Was verbinden sollte, spaltet plötzlich. Der „Brückenschlag“ an der Kreuzung Goebenstraße/Scharnhorststraße erfreut die einen und erregt bei anderen die Gemüter. An diesem Samstag wird öffentlich diskutiert – mit offenem Ausgang.
Ein Geschenk an das Viertel soll/te der „Brückenschlag“ sein, die Installation von vier überdimensionierten Tischen – selbst entworfen und mitten in der Corona-Pandemie aufgestellt als Treffpunkt und auch als Symbol des Zusammenhalts in schwierigen Zeiten von dem Architekten Björn Barbatschi, der dort auf der Ecke auch sein Büro hat.
Nicht mehr nur schön, auch laut und dreckig
Einladend für alle sollen die Tische sein und sind es auch. In besten Momenten bevölkern die Ecken Hipster mit Laptops, Kids mit großer Freude an den Klettermöglichkeiten, Arbeiter mit Feierabendbier, Ältere mit mitgebrachten Tischdecken und Essen … Die Kreuzung ist zu einem beliebten und vielfältigen Treffpunkt geworden. Selbst das gerade erschienene „Merian“-Magazin berichtet in der frisch erschienenen Wiesbaden-Ausgabe begeistert über die besondere Idee, Atmosphäre und Stimmung. Seit einiger Zeit aber ist es am „Brückenschlag“ nicht nur schön, sondern auch mehr als vielen lieb ist, vermehrt laut und dreckig. „Die Stimmung hat sich leider seit dem Frühjahr diesen Jahres sehr ins Negative verkehrt“, konstatiert Barbatschi.
Beschwerden und Berichte über vor allem für direkte Anwohner und Anlieger kaum zumutbare Zustände rund um die Bänke, die längst komplett verschmiert sind, häufen sich. Nun gibt es offenbar Ansinnen der Stadt, die Probleme mit einem schnellstmöglichen Abbau der Hunderte Kilo schweren Bänke zu „lösen“. Die Initiatoren wollen das Projekt aber nicht einfach sang- und klanglos aufgeben, sondern zur (ergebnis)offenen Diskussion stellen.
Gegner und Befürworter eingeladen am 9. Oktober
Am Samstag, 9. Oktober, ab 16 Uhr sind alle „Anwohner, Gegner und Befürworter“ sowie Vertreter von Stadt, Ortsbeirat, Polizei und weitere eingeladen zum Austausch – laut Einladung, die auch bei den Bewohner:innen des Viertels in die Briefkästen geworfen wurde, auch über „Themen, die auf gesellschaftlicher Ebene diskutiert werden müssen“, wie: Wie nutzen wir den öffentlichen Raum? Wo ist ein Platz für Obdachlose? Welche Angebote gibt es für Jugendliche? Und welche Bedürfnisse haben Anwohner, die momentan unter der Situation leiden?
„Und dann wird sich ein Stimmungsbild ergeben, welches darüber entscheidet, ob die Aktion noch eine Chance hat oder ein Ende findet“, so die Akteure vom Verein Brückenschlag Westend e.V..
Bereits in den letzten Tagen und Wochen wurde rund um den „Brückenschlag“ intensiv diskutiert. Die einen finden die Sache weiterhin klasse und hoffen, dass die Idee gerettet werden kann. Die anderen haben die Nase voll und reden teilweise feindselig über den Initiator Björn Barbatschi. Dabei waren einen Sommer lang so ziemlich alle begeistert über diesen Treffpunkt, nutzten ihn vielfältigst und in großer Vielfalt und genossen diese urbane Oase mitten im dichtbevölkerten Stadtteil, der für seine Buntheit, Offenheit und Toleranz bekannt ist.
Kein Gesprächsbedarf
Bei einem nächtlichen Zusammentreffen berichteten direkte Anlieger nicht nur von Geräuschbelästigungen, die nicht auszuhalten wären. Sie stören sich auch an dem, was Anwesende unüberriechbar konsumieren: „Wenn wir das Fenster aufmachen, sind wir high“, erzählt jemand. Und rund um die Kreuzung würden jene, die sie nutzen, sich in allen erdenklichen Formen entledigen. „Wir wollen nicht mehr diskutieren, wir wollen, das die Bänke verschwinden“, sagen sie und kündigen an, auch an dem Diskussionstermin nicht teilnehmen zu wollen.
Vermittlungsversuche
„Das finde ich schade“, sagt Marta Moneva, die für die Grünen im Ortsbeirat sitzt und für den Dialog plädiert. „Vielleicht können sie, wenn sie nicht persönlich sprechen wollen, eine schriftliche Stellungannahme abgeben, um ihre Sicht darzustellen,“ hofft sie, dass diese Perspektive doch zu Wort kommt bei der Diskussion. Moneva hat sich hinter den Kulissen dafür eingesetzt, dass die „Verfügung“ zum Abbau der Bänke zumindest bis zu dem Gesprächstermin ausgesetzt wird. „Für ihren Einsatz bin ich sehr dankbar, sie hat viel bewegt“, sagt Barbatschi und berichtet, dass die Bänke seinerzeit offiziell von den anliegenden Gastronomien „Mi“ und „Hey Lucie“ als Außengastronomien angemeldet worden seien. Und die Genehmigungen für solche seien ja gerade seitens der Stadt automatisch bis 31.12.2022 verlängert worden, merkt der Architekt an – ohne daraus abzuleiten, dass der Brückenschlag in seiner jetzigen Form zwangsläufig so lange bestehen bleiben müsse.
„Ich bin dafür, dass die Bänke schnellstmöglich wegkommen“, sagt vor Ort Fernanda di Blasio, die unweit wohnt und sich von der Situation belästigt fühlt. „Ich werde mich dort nicht mehr hinsetzen“, sagt sie mit hörbarer Enttäuschung, habe sie doch anfangs selbst intensiv mitgeholfen, die beschmierten Bänke wieder zu reinigen. Anfangs habe ihr die Idee auch gefallen – „es war auch super für Anlieger, die keinen eigenen Balkon haben.“ Doch das Blatt habe sich gewendet, seit sich hier Menschen versammelten, die gar nichts mit dem Viertel zu tun hätten. Sie sei sogar bestohlen worden und berichtet von einer Anwohnerin, die wegen der Situation schon aus ihrer Wohnung ausgezogen sei und anderen, die dies planten.
Ganz anders sieht Sabrina Müller die Sache. „Die Bänke sollen auf jeden Fall stehen bleiben“, lautet ihre Meinung: „Man sollte miteinander reden und nicht einfach nur schimpfen“, zeigt sie sich optimistisch, dass sich auch bestehende Probleme lösen lassen. Sie erlebt die Situation nicht so drastisch wie andere: „Dass ich angepöbelt werde, wie es andere berichten, erlebe ich gar nicht – im Gegenteil: Wenn ich hier morgens um halb 8 vorbeigehe, sagen die Menschen, die dort sitzen, freundlich Hallo.“ Sie appelliert, den Zusammenhalt nicht aus den Augen zu verlieren – „auch die Damen und Herren ohne festes Zuhause sollen sich hier wohlfühlen.“ Und auch, dass junge Leute sich hier treffen und auch mal feiern, findet sie völlig okay und sogar wichtig für eine Stadt: „Das gehört einfach dazu.“
(Text und Foto: Dirk Fellinghauer)
Es ist nicht so, dass die Bänke für die Außengastronomie genehmigt sind, sondern die Außengastronomie als solche ist genehmigt, ganz unabhängig von den Bänken. Bitte sorgfältig recherchieren und Quellen hinterfragen. Diese Art der Darstellung lässt Rückschlüsse zu, dass „Gegnern“ der Bänke nur ihre eigenen Interessen wichtig sind und das Schicksal der Gastronomie ihnen gleichgültig ist in ihrem Wunsch nach Ruhe. Dem ist nicht so, aber vor allem gibt es hier einfach keinen direkten Zusammenhang.
Der Artikel beschreibt leider nur sehr zurückhaltend die „negative“ Situation an der Kreuzung: Tatsächlich geht es hier täglich um teilweise schwere verbale und körperliche Auseinandersetzungen, sexuelle Belästigung, Lärmbelästigung, Sachbeschädigung, Konsum harter Drogen und Drogenhandel, Angebote zur Prostitution. Das sind keine Lappalien, sondern Straftaten. Keiner hier hat je behauptet, dass dies von „den Obdachlosen“ oder „den Jugendlichen“ ausgeht, die am 9. Oktober hier zu Wort kommen werden. Aber dieser Ort ist mit seinen Bänken eindeutig zu einem Anziehungsort für derartige Vorgänge geworden, der an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden am Tag geöffnet ist. Und ganz offensichtlich sind weder die Stadt noch die Ordnungshüter noch die Initiatoren vom Verein Brückenschlag – Westend e.V. in der Lage, die Situation zu beherrschen. Auf Kosten der Sicherheit und Gesundheit der Anwohner. Stattdessen wird hier mit der Debatte um Orte für Obdachlose und Jugendliche Kommunalpolitik betrieben, die den wahren Kern der Problematik übersieht.
Die fehlende Gesprächsbereitschaft der Anwohner*innen entspricht nicht den Tatsachen und ist aus dem Zusammenhang gerissen. Zudem stellt eine einmalige kurze Begegnung nur ein Auszug aus einer Vielfalt an Meinungen da.
Die Anwohner*innen sind durchaus für eine neutrale ganzheitliche Diskussion, mit einem positiven Ansatz aus den Anwohner*innen für die Anwohner*innen. Dabei ist völlig gleich, welcher gesellschaftlichen Schicht sich jemand zugehörig fühlt und welcher politischen Ausrichtung man seine Stimme gibt. Alter, Geschlecht, Nation, Wohnsituation etc. spielen bei einer offenen neutralen Diskussion keine rolle und sollten nicht instrumentalisiert werden. Die aufgeladene Situation mit einem erhöhten Podest, Mikrofonen und lokalpolitischen Sprechern, stellt für normale Menschen durchaus eine bedrohliche Situation da. Die Art und weise, in der einfache Bürger*innen dieser Stadt am 6.10 auf einem Schafott fur politische Zwecke missbraucht werden ist kein gesunder Ansatz.
Die Anwohner*innen sind für eine neutrale Diskussion, unter Menschen!
Das Gegenteil von gut ist gut gemeint
Herr B. hat mit seinem „Kunstwerk“ die Probleme der Stadt in einer Straße versammelt und behauptet nun, das müsse man als Anwohner aushalten. Soweit ich weiß, wohnt er selbst nicht in der Göbenstraße. Die Dreistigkeit, mit der sein Herzensprojekt nun Menschen vor die Tür zementiert wird, die es nicht wollen, finde ich haarsträubend. Anwohner überlegen bereits wegzuziehen – wir begleiten unsere Kinder nun wieder zur Schule. Nichts ist nerviger, als eine Idee, deren Zeit vorbei ist… Und ein Initiator, der das nicht begreift.
Noch ein Nachtrag: Wir waren dort, als zur offenen Diskussion geladen wurde und wollten uns äußern. Allerdings hat sich die ganze Sache, wie ein Propaganda-Event angefühlt. Die übertriebene Bühne, das Abklatschen mit den Jugendlichen und gockelhafte Auftreten des Initiators haben uns dazu veranlasst, direkt wieder zu gehen. Eine soziale Ader ist immer dann schick, wenn sie einen selbst nichts kostet, sondern auch noch in der Lokalpresse beklatscht wird. Andere können nicht mehr schlafen, Grundschulkinder laufen zwischen bis zu zehn betrunkenen Männern hindurch und die ganze Straße ist vollgepi++t. Das sind die Kosten, die für alle anfallen, die nicht ganz so von der wundervollen Bänken überzeugt sind, wie der liebe Herr B.
Schnappschüsse zu Brückenschlag im Westend: https://www.instagram.com/brueckenschlag_westend/
(Eine Fanseite)
auch ein paar Schnapsschüsse dabei 😉
Ich hatte als direkte Anwohnerin *keine* Einladung im Briefkasten. Es ist aus meiner Sicht aber sowieso unfassbar, dass über diesen für uns Anwohner völlig unerträglichen Zustand überhaupt diskutiert wird und dass sich die Stadt Wiesbaden seit anderthalb Jahren nicht berufen fühlt, uns wieder ein normales Leben zu ermöglichen.
99,9% aller Menschen, die uns das Leben durch ihr Schreien/Lachen/Kreischen/Grillen/Feiern/Saufen/Singen/Gröhlen und ihre laute Musik tagtäglich zur Hölle machen, stehen auf wenn sie genug haben und gehen. Ich verstehe sehr gut, dass auch die anderen Anwohner kein Interesse haben, mit denen zu diskutieren, die entweder selbst Teil des Problems sind oder das Ganze von weit weg als Politikum betrachten. Ich *möchte* auch nicht mit völlig Fremden darüber diskutieren, ob und wann ich in meiner eigenen Wohnung schlafen darf oder arbeiten oder ein Buch lesen oder ein Gespräch führen, etc.
Ich bezahle Miete für drei Zimmer, von denen ich zwei kaum noch betreten kann, weil von früh morgens bis spät nachts der Lärm durch die geschlossenen Fenster und Türen dringt. Meinen Balkon konnte ich während des gesamten Jahres nicht ein einziges mal nutzen – es sei denn morgens zwischen halb sieben / halb acht Uhr.
Der Initiator, Herr Barbatschi, hat sich in der Presse wiederholt als Unschuldslamm dargestellt, der doch nur Gutes wollte und gar nicht versteht, wieso er persönlich „angefeindet“ wird. Dabei vergisst er zu erwähnen, dass er persönlich immer wieder erheblich mit zu der Lärmbelästigung beiträgt. Ein Beispiel: Selbst nachdem die Polizei zwei mal in Folge da war und dazu aufgefordert hat, die Ruhestörung zu unterlassen, hat er seinen Gitarrenverstärker (!) auf die Straße gestellt, und seine Kumpel zum Gröhlen und Spielen angeheizt – mit geballten Fäusten in Richtung der Anwohner-Balkone. Dazu brüllte er laut „RUUUHHE“ und machte sich ganz offen über uns lustig. Dies nur ein Beispiel… Herr B. tritt auf wie der König der Straße, bestimmt im Alleingang, dass eine ehemals friedliche Wohngegend jetzt „der Kiez“ ist, und erfreut sich während dessen vermutlich an einem Schlafzimmer voll seeliger Ruhe, durch das *nicht* die Stimmen von bis zu 50 krakeelenden Feiernden, Säufern und Drogenabhängigen gellen.
Gäste lade ich schon lange nicht mehr zu mir nach Hause ein, weil es mir peinlich ist, wie es hier zugeht. Als ich neulich Abend nach Hause kam, war ein Säufer gerade dabei, gegen unsere Haustür zu p*inkeln. Letztendlich habe ich jetzt meine Anstellung gekündigt und mir eine neue Stelle gesucht, damit ich mir eine andere Wohnung leisten und hier endlich wegziehen kann.