Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).
„Mir ist ein bisschen kalt hier oben“, sagt Ed Motta. Kurz nach Beginn seines Konzerts lässt er sich von seinem Tourmanager sein Sakko auf die Bühne bringen, streift dieses über sein Steely Dan-T-Shirt – und wischt sich im gleichen Atemzug den Schweiß von der Stirn. Typisch Ed Motta. Er bringt einfach vieles zusammen, auch scheinbar widersprüchliches. Auch bei seinem fulminanten Auftritt an einem Sonntagabend im Walhalla im Exil, der den Geist des legendären „Jazz House“ in der Nerostraße wieder aufleben ließ. Es war ein einziger mitreißender Genuss, dem Brasilianer zuzuhören – und auch faszinierend, ihm mit seiner permanent wechselnden Mimik, die seine Musik quasi mitlebt, zuzusehen.
Sigrid Skoetz hat den „Koloss von Rio“ zusammen mit exzellenten Musikern aus Paris, Amsterdam, Helsinki und Berlin – „die beste Band, die ich jemals hatte“, wird der Meister an den Tasten und am Gesangsmikro später über Matti Klein (Fender Rhodes), Yoran Vroom (Drums), Laurent Salzard (Bass) und Arto Mäkelä (Gitarre) sagen – nach Wiesbaden gebracht, in die Nerostraße, ins Walhalla im Exil. Ein Kraftakt, der sich gelohnt hat.
Und wie die Musiker da spielen, jeder eine Klasse für sich, wie sie in Solopassagen und im Zusammenspiel so manch Unglaubliches und – aus einem Guss – völlig Unterschiedliches produzieren und von der ersten bis zur letzten Note des Abend Musik zelebrieren, und wie das (stehende) Publikum im sehr gut gefüllten Raum all dem gebannt und fasziniert und konzentriert (und angesichts mancher Geschichten und Anekdoten, die Ed Motta zum Besten gibt auch amüsiert) lauscht – da denkt man plötzlich: So ungefähr muss das gewesen sein hier, damals, in den legendären „Jazz House“-Tagen.
An diesem Abend, und an hoffentlich vielen weiteren kommenden Abenden, ist die Nerostraße 24 und hat Wiesbaden wieder ein „Jazz House“. An diesem Abend ein Haus des exzellenten und hochkarätigen, dabei aber erfrischenden, lockeren und lustmachenden Jazz. Als zwei Sets gespielt sind und Ed Motta die Bühne verlassen hat, nimmt der Jubel kein Ende. Aber das Konzert ist zu Ende.
Der supersympathische, superlässige Star des Abends hat es sich längst vorne in der Exil Bar bequem gemacht und erwartet seine Fans zur „After Show“ – mit CD- und LP-Verkauf, mit Autogrammen, Selfies und vielen vielen guten Worten für den und die Musiker. Aber auch für Sigrid Skoetz: Wie habt ihr es geschafft, den hierher zu bekommen?, wird die Walhalla-Chefin desöfteren gefragt. Und scheint dabei ungefähr so glücklich wie ihr Publikum. Was für ein berauschender, beglückender und lange nachwirkender Abend. Ein Abend, der ein Ereignis war. Zugabe!
Das sensor-Fotoalbum vom Konzert: hier.