Von Selma Unglaube. Fotos Heinrich Völkel und Andrea Diefenbach.
Wenn es in Wiesbaden zwei Menschen gibt, auf die die Aussage „Filme sind ihr Leben“ zutrifft, dann sind das sicherlich Joachim Kreck und seine Frau Detelina Grigorova-Kreck. Gleich beim Betreten der Altbauwohnung werden Besucher mit der Filmleidenschaft der Eheleute konfrontiert. Entlang des Flurs reiht sich ein cineastisch „besetztes“ Wandregal an das andere, selbst die Seitenwände zieren Filmplakaten. In den deckenhohen Regalen tummeln sich neben unzähligem Filmmaterial, Zeitschriften, Büchern, Broschüren und Ordnern auch etliche Auszeichnungen – für ihre Eigenproduktionen und für die von ihnen 1984 ins Leben gerufene, nicht mehr wegzudenkende Veranstaltungsreihe „Filme im Schloss“, unter deren Dach auch alljährlich das renommierte Internationale Trickfilm-Wochenende stattfindet.
Gegen die Wand
Auf 187 Quadratmeter und acht Zimmer verteilt findet sich kaum ein Fleckchen, das der Filmemacher und die Dramaturgin nicht dem Medium Film widmen. Sogar auf dem stillen Örtchen bleibt das Thema präsent: An einer Wand ist ein „Trickfilmstammbaum“ angebracht, an der anderen sind zwei Regalböden mit Broschüren gefüllt. Dennoch beklagen die Gastgeber beim Rundgang einstimmig: „Die Wände reichen nicht aus!“
Eines ihrer Zimmer nutzen die Krecks als Filmarchiv. Filmrollen, wohin man schaut. Auf der gegenüberliegenden Flurseite ist ein Schneideraum mit einem 35 mm- und einem 16 mm-Schneidetisch untergebracht. Dieses Zimmer dient außerdem der Aufbewahrung sendefähiger Beta-Digital-Bänder und der umfassenden Filmplakatsammlung. Privates lässt sich nur auf den zweiten Blick entdecken: Hier hängen Familienfotos, dort ein Fan-Schal von Eintracht Frankfurt – die zweite Leidenschaft, der die Eheleute fünf Filme gewidmet haben. „Man sehnt sich manchmal nach Privatsphäre, weil Arbeit und Wohnen fließend ineinander übergehen“, erklärt die freundliche Dramaturgin. Abschalten kann das Ehepaar dann beim Sport. Sie entspannt aktiv beim Golfen, ihr Mann eher passiv beim Fußball – er besucht jedes Eintracht-Heimspiel.
La Dolce Vita
Im hellen und gemütlichen Wohnzimmer fällt sofort die außergewöhnliche, futuristisch anmutende Tischleuchte mit ihrer gelben Glaskuppel auf, die Kreck einst aus Mailand mitgebracht hat. Links davon steht ein leerer Zeitschriftenständer des italienischen Designers Giotto Stoppino. „Da sind nie Zeitschriften drin“, erklärt der sympathische Hausherr. Ein Eames-Hocker bietet nun Plakaten einen Platz. Wo ein Hocker ist, kann der zugehörige Lounge Chair natürlich nicht weit sein. Einige Schritte weiter steht das Schmuckstück neben dem Fernseher. Dahinter, fast versteckt in einem der Regalböden, steht eine kleine Porzellantassensammlung.
Vom Wohnzimmer aus führen Flügeltüren in Joachim Krecks Arbeitszimmer. „Obwohl meine das schönere Büro hat, auf der Südseite und mit Balkon, will sie in Urlaub“, schmunzelt Kreck. Von seinem Arbeitsplatz blickt er auf eine Pinnwand mit allen Veröffentlichungen zur „Filme im Schloss“-Reihe „Verkannte Filme“. „Als Inspiration“, so der Bundesfilmpreisträger. Von seinem Büro aus hat er Zugang ins nächste Archiv, wo er thematisch und farblich sortierte Ordner mit Zeitungsausschnitten und Unterlagen zu Filmen, Regisseuren und Künstlern aus Musik und Literatur aufbewahrt. Wer allerdings Chaos vermutet, liegt falsch. Dank ihres geordneten Systems finden die „Film-Krecks“ das Gesuchte jederzeit. „Ziemlich viel Zeit verbringe ich allerdings auf der Leiter“, sagt der 77-jährige. Soviel Bewegung muss einfach sein!