Das Geld sitzt nicht mehr so locker wie früher. Die Löhne steigen, die Inflation trabt, und Geld leihen kostet wieder Geld. Vorbei die Zeiten, in denen man Kredite aufnehmen konnte, deren Zinssatz geringer ist als der Alkoholgehalt in einem Clausthaler. Und jetzt kommt auch noch die Rezession. Da werden die Steuereinnahmen auch nicht mehr so dolle sprudeln wie der Rieslingsekt, wenn er sich ins Glas ergießt.
Für alle, die in dieser Lage einen Haushalt aufstellen müssen, ist das eine herausfordernde Situation. Die Gehälter der Stadtangestellten müssen auch bei schlechter Wirtschaft gezahlt, Straßen und Infrastruktur sollten auch in Krisenzeiten ausgebessert und Strom- und Gasrechnungen wollen trotz höherer Preise ebenfalls beglichen werden.
Wenn dann auch die Stadtkämmerei und ein städtischer Eigenbetrieb 20 Millionen Euro bei einer Bank auf einem Festgeldkonto anlegen, die kurze Zeit später Insolvenz anmelden muss und Stadt und kommunaler Betrieb aufgrund der Eigenheiten der Einlagensicherung keinen Cent davon wieder sehen: Die 20 Millionen Euro könnte Wiesbaden trotzdem gut gebrauchen.
Denn der Gürtel muss enger geschnallt werden. Sparen, sparen, sparen ist die Devise. Doch wo, ist die große Frage? Der neue Stadtkämmerer ist nicht zu beneiden. Jetzt könnte er seine Kreativität zeigen und überraschende Sparvorschläge unterbreiten. Doch nein, die Kürzungen betreffen vor allem Kultur und Soziales. Ist für viele ja nur Gedöns, weil brotlos und nicht produktiv. Knapp die Hälfte der Kürzungen in Höhe von rund 60 Millionen Euro entfallen auf den Sozialetat. Nun verlässt kein Haushaltsentwurf das Rathaus so, wie er in einem ersten Entwurf vorgelegt wurde. Aber er gibt meist einen Hinweis darauf, wie er schlussendlich verabschiedet werden wird: Für Kultur und Soziales wird künftig weniger Geld zur Verfügung stehen.
Ein Fehler, denn was jetzt gespart wird, wird künftig fehlen. In Zeiten wirtschaftlicher Verwerfungen werden vor allem diejenigen unter den Kürzungen leiden, die ohnehin zu den sozial und ökonomisch Schwachen in unserer Gesellschaft gehören. Vielleicht hätten einige kriminelle Karrieren von morgen mit der sozialen Arbeit von heute verhindert werden können? Kunst und Kultur sind wichtig für eine Demokratie, sie sind Ausdruck ihrer Freiheit. Wie frei eine Gesellschaft ist, zeigt sich am Freiheitsgrad der Kultur. Sterben Kulturorte. stirbt auch ein Stück Kultur. Und was einmal weg ist, kommt dank der Gentrifizierung der Städte selten wieder. Kürzungen bei Kultur und Sozialem schwächen den Zusammenhalt der Gesellschaft, sie verdüstern Zukunftsaussichten, sie rauben Potenziale.
Mehr Falk Fatal: Lesung am 23. November ab 19 Uhr im Äppelwoi Schmidt – sensor präsentiert.