Hinter der wohlklingenden Überschrift „Zukunft der Wiesbadener Jugendwerkstatt sichern – Wirtschaftsstandort Wiesbaden stärken“ einer soeben versandten Pressemitteilung verbirgt sich eine folgenschwere Entscheidung des angehenden neuen Rathaus-Bündnisses mit ungewissen Folgen.
Bündnis 90/Die Grünen, SPD, Die Linke und Volt haben beschlossen, dass der Geschäftsführer der städtisch betriebenen Wiesbadener Jugendwerkstatt WJW, Werner Backes, gehen muss. Sein bereits Ende dieses Monats auslaufender Vertrag soll trotz anerkannt erfolgreicher Arbeit, auch rund um die zur WJW gehörenden Domäne Mechtildshausen, nicht verlängert werden.
Doppelte Interimsgeschäftsführung
Nach der Vorstellung der vier Partner wird in der WJW kurzfristig jeweils eine Interimsgeschäftsführung für den kaufmännischen sowie den landwirtschaftlichen Bereich eingesetzt. Diese sollen zunächst für ein Jahr gemeinsam die WJW führen. In diesem Jahr solle – „ausdrücklich ergebnisoffen“ – geprüft werden, ob und wie eine Aufteilung der WJW auf zwei rechtlich getrennte Betriebe (eine Ausbildungsgesellschaft und eigenständiges Hofgut) möglich sein könnte.
Einig sind sich die Verhandlungspartner laut Mitteilung über eine schnelle Alternativlösung für den WJW-Ausbildungsstandort Hasengartenstraße, um dem Wiesbadener Unternehmen Vitronic die gewünschten Flächen zur Standorterweiterung zur Verfügung stellen zu können. Die zwischenzeitlich angedachte Lösung eines Campus-Ausbaus auf der Domäne soll dabei zurückgestellt und eine Verlagerung an einen oder mehrere innenstadtnahe Standorte geprüft werden. „Vorteil dieser Lösung wäre eine deutlich schnellere Umsetzung. Gerade das erweiterungswillige Unternehmen braucht dringend Planungssicherheit,“ so die Überzeugung der vier Verhandlungspartner. „Wir wünschen uns deshalb, dass hierzu seitens des Magistrats zeitnah ein entsprechender Letter of Intent abgeschlossen wird,“ betonen sie.
Belegschaft fürchtet Katastrophe bei Geschäftsführer-Wechsel
Dem von ihnen nun geschassten Geschäftsführer Werner Backes übermitteln Grüne, SPD, Linke und VOLT „besonderen Dank für die geleistete Arbeit“. Sie schreiben ihm ins Rausschmiss-Zeugnis: „Die Übernahme der damals in Teilen schlecht organisierten Wiesbadener Jugendwerkstatt, der Aufbau angemessener Führungsstrukturen und eines neuen pädagogisches Konzeptes und nicht zuletzt die Überführung in die tarifvertraglichen Strukturen des TVÖD sind bleibende Erfolge.“ Erfolge attestierte dem Geschäftsführer auch seine Belegschaft. In einem Brandbrief an den Oberbürgermeister, die Rathausfraktionen und Mitglieder des WJW-Aufsichtsrates hatten sie geschrieben: „Eine Erneuerung der Geschäftsführung käme in unserer Situation einer Katastrophe gleich und würde die WJW auf Jahre hinaus einbremsen.“
Die Wiesbadener Jugendwerkstatt gGmbH (WJW) ist eine gemeinnützige Gesellschaft der Landeshauptstadt Wiesbaden. Gegenstand und Zweck des Unternehmens ist laut Homepage „die berufliche Integration und Reintegration arbeitsloser oder von Arbeitslosigkeit bedrohter Menschen“. In der Hasengartenstraße befindet sich das Stammhaus mit Verwaltung und den meisten technischen Bereichen. Die Domäne Mechtildshausen ist der landwirtschaftliche, lebensmittelproduzierende und gastronomische Teil mit biologischer Ausrichtung.
Treibende Kraft bei den aktuellen Entwicklungen soll Grünen-Fraktionschefin Christiane Hinninger sein, die seit Jahren mit dem für die WJW verantwortlichen Sozialdezernenten Christoph Manjura (SPD) im Clinch über die Ausrichtung der WJW – im Spannungsfeld zwischen ökologischem Landwirtschaftsbetrieb und Aufgaben als Ausbildungsbetrieb – liegt. Manjura hatte sich ausdrücklich zu Backes bekannt und für eine Verlängerung seines Geschäftsführer-Vertrags plädiert.
CDU sieht WJW als Spielball der Koalitionsverhandlungen
„Es muss jetzt eine schnelle Lösung gefunden und Klarheit geschaffen werden, denn ab dem 1. März 2022 wird es so keine handlungsfähige Geschäftsführung mehr geben. Deshalb fordern wir den Oberbürgermeister und den zuständigen Dezernenten auf unverzüglich zu gewährleisten, dass die WJW handlungsfähig bleibt“, hatte Daniela Georgi, Vorsitzende der CDU Fraktion, im Zuge der aufgekommenen Diskussion gefordert. „Dass die WJW nun zum Spielball der Koalitionsverhandlungen des Rathausbündnisses wird, deutet auf einen bedauerlichen Weg für unsere Landeshauptstadt hin, der alles andere als im Sinne der Betroffenen ist“, meinte der sozialpolitische Sprecher der CDU.Fraktion, André Weck.
Festes Rathaus-Bündnis angestrebt
GRÜNE, SPD, LINKE und Volt waren am 15. Februar offiziell in Verhandlungen über eine feste Zusammenarbeit eingestiegen. „Die Haushaltsberatungen haben gezeigt, dass auch bei unterschiedlichen Positionen der einzelnen Partner durch Verhandlungen tragfähige Kompromisse gefunden werden können, die die Stadt positiv gestalten“, hatten sie dazu mitgeteilt.
(Dirk Fellinghauer/ Foto Kai Pelka)
Immer wenn der Name „Hinninger“ fällt, ist er in meiner Erinnerung eher negativ besetzt.
Diese Entscheidung ist wahrhaft skandalös. Aufgrund politischer Machtkämpe wird eine Einrichtung geschwächt, die in Wiesbaden Jugendlichen, die es auf dem „freien Markt“ schwer haben, eineAusbildungschance bietet. Soziales Engagement unserer Stadt steht zur Disposition, damit die Grünen einen Vorzeige-Biohof in der Stadt haben. Dabei ist es wohl nicht die Aufgabe von Kommunen, biologische Landwirtschaft zu betreiben. Ausbildungsplätze für Jugendliche anzubieten, hingegen schon.
Kühe statt Ausbildung ?
die Grünen haben den vollen Durchblick. Es ist doch wohl logisch das Kühe die Steuern einbringen und nicht Auszubildende die später im Berufsleben stehen und den Rentner von heute und zukünftig unterstützen. Das die SPD und die Linke auch noch dafürsprechen und lieber die Auszubildende ohne Ausbildung auf der Straße sehen verstehe ich nicht ! unter den Grünen wird so kommen das eine Bratwurst mehr Rechte hat als ein junger Mensch der verzweifelt eine Ausbildungsstätte sucht.
Grüne , SPD und Linke wollen die WJW in zwei Bereiche aufteilen ( kaufmännischen und landwirtschaftlichen ) da frage ich mich wo ist die Ausbildung die die gesamten Bereiche abdecken? Durch Verlagerung an einen oder mehrere innenstadtnahe Standorte wird das mit der Ausbildung ein einziges Chaos werden.
Das Macht gehabe von den Politiker ist ein Armutszeugnis. Danke SPD, danke Linke und an die Grünen macht weiter so
die Wähler werden es nicht vergessen.
Nicht zu fassen !
Jetzt war gerade Ruhe eingekehrt und auch der Ausbildungsbetrieb WJW hatte bei den Partnern Berufsschule und Kammern wieder an Wertschätzung gewonnen. Nicht zuletzt die Arbeitnehmer, die sich für den jetzigen Geschäftsführer stark gemacht haben, sind eine wichtige Stimme. Und der Aufsichtsratvorsitzende Manjura geht offenbar mit fliegenden Fahnen unter.
Die Grünen (oder ist es haupsächlich die Strippenzieherin Hinninger) wollen den Schwerpunkt auf die ökologische Landwirtschaft legen. Das können aber auch andere leisten. Das war bisher eine schöne, wahrscheinlich auch teure Variante der WJW. Dafür muss extra Personal vorgehalten werden. Der Schwerpunkt der WJW ist aber ein anderer: der Ausbildungsbetrieb für Jugendliche, die auf dem Markt schlechte oder keine Chancen haben.
Und jetzt also 2(!) neue Geschäftsführer…und der bisherige muss bei de Stadt Wiesbaden teuer „versorgt“ werden.
Nicht zu fassen!