Wer Großes vorhat, darf auch etwas kokettieren. Zu Beginn des ersten Donnerstalk des Jahres, der im vollbesetzten heimathafen unter dem Titel: “In eigener Sache: Die heimathafen-Vision für Wiesbaden gestern, heute und morgen” stattfand, versuchte Hausherr Dominik Hofmann, allzu hohe Erwartungen an den in Vorankündigungen in Aussicht gestellten möglichen „großen Wurf“ etwas herunterzuschrauben. Als der Mann, der zusammen mit Abi von Schnurbein vor fünf Jahren den heimathafen gegründet und von Tag 1 bis heute zu einer aus Wiesbaden nicht mehr wegzudenkenden Erfolgsgeschichte gemacht hat, am Ende seiner Ausführungen angelangt war, war klar: Und ob das ein großer Wurf werden könnte, was der heimathafen, der in diesem Sommer fünfjähriges Bestehen feiert, als nächsten großen Schritt vorhat!
Nicht weniger als eine der heißesten, und gleichzeitig schwierigsten und herausforderndsten, Immobilien der Stadt – das seit Jahren leer stehende Alte Gericht – hat der heimathafen ins Visier genommen, um hier möglicherweise „eine Stufe auf der Treppe hochzugehen“. So formulierte Dominik Hofmann in aller Bescheidenheit eine schon recht konkret ausgearbeitete Vision, deren Realisierung nicht nur für den heimathafen selbst und seine „Community“, sondern für die Stadt Wiesbaden insgesamt eine große Sache werden könnte.
Zwar soll nach Stand der Dinge vom Eigentümer Nassauische Heimstätte immer noch ein Großteil des gigantischen 7800-Quadratmeter-Gebäudes in Wohnungen umgewandelt und damit einer öffentlichen Nutzung entzogen werden. Aber immerhin etwa 1500 Quadratmeter auf drei Stockwerken (1. Stock, Erdgeschoss, Untergeschoss) im Mittelbau könnten nach derzeitigen Überlegungen der heimathafen und mögliche Partner und weitere Mieter belegen und beleben – und zwar mit Inhalten, die „Vielen Nutzen bringen und nicht nur einer Firma“, wie der heimathafen-Chef, der „Potenzialentfaltung“ als das zentrale Ziel seines Schaffens identifiziert hat, betonte.
heimathafen als Kernmieter, weitere Nutzer willkommen
Der heimathafen solle nach Wunsch der Eigentümer Nassauische Heimstätte, sofern man sich einig wird, zwar Kernmieter werden, müsse und solle aber keineswegs alleiniger Nutzer bleiben. „Ich sehe erst mal Tausende Möglichkeiten“, erklärte Dominik Hofmann beim Donnerstalk. Als denkbare Nutzungen nannte er neben dem heimathafen-„Kerngeschäft“ wie Coworking und der Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen auch innovative Kooperationen mit sozialen Trägern in der Absicht, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Auch Künstlerateliers unter Regie von Stefan Grötecke („projekt 48“) könnten wieder Platz finden. Sascha Eschmann und seine zusammen mit Renate Killmer, Svenja Bickert-Appleby und Sascha Lehnhardt entwickelte Vision eines (im Bürgerbeteiligungsprozess für die Wilhelmstraße 1 vorgestellten) Zukunftslabors seien ebenfalls Kandidaten. Grundsätzliche Überlegungen, und Beispiele bereits realisierter vergleichbarer Projekte aus anderen Städten, sind in einem „Ideenpapier für ein Innovationszentrum für die Kreativ- und Stadtgesellschaft“ zu finden. Synergien können sich natürlich auch aus einer Nachbarschaft mit der Hochschule Fresenius ergeben, die auf dem Rest des Areals gerade einen Neubau errichtet. Ab dem Wintersemester 2018/2019 sollen rund 1.000 Studierende der Fachbereiche Wirtschaft & Medien sowie Design den Campus an der Moritzstraße bevölkern.
„One Shot“-Chance
Die Vision ist nun also in der Welt. „Wie wahrscheinlich ist es, dass es auch so passiert?“, fragte Dominik und antwortete gleich selbst: „Keine Ahnung!“ Auf „zwischen 35 und 65 Prozent“ bezifferte er die Wahrscheinlichkeit und betonte im gleichen Atemzug: „Es ist eine einmalige Chance, ein One Shot.“ Nach schon zahlreichen intensiven und guten Gesprächen gehe es nun in erster Linie ums Geld. Entscheidende Fragen werden sein, ob die Vorstellungen der Nassauischen Heimstätte mit den Möglichkeiten des heimathafen kompatibel sind. Und wenn nicht, ob es andere Wege gibt, mögliche Lücken zwischen Vorstellungen hier und Möglichkeiten dort zu schließen. Nimmt man die Reaktionen beim Donnerstalk als Gradmesser, sollten jedenfalls alle Beteiligten und Verantwortlichen die Chance ergreifen. „Als die Fotos vom Alten Gericht kamen, waren mehr Aaah’s und Oooh’s zu hören als bei jedem Silvesterfeuerwerk“, beschrieb später der Stadtverordnete Daniel Sidiani die Stimmung bei der Präsentation. Und warb dafür, für die Verwirklichung der Pläne aktiv und intensiv zu werben. Und wenn der Traum Wirklichkeit wird, was wird dann aus dem jetzigen heimathafen in der Karlstraße? „Das Café würden wir wohl auf jeden Fall weiterbetreiben“, lautete die Antwort auf entsprechende Fragen beim Donnerstalk. (Text/Fotos Dirk Fellinghauer)
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