„Ähh, wie bitte? Was? Das ist doch ein Scherz! Leider nein. Tatsächlich wird das Sherry & Port im nächsten Jahr seine Pforten schließen“, heißt es in der Extrapausgabe der „Lokal-Zeitung“ namens „Evening Star“ des Kultlokals auf der Adolfsalle. Und auch per Pressemitteilung verkünden die Macher heute: „Das Sherry und Port geht diesen Herbst in die letzte Runde. Nach 42 Jahren spanischen Tapas, Sherry- und Port-Weinen, Live-Musik Events und Kölsch bei guten Gesprächen in urigen Räumlichkeiten geht eine Ära zur Neige.“ Kein Scherz: Am 1. April 2022 wird das Lokal mit der langen Geschichte Geschichte sein. „Und das nicht wegen Corona, sondern aufgrund eines auslaufenden Pachtvertrags, der trotz vehementer Bemühungen nicht verlängert wird“, stellt die Familie Royko klar. Sie verbinden die Hiobsbotschaft mit einer tröstlichen Nachricht.
„Reden hilft – hier nicht“
Die Geschwister Larissa und Boris Royko haben das „Sherry & Port“ im Jahr 2016 von ihrem Vater Gerd Royko übernommen. Sie schreiben über die Gründe für die beschlossene Schließung, „dass das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter nicht schlechter sein könnte. Nach unzähligen Streitereien ist eine erneute Verhandlung über eine Vertragsverlängerung ausgeschlossen. Reden hilft bekanntlich – hier leider nicht.“
Ab dem 19. Oktober werde das Sherry & Port in alter Tradition von Dienstag bis Samstag ab 17 Uhr die Pforten öffnen. „Die letzte Wintersaison wird in 2G durchgeführt, um so den Sherry & Port Charakter ein letztes Mal „wie früher“ zu erleben“, kündigen die Roykos an – „bei Livemusik, guten Gesprächen und vielen Leckereien.“ Und die gute Nachricht: „Unser Biergarten namens Caspar Garten hat mit der Schließung des Sherry & Ports nichts zu tun und wird auch künftig in den Sommermonaten geöffnet haben.“ Der wohl beliebteste Brunnen Wiesbadens darf also auch künftig bevölkert und um ihn herum laue Abende und Nächte genossen werden.
Um in Zukunft nicht auf die Sherry-Küche verzichten zu müssen, bietet die Futterlogistik, welche während der Corona Zeit als to-Go-Geschäft entstand, auch weiterhin ihre Dienste an. Bestellungen sind demnächst über den Onlineshop www.futterlogistik.de möglich.
„Die ganze Geschichte beginnt bereits mit einem Aprilscherz“, erinnert der Beitrag in der „Evening Star“-Extraausgabe an die Anfänge: „Am 1ten Vierten 1980 zog der erste Gast zum ersten Mal an der schweren Eingangstür und bestellte sich ein vermutlich alkoholisches Erfrischungsgetränk. Zu diesem Zeitpunkt waren die alten Roykos noch im Namen der Hansa in der Weltgeschichte unterwegs und ihre Kinder noch nicht einmal in Planung. Doch schon zwei Jahre und drei Monate später übernahmen Daggi und Gerd das Ruder in der Adolfsallee – nicht im Traume daran denkend, dass ihre zu diesem Zeitpunkt noch ungeborenen Kinder einst in weiter, weiter Zukunft des Jahres 2021*, einmal gemeinsam diesen traurigen Artikel verfassen werden würden.“
„Das Sherry“ macht dicht, der Sherry-Spirit wird weiterleben – auch nach der Schließung der eigentlichen Räumlichkeiten „wird man im Sommer rund um den Brunnen auf Kissen verweilen und kühles Caspar im Schatten der Kastanien trinken“, versprechen die Roykos – „oder im Château Nero schön obbesitze und Neroberger schlürfend übers Städtchen gugge. Oder daheim auf dem Sofa schimmelnd, wenn es unverhofft nach Patatas mit Aioli lüstet, wird auch in Zukunft die Futterlogistik die All Time Classics aus der Sherry-Küche liefern.“ Und: „Und ohne zu viel zu verraten, da kommt noch was und da kommt noch mehr …“.
Beliebte Musiker treten auf
Verraten werden schon die ersten Livemusik-Termine: Tom Woll wird am 29. Oktober auftreten, The Fabs am 19. November und Paddy Goes To Holyhead am 3. Dezember.
Und zu den Regelungen der für die letzte Runde erklären die „Sherry & Port“-Betreiber: „Die einzige Chance, wie wir das noch einen Winter zelebrieren können, ist die 2G Variante, anders geht es nicht“, erklären die Wirte. „Corona bedingt ausgefallen ist auch der 40te Geburtstag vorletztes Jahr und der 41te dieses Jahres. In einer großen Sause beenden wir die letzte Wintersaison und feiern den 42ten unter dem Motto: Die Antwort auf alle Fragen.“
(Text/Fotos Dirk Fellinghauer)
Nach dem Winzerstübchen und dem Finale, nun noch das Sherry und Port? Wiesbaden will wohl langsam eine Geisterstadt werden? Langsam gibt es immer mehr Gründe das Weite zu suchen.
… sehr bedauerlich.
Die aussergewöhnliche Gastronomie in Wi. wird immer rarer.
Ein kleiner Trost, dass der „Brunnenbetrieb“ bleiben kann!
Nach dem Markteinkauf samstags war dies immer ein schöner Abschluss
vor der Rückkehr per Fahrrad nach Biebrich.
¡Alles, alles Gute¡
André & Tina
Ich fasse es nicht! Das ist so unendlich schade! Eine der wenig schönen Lokalitäten mit Flair und Geschichte schließt! So viele schöne Abende haben wir dort verbracht mit so vielen Erinnerungen. Wiesbaden verliert immer mehr an Charakter und Charme. Traurig!