OB Sven Gerich hat heute die zur Stunde noch laufende öffentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung im Rathaus genutzt, um das Parlament sowie die anwesenden Bürgerinnen und Bürger über den Sachstand zur Unterbringung von Flüchtlingen zu informieren. Er berichtete zum einen über die in dieser Woche getroffene Entscheidung, das ehemalige American Arms Hotel als Außenstelle der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 1000 Flüchtlinge zu ertüchtigen. Ganz neu waren die Nachrichten, dass auf Weisung des Landes Hessen in der ersten Dezemberhälfte in Wiesbaden voraussichtlich erneut Notunterkünfte für 1000 Flüchtlinge hergerichtet werden müssen. Diesmal sollen die Sporthallen in Klarenthal, im Schelmengraben und die Halle am Zweiten Ring entsprechend genutzt werden. Der OB bat erneut um Hilfsbereitschaft und Solidarität und ist zuversichtlich, dass die „wahre Willkommenskultur“ der Wiesbadener anhält.
Am Dienstag, 17. November, hatte das hessische Ministerium für Soziales und Integration die Öffentlichkeit in einer Pressemitteilung darüber informiert, dass das Land das American Arms Hotel nutzen möchte als Außenstelle der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung (HEAE) für bis zu 1000 Flüchtlinge und für zwei Jahre.„Ich bedauere diese Entwicklung sehr“, erklärt der Oberbürgermeister. Denn damit gerate die gesamte Planung für das Areal ins Wanken. Erst im Sommer wurde bekannt gegeben, dass die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) dort in den kommenden Jahren Studentenwohnungen, Einzelhandel und allgemeines Wohnen ermöglichen wollte. „Und aufgrund der aktuellen Entwicklungen hatten wir den Gebäudekomplex auch als Unterbringungsmöglichkeit für Flüchtlinge, die uns vom Land Hessen zugewiesen werden, in Erwägung gezogen“, so Gerich.
Berufsfeuerwehr beginnt mit Vorbereitungen
Hinzu komme, dass die hessische Landesregierung den Kommunen am 11. November mitgeteilt habe, dass das Land Hessen mit täglich 900 unterzubringenden Flüchtlingen rechne (Schätzung). Deshalb seien erneute Einsatzbefehle zur Notunterbringung von Flüchtlingen zu erwarten – nach der gleichen Reihenfolge wie die ersten Einsatzbefehle. „Wir müssen also damit rechnen, in der ersten Dezemberhälfte einen weiteren Einsatzbefehl vom Land zu erhalten. Deshalb habe ich die Berufsfeuerwehr Wiesbaden in der vergangenen Woche gebeten, mit den Vorbereitungen für die Aufnahme weiterer 1.000 Flüchtlinge zu beginnen.“ Gerich erklärt: „Da wir in Wiesbaden so kurzfristig keine Großunterkunft kaufen oder mieten können, werden wir zunächst erneut auf Sporthallen zugreifen müssen.“ Er habe daher am heutigen Donnerstag die Ortsvorsteher der betroffenen Ortsbezirke informiert, dass die Sporthallen in Klarenthal, im Schelmengraben und die Halle am Zweiten Ring dafür logistisch vorbereiten werden. Eine Sperrung für den Sport erfolge erst, wenn der entsprechende Einsatzbefehl durch das Land erteilt sei.
Kriterien für Auswahl der Hallen
Die Kriterien für die Auswahl der Hallen seien folgende: nicht die bereits zur Unterbringung genutzten Hallen erneut in Beschlag nehmen, Möglichkeit der Abtrennung durch Vorhänge (Mindestmaß an Aufteilbarkeit und damit Trennung für Familien, Frauen und Männer), ausreichend Logistikflächen, Nutzung von Hallen mit gemeinsamem Schulhofv vermeiden. „Wir streben erneut die Betreuung durch hauptamtliche Kräfte der Hilfsorganisationen an, die Verhandlungen hierzu laufen nun an“, so Gerich. Um die Bürgerinnen und Bürger wie gewohnt über die Entwicklungen in ihrer Nachbarschaft auf dem Laufenden zu halten, würden in den kommenden beiden Wochen erneut Bürgerversammlungen organisiert.
Belegung von Sport- und Turnhallen so kurz wie möglich
Ziel sei es, Turn- und Sporthallen nur für den absolut notwendigen Zeitraum zu belegen, da eine Notunterbringung in Turnhallen sowohl für Flüchtlinge als auch Nutzerinnen und Nutzer aus Vereinen und Schulen auf Dauer nicht erstrebenswert ist. „Wir arbeiten unter Hochdruck an der Akquise von Gebäuden, um eine dauerhafte Unterbringung zu gewährleisten: Gebäude werden identifiziert, geprüft und bei Eignung zur Miete oder zum Kauf und zur anschließenden Herrichtung vorgeschlagen“, erklärt der Oberbürgermeister. Die Suche sei nicht einfach, da aus logistischen Gründen für die Notunterkünfte vor allem größere Einheiten benötigt würden, um die Betreuung sicherzustellen. Kleinere Objekte würden für die Unterbringung der Wiesbaden zugewiesenen Kontingentflüchtlinge mit Bleibeperspektive durch das Sozialdezernat benötigt.
Erneute Bitte um Solidarität und Hilfsbereitschaft
„Zum wiederholten Male in wenigen Monaten bitte ich die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener um ihr Verständnis, um Solidarität und Hilfsbereitschaft. Es ist mir bewusst, dass zurzeit viel von uns verlangt wird. Doch wir haben seit der ersten Eröffnung der Notunterkünfte im September erfahren, dass Wiesbadens Stadtgesellschaft funktioniert“, sagt Gerich: „Ich bin deshalb – trotz aller Herausforderungen – zuversichtlich, dass wir mit transparenter und rechtzeitiger Kommunikation und Planung auch den Betrieb weiterer Notunterkünfte in unserer Stadt meistern können und dass Schutzsuchende von den Wiesbadenerinnen und Wiesbadenern willkommen geheißen werden. Mein herzlicher Dank gilt allen haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die eine wahre Willkommenskultur in Wiesbaden ermöglichen und leben.“.
Lenkungsgruppe startet am 1. Dezember
Um die Organisation sämtlicher Fragen im Zusammenhang mit der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zu bündeln, wird zum 1. Dezember eine Lenkungsgruppe aus allen betroffenen Bereichen der Stadtverwaltung ins Leben gerufen, bei der alle Fäden aus den unterschiedlichen Kategorien (Notunterkünfte, Erstaufnahme, Kontingentflüchtlinge) zusammenlaufen. Um einen Austausch mit den politischen Gremien zu gewährleisten, wird auch der Vorsitzende des vom Sozialausschuss eingerichteten Runden Tisches Asyl gebeten, sofern möglich, an den Besprechungen der Lenkungsgruppe teilzunehmen. (dif)