Auch in Wiesbaden gibt es entsetzte Reaktionen auf die am 10. Januar veröffentlichen Recherchen des Medienhauses Correctiv zu einem Geheimtreffen rechter und extrem rechter Politiker, Funktionäre, Unternehmer und Privatleute, bei dem ein „Masterplan“ unter anderem zur millionenfachen Vertreibung von Menschen aus Deutschland besprochen wurde. Der Ausländerbeirat und die Omas gegen Rechts melden sich mit einem Statement zu Wort.
In einer gemeinsamen Erklärung äußern sie sich „zu dem unsäglichen Treffen von Vertretern der AfD, der Identitären Bewegung, der Werte-Union und der Wirtschaft“. Die Berichte zeigten „auf erschreckende Art und Weise die Menschenverachtung dieser Partei, soweit es sich nicht um ‚Bio-Deutsche‘, sondern um zugewanderte Menschen handelt, selbst wenn diese einen deutschen Pass besitzen.“
Wachsender Rassismus, verbunden mit Verunglimpfung und Ausgrenzung, mache sich in unserer Gesellschaft breit: „Angeheizt wird dies seit Jahren von der rechten bis rechtsextremen und in weiten Teilen faschistischen Partei der AfD“, heißt es in dem Statement: „Wir warnen Sie seit langem vor einer Wahl dieser Partei, die einen völkischen Nationalismus propagiert, Ausländerfeindlichkeit schürt und mit Hass und Hetze unterlegt, unsere Rechtsstaatlichkeit in Frage stellt und unsere Demokratie nicht nur unterwandern, sondern zerstören will.“
Gerade deshalb habe der Ausländerbeirat Wiesbaden entschieden, in keiner Weise mit der AfD-Rathausfraktion zusammenzuarbeiten, gar Gespräche zu führen. Die ‚Omas gegen Rechts in Deutschland‘ wiederum positionierten sich seit ihrer Gründung entschieden gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus – „nicht nur in Wahlkämpfen um Aufklärung der Bevölkerung bemüht.“ So auch aus aktuellem Anlass jetzt mit Bezug auf die Correctiv-Enthüllungen.
Was besprochen wurde
„Was jedoch besagen die Ergebnisse dieses Treffens genau?“, fragen Ausländerbeirat und Omas gegen Rechts und antworten selbst: „Diese Runde von Faschisten und Nazis plant nach deren ‚Machtergreifung‘ die sogenannte Remigration, also letztlich die Massen-Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund.“ Geflüchtete Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Not geflohen sind, sollten die ersten sein, die des Landes verwiesen werden. Im zweiten Schritt sei angedacht, die hier lebenden Migrantinnen und Migranten auszuweisen, die keinen deutschen Pass besitzen. Im dritten und letzten Schritt sei auch die Ausweisung von Deutschen, also Menschen mit deutschem Pass, angedacht, soweit sie migrantische Wurzeln haben. Alle diejenigen Deutschen, die z.B. in der Flüchtlingshilfe aktiv sind oder sich anderweitig gegen die AfD und deren menschenverachtende Politik stellen, sollten ebenfalls aus dem Land vertrieben werden. Man strebe Landstriche in Afrika an, um die ‚Feinde‘ dort unterzubringen.
Stimmung gegen Demokratie
Den Grundstein legt nach der von Correctiv enthüllten Planung eine gezielte rechtsextreme Öffentlichkeitsarbeit, um Stimmung gegen die genannten Gruppen ebenso wie gegen demokratische Institutionen sowie demokratische Strukturen zu erzeugen.
„Wir verurteilen die menschenverachtende und demokratiefeindliche Politik der AfD sowie deren Unterstützerkreise auf das Schärfste und rufen alle dazu auf, sich gegen Rechtsextremismus und gegen die Rechtsverschiebung in Politik und Gesellschaft zu positionieren“, so die Verfasser des Statements, das „mit der großen Bitte um Wachsamkeit“ versandt wurde: „Der Ausländerbeirat Wiesbaden und die Wiesbadener Regionalgruppe der Omas gegen Rechts in Deutschland stehen fest auf dem Boden unseres Grundgesetzes. Artikel 1 besagt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir meinen damit die Würde aller Menschen, egal welcher Herkunft, Religion, Hautfarbe, sexueller Orientierung auch immer.“
Aktuelle Präsenz von Rechtsextremen in Wiesbaden
Erst vor wenigen Tagen nutzen AfD ebenso wie Rechtsextremisten die Bauerndemo in Wiesbaden, um auf der Straße Präsenz zu zeigen und für ihre Ziele zu werben. Die AfD hatte einen Stand auf der Wilhelmstraße aufgebaut, war mit Parteispitze und Landtagsabgeordneten präsent und stand Deutschlandfahne-schwenkend in der ersten Reihe, um den in Traktoren vorbeifahrenden Bauern ihre Unterstützung zu demonstrieren. Vor der Staatskanzlei war auch die Spitze der hessischen Partei „Heimat“, wie sich die NPD umbenannt hat, unterwegs, verteilte Flugblätter und posierte ungeniert und ungestört mit einem großen Transparent vor dem Eingang der Hessischen Staatskanzlei, Dienstsitz des Ministerpräsidenten. Auf der Wilhelmstraße hatten sich Mitarbeiter:innen der Staatstheaters spontan der AfD gegenübergestellt, mit bunten Fahnen und der Botschaft: „Mitarbeiter des Staatstheaters für bunte Vielfalt“.
(dif)
Weiterlese-Tipps:
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