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Kolumne: Falk Fatal ist im Klimastreik

Die Jugend hat es nicht leicht. Egal, was sie macht: Immer wird auf ihr herumgehackt. Mal achtet sie das Alter nicht, wie eine 3000 Jahre alte babylonische Tontafel beklagt. Dann bezeichnet ein 2000 Jahre alter Keilschrifttext aus Chaldäa sie als heruntergekommen und zuchtlos. Sokrates beschimpfte die Kinder als Tyrannen, die den Luxus lieben und ihren Eltern widersprechen. Außerdem ist die Jugend von heute faul, dumm und hängt nur vor dem Smartphone herum. Interessiert sich die Jugend aber für ihre Zukunft und geht dafür freitags nicht in die Schule, sondern auf die Straße, ist es auch nicht in Ordnung. Die Jugend kann es den Volljährigen einfach nicht recht machen.

Seit einigen Monaten demonstrieren in immer mehr Ländern immer mehr Jugendliche (und mittlerweile nicht nur Jugendliche) immer freitags für einen besseren und radikaleren Klimaschutz. Denn die Leidtragenden des Klimawandels werden die Jugendlichen von heute sein und nicht wir Volljährigen, die den Karren in den Dreck gefahren haben. Das bringt viele Menschen schwer in Rage. Aber nicht, weil unser Lebensstil dafür mitverantwortlich ist, sondern weil die Kids den Mund aufmachen. Statt die Jugendlichen anzuhören, wird mit „Die-sollen-gefälligst-die-Klappe-halten“-Attitüde losgepoltert. Besorgte Jugendliche sind halt keine besorgten Bürger, sondern bestenfalls „jung und naiv.“ Berufspolitiker, die als Jugendliche ihren Parteien beigetreten sind, müssen es ja wissen.

„Wir müssen nichts ändern, die Chinesen sind viel schlimmer“, ist ein weiteres beliebtes Argument – oft von Menschen, die gewöhnlich den Mainstream bekämpfen wie sonst nur den Leibhaftigen. Bleibt noch das sogenannte Schule schwänzen. Das wäre sicher weniger schlimm, wenn von Montag bis Freitag nicht so viel Unterricht ausfallen würde. Doch auch so ließe sich bestimmt eine Lösung finden, die nicht aus Schulverweisen und Geldstrafen besteht. Dafür müssten wir den Jugendlichen aber zuhören. Denn die Profis sagen: Die Kids haben recht.

In Wahrheit ist es doch so: Wir fahren mit Höchstgeschwindigkeit (ein Tempolimit wollen wir ja nicht) auf die Klippe zu. Doch wir bremsen nicht, in der Hoffnung, irgendwer wird schon eine Brücke gebaut haben, bis wir die Klippe erreichen. Die Hoffnung stirbt ja zuletzt. Auf der Rückbank die Jugendlichen, die schreien, wir sollen jetzt endlich auf die Bremse treten. Doch wir, total genervt, weil uns ein Chinese überholt hat, schnauzen sie an, sie sollen ihre dumme Klappe halten, wir müssen uns schließlich auf den Verkehr konzentrieren.

Die Frage, wer hier naiv ist, ist leicht beantwortet. Doch was noch alles passieren muss, damit der Fahrer auf die Jugendlichen hört, leider nicht.

Mehr Falk Fatal: https://fatalerror.biz

Illustration: Marc „Low King“ Hegemann