenn Halloween ist. Einziger Trost ist,das meine Sturm und Drang Zeit lange her ist und ich zum alten Eisen gehöre. Die Jugend muss zwangsläufig nach Mainz abwandern um überhaupt noch was zu erleben. Wiesbaden ist Tod traurig aber Wahr