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„Eiszeit“ neben dem Bowling Green – oder doch auf dem Luisenplatz? Betreiber wären bereit: „Gewisse Vorteile“

So könnte der Luisenplatz aussehen, würde die Stadt sich doch für eine Realisierung der „Eiszeit“ an diesem Standort inmitten der Innenstadt entscheiden. Rendering: Stilbruch United Designers

Von Dirk Fellinghauer.

Die meisten von uns haben dieser Tage erstmal den Sommer im Sinn und machen sich Gedanken darüber, wie sie ihn gestalten. Aber auch der Wiesbadener Winter ist ein aktuelles Thema. Die „Eiszeit“, das winterliche Vergnügen mit Eisbahn, Eisstockschießen und Gastronomie, soll wieder stattfinden – nach Stand der Planung und Beschlusslage der Stadtverordneten vom 17. November 2021 bis 9. Januar 2022 am neuen Standort neben dem Bowling Green. Gesprächsthema ist aber auch weiterhin die Idee Luisenplatz. Auch für die Betreiber. Und auch mit Blick auf die Belebung der Innenstadt – ein Thema, zu dem die Stadt Wiesbaden gerade erst einen hochkarätig besetzten zweitägigen Gipfel unter dem Titel „#RevivalCity“ veranstaltet hat.

„Der Luisenplatz hätte als Standort für die Eiszeit schon einen gewissen Vorteil“, zeigt Christian Ress im Gespräch mit sensor Sympathien für ein Überdenken der Pläne. Der Winzer (Weingut Balthasar Ress), Gastronom und Unternehmer hat im Konsortium mit Isa Ay (Paninoteca, RheinLounge Schierstein) und Oliver Urban (fip Messe- und Veranstaltungsagentur) von der Stadt den Zuschlag bekommen, neuer „Eiszeit“-Betreiber zu werden – auf dem Seitenstreifen vor den Kurhaus-Kolonnaden neben dem Bowling Green. Dieser neue Standort wurde – nach dem „Aus“ für den bisherigen am Warmen Damm hinter dem Staatstheater – als Ergebnis eines langen Diskussionsprozesses von der Stadtpolitik als neuer Schauplatz für das winterliche Vergnügen auserkoren.

Areal auf Seitenstreifen neben Bowling Green

Auf diesem Streifen vor den Kurhaus-Kolonnaden, zwischen i-Punkt und Automatenspiel, soll die „Eiszeit“ laut Stadtverordnetenbeschluss realisiert werden. Foto: Dirk Fellinghauer
Der Lageplan, links die Wilhelmstraße, rechts das Kurhaus, die große Fläche ist die Bowling Green-Wiese. Plan: Wiesbaden Congress & Marketing GmbH

Geplant ist dort, zwischen i-Punkt und Automatenspiel des Casinos auf einer Gesamtfläche von circa 1400 Quadratmetern ein „Eiszeit“-Areal zu bespielen. „Bei der Gestaltung und Konzeption mussten wir sehr auf die Wünsche und Auflagen des Denkmalschutzes eingehen“, berichtet Ress. Deshalb arbeite man mit „maximal transparenten“, igluförmigen Lösungen für den gastronomischen Part – „modern, zurückhaltend, minimalistisch“ lauteten die Vorgaben des Denkmalschutzes. Die Eisbahn soll eine Lauffläche von etwa 525 Quadratmetern haben. Aus Denkmalschutzgründen scheidet auch eine Bespielung der Rasenfläche auf dem eigentlichen Bowling Green vor dem Kurhaus aus.

Klar würden Ress und seine Partner die „Eiszeit“ am nun geplanten Standort realisieren, sonst hätten sie sich ja nicht beworben. Auf das dortige Gelände habe man auch seine Planungen fokussiert: „Wir haben uns lange mit den Kurhaus-Kolonnaden befasst.“ Er und seine Partner hätten aber auch frühzeitig signalisiert, für beide Optionen – Kurhaus-Kolonnaden und Luisenplatz – bereit zu sein.

Bessere Erreichbarkeit und Anziehungskraft auf Familien

Den „Faktor Erreichbarkeit“ nennt Ress als Erstes, wenn es um die konkrete Benennung der „gewissen Vorteile“ des Luisenplatzes geht: „Das wäre hier deutlich besser, durch die vielen Buslinien, die die Haltestelle anfahren.“ Ress glaubt, dass speziell für Familien eine Eiszeit auf dem Luisenplatz besondere Anziehungskraft hätte. Außerdem gebe es dort mehr Platz: „Das Ganze ließe sich großzügiger gestalten, auch die Eisbahn könnte größer werden.“

Keine Hängepartie

Wie genau sich das Ganze gestalten ließe, dazu hat das Wiesbadener Büro Stilbruch United Designers schon einen konkreten Vorschlag entwickelt – quasi eine Weiterentwicklung der Lichtermeer-Inszenierung, die im letzten Winter recht kurzfristig realisiert wurde. Für einen Schnellschuss wäre Ress in Sachen Eiszeit indes nicht zu haben: „Wir brauchen jetzt schnell Klarheit, eine Hängepartie darf es nicht werden.“ Schließlich gehe es jetzt in die Detailplanung der Eiszeit 2021: „Da müssen wir sicher wissen, wo es stattfinden wird.“

Dies gilt sicher auch für potenzielle Sponsoren, für die ein Standort mit zu erwartender höherer Publikumsfrequenz auch (noch) attraktiver sein könnte. „Eine Vermarktung der Eiszeit an diesem Standort ist nur eingeschränkt möglich“, steht in der Beschlussvorlage zur Bowling-Green-Kolonnade. Auch deshalb sei „eine kostendeckende Realisierung der Eiszeit an diesem Standort voraussichtlich nicht zu erwarten“.

Beitrag zur Belebung der Innenstadt

Sinnvoll wäre die Entscheidung, die „Eiszeit“ doch auf dem Luisenplatz stattfinden zu lassen, für Christian Ress in jedem Fall auch im Sinne einer Belebung der Innenstadt: „Das ist ein wertvoller Aspekt, gerade nach dieser schweren Zeit. Da muss man, in Innenstädten generell, aufpassen, dass bestimmte Bereiche nicht kippen. Wir müssen unser Augenmerk auf die Innenstädte richten, damit kein langfristiger Schaden entsteht.“

Ein Platz mit Potenzial, der mit einer Eiszeit „schön gemacht“ werden könnte. Rendering: Stilbruch United Designers

Mit dieser Einschätzung stößt Ress auch im Wiesbadener Einzelhandel auf offene Ohren. „Wir müssen wieder Leben etablieren in der Stadt“, meint Marc Bouffier, Inhaber und Geschäftsführer der bekannten Wiesbadener Optik-Familienunternehmens mit Filialen in der Kirchgasse und auf der Rheinstraße. „Der Eiszeit-Vorschlag für den Luisenplatz ist sensationell“, findet er und hat ähnliche Reaktionen „bei jedem, dem man es gezeigt hat“, erfahren.

Neues schaffen und Luisenplatz schön machen

Er spricht von „vielen Vorteilen“ einer Eiszeit auf dem Luisenplatz und nennt positive Effekte für Geschäfte insgesamt, für die umliegende Gastronomie, nennt auch die stark frequentierte Bushaltestelle Luisenplatz und „viel mehr Platz“ als Argumente. Und: „Wir würden hier etwas Neues schaffen“, nennt er einen Unterschied zu Bowling Green und Kurhaus-Kolonnaden: „Dort ist die Umgebung schon schön, auf dem Luisenplatz würden wir einen Platz mit viel Potenzial schön werden lassen.“

Hindernisse sind ausgeräumt

Die bisherigen Hinderungsgründe für eine Bespielung des Luisenplatzes wurden ausgeräumt, weiß Bouffier: „Das Gerücht, die Statik der Tiefgarage könne eine Eiszeit nicht tragen, ist durch Gutachten widerlegt.“ Der Anwohner, der mit seinen Beschwerden einst dem Fest „Ciao Italia“ den Garaus machte, habe in einer Stellungnahme zugesichert, dass er einer winterlichen Veranstaltung nicht mehr im Wege steht.

Lieber ganzheitliches Konzept als „irgendwas“

Der jüngst aufgekommene Idee, in Kombination mit dem Lichtermeer einen „Kinderweihnachtsmarkt“ auf dem Luisenplatz zu schaffen, kann Bouffier nicht viel abgewinnen: „Das klingt nach irgendwer stellt irgendwo irgendwie was hin, und dann schauen wir mal.“ Das ganzheitliche Konzept einer Eiszeit sei da ein ganz anderes Kaliber: „Das ist schon etwas anderes, als mal eben zwei, drei Buden und ein Kinderkarussell aufzustellen.“ Auch wenn die Entscheidung für den beschlossenen Eiszeit-Standort an der Wilhelmstraße eigentlich fix ist, ermutigt Bouffier die Stadtpolitiker, diese doch nochmal zu überdenken: „Man muss mal aktiver dran gehen und auch Dinge ändern.“ Noch wäre Zeit.

Betreiberkonzept mit 5-Jahres-Vertrag

Realisiert wird die „Eiszeit“ auf jeden Fall als Betreiberkonzept. Die übergeordnete Projektverantwortung trägt die Wiesbaden Congress & Marketing GmbH, die auch Eisbahn und Eisstockbahn stellt. Die Betreiber haben mit einem 5-Jahres-Vertrag die Gastrorechte erworben und müssen sich um die gastronomische Ausstattung selbst kümmern. Die von den Stadtverordneten abgesegnete Kostenschätzung geht von Einnahmen in Höhe von 167.000 Euro (100.000 Euro Sponsoren, 32.000 Euro Gastrorecht innen und außen, 35.000 Euro Betreiber Eisbahn) aus und von 209.900 Euro Ausgaben, darunter als größte Posten 68.000 Euro Anschaffung Eisbahn und Eisstockbahn, 30.000 Euro Stromverbrauch,  je 25.000 Euro Unterbau Eisbahn/Eisstockbahn und Licht Eisbahn sowie15.000 Euro Rasenwiederherstellung. Die Unterdeckung von nach bisheriger Schätzung 42.900 Euro soll aus dem Budget des Dezernats II von Bürgermeister Dr. Oliver Franz beglichen werden.

Sinnieren über Synergieeffekte

Aus dessen Budget sollen auch die gut 215.000 Euro kommen, die für die jetzt vorgestellte Idee des „Kinderweihnachtsmarkts“ auf dem Luisenplatz im Rahmen des „Re-Start Innenstadt“-Programms veranschlagt sind. Eine Summe, die beim Ortsbeirat Mitte auf Kritik stößt, auch wenn dieser den Vorstoß zur Belebung der Innenstadt grundsätzlich begrüßt. Die Kostenfrage bringt Michael Müller von Stilbruch auf eine weitere Überlegung: „Vielleicht ließen sich Kosten bündeln und damit reduzieren“, sinniert er über mögliche Synergieeffekte. Der Wiesbadener Kurier griff in der Headline seines Berichts über den geplanten Weihnachtsmarkt für Kinder (mit Eisenbahn) auf dem Luisenplatz dem Szenario mit einem kleinen Versehen vorweg: „Mit Karussell und Eisbahn“.

Die offizielle Webseite der „Eiszeit Wiesbaden“, die nach und nach mit genauen Informationen gefüllt wird: https://www.eiszeit-wiesbaden.de/