Von Dirk Fellinghauer (mit Bericht aus dem Wiesbadener Kurier von André Domes).
„Walhalla: Millionen benötigt, Millionen verschenkt“, lautet eine Zwischenüberschrift in der Titelgeschichte der aktuellen sensor-Ausgabe zum Thema „Alles erledigt?“, in der wir zum Jahresende abklopfen, welche aktuellen Wiesbaden-Projekte vorangehen und welche stocken. Eindeutig ins Stocken geraten: das buchstäbliche zentrale Wiesbaden-Projekt „Walhalla-Zukunft“. Außer (Heraus-)Reden (über Gutachten, Kosten, Prüfungen, Schätzungen) wenig gewesen, lässt sich zusammenfassen, was hier zuletzt (nicht) passiert ist. „Besonders ärgerlich: 2,05 Millionen Sanierungszuschuss vom Bund, die einst die CDU-Bundestagsabgeordnete Kristina Schröder als eine Art `Abschiedsgeschenk´ in Berlin klargemacht hatte, ließ man inzwischen `verfallen´“, steht in der sensor-Titelstory. Nun haben Lilienjournal und Wiesbadener Kurier intensiv bei den Berliner Fördergeldgebern nachgefragt. Und herausgefunden: Das Geld wäre noch zu „retten“. Am 31.12. war nicht nur jahrelang „Wüstenrot-Tag“. Am 31.12. ist auch Walhalla-Fördergelder-Sicherungs-Tag.
Wenn bis zu diesem Tag kein Nutzungskonzept bei der Kulturstaatsministerin Monika Grütters eingegangen ist, verfällt das für das Gebäude mitten in der Wiesbadener Fußgängerzone reservierte Geld. Bis zu diesem Stichtag könnten die Mittel aus dem Bundeshaushalt 2017 noch abgerufen werden. Für die Verantwortlichen – die städtische WVV Holding ist Eigentümerin des Gebäudes, die Stadtentwicklungsgesellschaft SEG mit ihrem Geschäftsführer Andreas Guntrum ist mit dem Projekt „Walhalla-Zukunft“ beauftragt – heißt es also nun: Vollgas geben, um zu retten, was zu retten ist.
Und es stellt sich die Frage, warum die Verantwortlichen bisher so untätig waren. Schließlich führt der SEG-Chef gebetsmühlenartig immer wieder die Kostenfrage ins Feld. Da sollte man doch jedes Milliönchen, das den immensen – wenn auch in seinen offiziell kommunizierten Dimensionen ebenfalls umstrittenen – Kostenrahmen etwas abfedern kann, dankbar in Anspruch nehmen. Und schließlich liegt das sehr ernsthafte, ehrgeizige und vielfach – von einfach so Interessierten wie von Branchenkennern – mit Begeisterung kommentierte „Walhalla-Studios“-Konzept seit langem vor. Der Plan klinge“keineswegs nach Traumgespinst, sondern nach einem Entwurf mit Hand und Fuß“, schrieb nach der ersten Präsentation das Wiesbadener Tagblatt.
Zwar sagt Andreas Guntrum im Wiesbadener Kurier-Bericht – siehe unten – die Förderzusage sei seinerzeit an das Konzept des Varieté-Unternehmens GOP gebunden gewesen. Die Rechercheure von Wiesbadener Kurier und Lilienjournal haben allerdings in Erfahrung gebracht, dass dem nicht so sei. Man kenne das GOP-Konzept noch nicht einmal, ließ das zuständige Berliner Ministerium auf deren Anfrage wissen.
„Irgendwas läuft hier schief“
Dorothea Angor, kulturpolitische Sprecherin der Rathaus-Grünen und stellvertretende Vorsitzende des Wiesbadener Kulturbeirats, äußert sich auf ihrer privaten Facebookseite so besorgt wie hoffnungsvoll: „Irgendetwas läuft hier schief, nachvollziehbar ist es jedenfalls nicht. Aber noch ist ja nicht der 31.12. …“ Ein Kommentator, der den schlimmstmöglichen Ausgang der Entwicklungen – immerhin schwirren immer mal wieder Gerüchte rum, am Ende könnte der Abriss des historischen Gebäudes stehen – befürchtet, schreibt: „Ich finde es auch völlig abstrus, dass wir Waffenverbotszonen in der Innenstadt einführen, aber gleichzeitig Chancen auf eine nachhaltige und mal wirklich tolle Belebung eben dieser Innenstadt wie Dreck wegwerfen, um dann am Ende eine beknackte Shopping Mall zu installieren.“ Der Kommentator fordert auch den Kulturbeirat auf, hier Stellung zu beziehen.
Schon 1 Million Euro für Gutachten ausgegeben
Gefragt für einen Zwischen-den-Jahren-Einsatz zur Rettung der Gelder, die zumindest einen Beitrag für eine gute Zukunft eines wiederbelebten Walhalla-Gebäudes leisten könnten, ist sicher auch der Oberbürgermeister und WVV-Aufsichtsratsvorsitzende Sven Gerich. Schließlich hatte er einst die erste Vorstellung des Walhalla Studios-Konzeptes im Rahmen eines Visionären Frühschoppens in der vollbesetzten Schlachthof-Halle so kommentiert: „Ich bin unendlich dankbar über diese Idee, weil sie in der Tat einfach die kulturellen Möglichkeiten ganz, ganz weit auf macht. Es ist eine riesen Chance … und wenn wir was Stabiles, Tragfähiges hinkriegen, mit der Truppe da oben, was trägt – dann sollten wir das tatsächlich auch so machen“. Dass tatsächlich was gemacht wird mit dem seit nun bald zwei Jahren leerstehenden und für jede Nutzung gesperrten Gebäudekomplex, dafür sollten sich ab 2019 alle Beteiligten endlich ernsthaft und konsequent ins Zeug legen und sich nicht weiterhin nur hinter immer neuen und weiteren Gutachten verschanzen. Für diese wurden bisher bereits, so ist zu hören, sage und schreibe 1 Million Euro ausgegeben.
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Der Bericht aus der heutigen Wiesbadener Kurier-Ausgabe im Wortlaut:
Bis Silvester abrufbar: Verfallen Fördermittel für Walhalla-Sanierung?
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