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Verborgene Welten: Hundetagesstätte

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Von Martin Mengden. Foto Simon Hegenberg.

Es ist Freitagmorgen, ich befinde nahe den Ausläufern des zweiten Rings, irgendwo innmitten eines schrebergartenähnlichen Areals, und stehe vor einem Zaun. Dahinter ist noch ein Zaun, dann kommt eine Wiese. Darauf stehen ein Dutzend Hunde und eine Frau. Mit dieser Frau, man erkennt sie schnell als die Rudelsführerin, bin ich verabredet. Und jetzt, wie ich so an der Zaun-Schleuse stehe, bin ich sehr froh, dass sie die Rudelsführerin ist. Denn es ist ja immer gut, einen direkten Draht zur Führungsetage zu haben, wenn es unten brodelt. Und das tut es, die Hunde sind aufgebracht.

Sie sind sehr neugierig und wollen mich offensichtlich beeindrucken. Kein Mensch bringt mich durch diese Schleuse, denke ich da, sensor-Bericht hin oder her. Die Rudelsführerin, Sabine Blankart, merkt das. Sie leitet eine klassische Konfliktschlichtungsmaßnahme ein: Erst einmal ein bisschen plaudern, über die Schleuse hinweg, um den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Die Hunde merken bald, dass ihre Chefin mir wohlgesonnen ist, sie werden langsam ruhiger. Irgendwann traue ich mich doch durch die Schleuse. Und stehe mitten in einem rennenden, balzenden Rudel. Immerhin, ich bin drin.

Im Rudel angekommen – die Hunde und ich halten gebührenden Abstand –, denke ich über den Unterschied zwischen einer Kita und einer Huta nach. Meine schnelle Erkenntnis lautet: der Unterschied ist nicht besonders groß. „Rufus, geh’ weg von der Arwen!“, höre ich Frau Blankart zum Beispiel rufen. Außerdem gibt es zwischen den Hunden Rollenverteilungen, die mir sehr bekannt vorkommen. Nein, mehr, sie sind denen in Kindergärten und Kinderhorten nahezu identisch: Der schwarzhaarige Pudelartige steht stundenlang verloren am Zaun und wartet einsam darauf, dass sein Herrchen zurückkehrt. Mit den anderen möchte er nicht spielen, nur manchmal bellt er schüchtern aus seiner Ecke. Ist das Bellen die Heimwehträne des Hundes? Dann gibt es den lauten Raufbold, eine männliche Bulldogge, die es sich zur Hauptaufgabe gemacht hat, Mädchen zu beeindrucken, bei Hunden ist das ja leicht erkennbar. Die Dogge hält Frau Blankart auf Trab; wäre sie ein junger Bub, würde man ihr später vielleicht Ritalin verschreiben. Eine weitere Parallele: Beruhigen sich die Meinungsführer, beruhigt sich auch die ganze Gruppe, die Rangkämpfe finden ihr vorläufiges Ende, alle sitzen oder liegen herum oder spielen versonnen mit sich selbst. Von ein bis drei Uhr halten die Hunde sogar Mittagsschlaf.

Frau Blankart arbeitet von sieben bis achtzehn Uhr, sie kümmert sich auch über Nacht um die Tiere, sogar am Wochenende. Frau Blankart zahlt eine stattliche Miete für ihr Wiesengrundstück, auch wenn sie für ein Gewerbegrundstück wahrscheinlich nicht einmal teuer ist. Ihre laufenden Kosten sind entsprechend hoch, gerne hätte sie etwas Kleineres, Billigeres gefunden. Die zuständigen Behörden scheinen sich mit den Genehmigungen aber etwas schwer zu tun, erzählt sie mir. Mal war das Grundstück zu nah am Naturschutzgebiet, mal zu nah am Wald. Außerdem sind einige Behörden beteiligt: die untere Naturschutzbehörde, die Ordnungsbehörde, das Veterinäramt. Die Auflagen sind entsprechend.

Die Gesellschaft hat sich recht eindeutig für Hunde entschieden, wie ich finde. Man darf sie ohne weiteres halten, auch in der Stadtwohnung. Sie bellen munter im Park herum. Als Gesellschaft sollte man dann aber auch konsequent sein, man  sollte dann auch Hundetagesstätten und Tierpensionen ermöglichen und fördern. Für den Fall, dass Herrchen und Frauchen arbeiten gehen oder in den Urlaub fahren. Finde ich jedenfalls. Der Hund sollte nämlich nicht an der Karriere- oder Reisesucht seines Halters leiden. Dafür kann er doch nichts!

Endlich kann ich mal der Erste sein, der etwas fordert:  Ich fordere ein gesetzliches Recht auf einen Huta-Platz!

Hundetagesstätte „Dogfriends-WG“, Theodor-Heuss-Ring 52, 65187 Wiesbaden, 0176/ 65658997