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Bescheidener Botschafter: Wiesbadener tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni macht sich für Bärenherz stark

Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).

Ein bisschen unsicher scheint der 1,95-Meter-Mann, der sonst einem Millionenpublikum souverän die „tagesthemen“ vermittelt, dann doch, als er der lebensverkürzend erkrankten Nina-Maria und ihrer Mutter gegenübersteht. Aber nur ganz kurz. Schnell findet Ingo Zamperoni Zugang zu dem siebenjährigen Mädchen im Rollstuhl. Lebensverkürzend erkrankt, das heißt übersetzt: unheilbar und tödlich erkrankt. Ingo Zamperoni wird künftig häufiger betroffenen Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern begegnen. Vor allem aber will er seine Prominenz nutzen, um auf Schicksale und Bedürfnisse Betroffener aufmerksam zu machen. Um für ein „Tabuthema“ zu sensibilisieren und auch, um zum Spenden zu animieren. Der aus Wiesbaden stammende tagesthemen-Moderator ist seit wenigen Tagen „Bärenherz“-Botschafter.

Die Stiftung Bärenherz unterstützt Einrichtungen zur Entlastung von Familien mit Kindern, die unheilbar erkrankt sind und eine begrenzte Lebenserwartung haben, in Wiesbaden das Kinderhospiz Bärenherz in Erbenheim. Dort wurde Zamperoni jetzt bei einem Pressegespräch als Botschafter vorgestellt, dort erläuterte er seine Beweggründe, sich ausgerechnet hier zu engagieren. Und dort besuchte er erstmals ein Kinderhospiz und begegnete Kindern, die auf jeden Fall früher sterben werden als die meisten Menschen. Kindern aber, die jetzt noch leben – auf diese Feststellung legt Claudia Langanki, die als Einrichtungsleiterin den prominenten Gast durch „ihr“ Hospiz führt, besonders wert. Kindern wie der kleinen Nina-Maria.

Entlastung für die Eltern: Wellness, Weihnachtsmarkt – oder einfach nur mal schlafen

Sie hat einen seltenen Gendefekt namens KCNT-1, erklärt ihre Mutter Elena Gomes-Sauer dem Besucher. Das heißt: Unheilbare Epilepsie mit unvorhersehbaren Anfällen, Osteoporose, Knochenbrüche und eigentlich der dauerhafte Zustand eines Babys. „Heute geht es ihr gut“, sagt die liebevolle Mama mit einer absoluten Selbstverständlichkeit und meint: Nina-Maria ist total entspannt, weil sie bei Bärenherz ihr geliebtes Bad nehmen durfte, und sie hat keine außergewöhnlichen Beschwerden.  Gomes-Sauer bringt ihre Tochter regelmäßig zu Bärenherz, damit sie wenigstens vorübergehend ein wenig entlastet wird. „Gestern haben wir Wellness gemacht und waren auf dem Weihnachtsmarkt“, sagt sie, wie sie mit ihrem Mann die kurzen Auszeiten von der Rund-um-die-Uhr-Pflege ihrer Tochter nutzt: „Oft hilft es mir aber auch, dass ich zwischendurch einfach mal durchschlafen kann.“ Ingo Zamperoni hört aufmerksam zu, geht in die Hocke, um dem Mädchen auf Augenhöhe zu begegnen, lächelt sie an und spricht mit ihr, sucht und findet Kontakt und zeigt ganz natürlich große Empathie.

Der prominente Fernsehmann macht das hier nicht, das spürt man schnell, um halt irgendwas zu machen: Er will genau das machen. „Mich erreichen sehr viele Anfragen für ehrenamtliches Engagement, das habe ich unterschätzt“, berichtet er und sagt, er habe sich vorgenommen, lieber weniges richtig als vieles ein bisschen zu machen.  Bloß nicht verzetteln oder gar nur Alibi-Ehrenamt.   Kinder sind das Thema, auf das sich der dreifache Familienvater konzentrieren will. Schon seit zehn Jahren engagiert er sich für „Save the Children“, jetzt kommt Bärenherz dazu. „Da schließt sich ein wenig ein Kreis“, findet er.

Bewusstes Engagement in der Heimatstadt

Dass seine Wahl schließlich auf die Wiesbadener Stiftung Bärenherz fiel, lag zum einen daran, dass er gerne etwas in seiner Heimatstadt – er wurde hier am 3. Mai 1974 geboren, ist hier aufgewachsen und der Stadt noch eng verbunden – machen wurde und dass er von seinen Eltern, die ebenso wie sein Bruder noch in Wiesbaden leben, viel Gutes über die Einrichtung gehört hatte. Zum anderen gab es aber auch ein ganz persönliches prägendes Erlebnis, von dem er beim Pressegespräch berichtete: Der plötzliche Krebstod einer sechsjährigen Nachbarstochter während seiner Zeit als ARD-Korrespondent in Washington ging ihm  sehr nahe. „Wir haben hautnah miterlebt, vor welchen Herausforderungen die Familie von heute auf morgen stand und wie das Mädchen seinem Hirntumor innerhalb weniger Monate erlag. Das war ein einschneidendes Erlebnis“, sagte der 43-jährige.

Mehr als bloßes Scheckbuch-Ehrenamt

Etwas Vergleichbares wie Bärenherz habe es nicht gegeben: „Die Eltern waren komplett auf sich allein gestellt“. Besonders bewegt habe ihn die Stärke der Eltern des verstorbenen Mädchens: „Bei der sehr schönen, aber auch sehr traurigen Trauerfeier waren sie es, die die Trauergäste trösteten.“ Mit seinem aktiven Engagement für das Kinderhospiz will Zamperoni nun helfen, Aufmerksamkeit auf ein „Tabuthema“ zu lenken: „Betroffene Eltern und Familien müssen mit dem Traurigsten zurechtkommen, das man sich vorstellen kann. Es ist aber wichtig darüber zu sprechen, weil es, für manche sehr früh, ein Teil des Lebens ist. Die Augen zu verschließen, würde am wenigsten helfen.“ Wie genau seine Botschafter-Tätigkeit aussehen wird, das weiß er noch gar nicht so recht. Er will sich nicht aufdrängen, ist aber offen für alle Ideen, die der Sache dienen. Fest steht, dass es kein bequemes „Scheckbuch-Ehrenamt“ sein soll, wie der bescheidene Botschafter es hierzulande oft beobachtet. Da habe er in den USA eine ganz andere Mentalität des Engagements erlebt. Eine gute Einstellung. Nicht nur zur Weihnachtszeit. Und vielleicht perfekt passend zum 2018 vom OB ausgerufenen Jahr des Ehrenamts in Wiesbaden.

https://www.baerenherz.de/https://www.kinderhospiz-wiesbaden.de/

Hier geht es zum sensor-2×5-Interview mit Ingo Zamperoni.

Hier geht es zu unserer Bärenherz-Reportage „Noch einmal das Leben feiern“.