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„Nicht koscher“: Junge Juden laden am Sonntag zur #AfNee-Demo gegen „Juden in der AfD“-Gründung

Von Dirk Fellinghauer. Bild: JSUD.

Kein Scherz, an diesem Sonntag soll in Wiesbaden die bundesweite Arbeitsgemeinschaft „Juden in der AfD“ (JAfD) gegründet werden. Der Wiesbadener AfD-Stadtverordnete  und Landtagskandidat Dimitri Schulz  ist dem Vernehmen nach ein maßgeblicher Initiator (wer sich mal reinziehen möchte, welch ein brillanter Redner der junge Mann ist und welche politischen Ansichten er so vertritt: hier entlang). Angekündigt haben sich als Rednerinnen auch Beatrix von Storch und Erika Steinbach. Um 16 Uhr soll die Veranstaltung, die ursprünglich in Offenbach geplant war, im Bürgerhaus Erbenheim beginnen. Die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) organisiert unter dem Motto „#AfNee – Diese Alternative ist nicht koscher“ eine breit unterstützte Kundgebung am Sonntag, dem 7. Oktober, um 14 Uhr auf dem Frankfurter Goetheplatz – „um gegen die Instrumentalisierung der jüdischen Gemeinschaft durch die AfD und für ein offenes und buntes Deutschland zu demonstrieren“.

„Die AfD ist eine der größten Gefahren für jüdisches und vielfältiges Leben in Deutschland! Die Gründung der JAfD ist dabei die versuchte Instrumentalisierung von Juden für die eigenen Zwecke der AfD und ist aus jüdischer Sicht ein absoluter Widerspruch“, heißt es im Aufruf zur Kundgebung.  Die Jüdische Studierendenunion versteht sich als bundesweite Vertretung jüdischer Studierender und junger jüdischer Erwachsener im Alter von 18 bis 35 Jahren in Deutschland.

„Wiesbaden war für uns ebenfalls eine Option“, sagte JSUD-Vizepräsident Mike Samuel Delberg auf sensor-Anfrage, ob man eine Demo direkt vor Ort in Erbenheim in Betracht gezogen habe: „Die Entscheidung für Frankfurt ist letztendlich aufgrund der besseren Erreichbarkeit für nicht-lokale Unterstützer und der trotzdessen vorhandenen Nähe zum Gründungsort der JAfD gefallen.“ Die Kundgebung, zu der man etwa 300 TeilnehmerInnen erwarte, „soll ein Zeichen aus der jüdischen Gemeinschaft an die jüdische und nicht-jüdische Gemeinschaft sein“, so Delberg.

Junge jüdische Stimme steht auf – mit breiter Unterstützung

„Als junge jüdische Stimme“ sieht sich die JSUD laut Ankündigungstext „in der Pflicht, gegen die antisemitischen, rassistischen, menschenverachtenden, Holocaust-leugnenden, homophoben und nicht-emanzipierten Überzeugungen und Werte der AfD aufzustehen“.

Die eingeladenen Redner auf dem Frankfurter Goetheplatz werden junge VertreterInnen jüdischer Organisationen in Deutschland sein. Dazu gehören nach aktuellem Stand die JSUD-Präsidentin Dalia Grinfeld, Mike Samuel Delberg (JSUD- Vizepräsident und Mitglied des Präsidiums von Makkabi Deutschland), Laura Cazes (European Union of Jewish Students), Alexandra Poljak (Präsidentin des Bundes Jüdischer Studenten in Baden), Michael Ushakov (Leiter des Policy Referats der JSUD), Monty Ott (jüdischer Aktivist) und Hannah Peaceman (Redakteurin der jüdischen Zeitschrift Jalta).

Gemeinsame Erklärung gegen die AfD

Der Zentralrat der Juden in Deutschland, die JSUD und weitere wichtige jüdische Organisationen in Deutschland haben aus dem aktuellen Anlass heraus eine gemeinsame Erklärung „Keine Alternative für Juden“ verfasst, die – Chapeau zu dieser URL – unter www.afd-juden.de zu finden ist und die wir hier im Wortlaut veröffentlichen:

„Die AfD versucht seit geraumer Zeit, mit ihrer vermeintlichen Verbundenheit mit dem Staat Israel und ihrer angeblichen Sorge um die Sicherheit der Jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zu punkten. Nun wird gar ein Arbeitskreis für Juden in der AfD gegründet.

Nichts an der Politik der AfD solle die Jüdische Gemeinschaft beunruhigen, so der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland. Die vormalige AfD-Vorsitzende, Frauke Petry, behauptete, die AfD sei der »Garant jüdischen Lebens in Deutschland«. Wirklich?

Nein, die AfD ist keine Partei für Juden!

Wenn Juden auf die AfD als Garant für jüdisches Leben in Deutschland angewiesen wären, wäre es um das jüdische Leben hier schlecht bestellt. Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben.

Die AfD ist antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal. Allein der Blick auf die Ereignisse in Chemnitz sollte ausreichen, um zu erkennen, wes Geistes Kind die AfD ist. Dort marschierten Repräsentanten der AfD Seite an Seite mit Neonazis, Hooligans und Pegida-Anhängern. Sie scheuten sich nicht, mit Menschen, die den Hitlergruß zeigten, auf die Straße zu gehen.

Aus diesem Klima des Hasses und des völkischen Denkens heraus wurde ein jüdisches Restaurant in Chemnitz angegriffen. Die AfD eine Partei der »besorgten« Bürger?

Nein, die AfD ist keine Partei für Demokraten!

Die AfD sät Hass und spaltet die Gesellschaft. Sie hetzt gegen Menschen und greift unsere Demokratie tagtäglich an. Die AfD radikalisiert sich zunehmend und schreckt nicht davor zurück, Geschichte umzuschreiben. Gauland nennt Hitler und die Nazis einen »Vogelschiss« in der Geschichte.

Gleichzeitig ist Gauland aber »stolz auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen«. Björn Höcke, der AfD-Fraktionsvorsitzende im thüringischen Landtag, fordert eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad. Das Holocaust-Denkmal in Berlin bezeichnet er als »Denkmal der Schande«.

Die AfD fordert in ihrem Wahlprogramm ein Verbot des koscheren Schächtens und der Beschneidung. Wer diese im Judentum fundamentalen Gebote zur Disposition stellt, der spricht Juden in Deutschland das Recht ab, in diesem Land zu leben. Soll das die Politik sein, die für Juden nicht beunruhigend sein soll?

Nein, die AfD ist eine Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland!

Die AfD agitiert unumwunden gegen Muslime und andere Minderheiten in Deutschland. Dabei versucht die AfD, »die« Muslime als Feinde der westlichen Welt oder »der« Juden darzustellen. Muslime sind nicht die Feinde der Juden! Die Feinde aller Demokraten in diesem Land sind Extremisten, egal ob aus rechtsextremer, linksradikaler oder radikal-muslimischer Gesinnung heraus.

Wir lassen uns von der AfD nicht instrumentalisieren. Gleichzeitig schwadroniert Wolfgang Gedeon davon, die deutschen Gerichte seien vom Zionismus beeinflusst und weder frei noch unabhängig. Juden würden eine »Sonderbehandlung« vor deutschen Gerichten bekommen. Ist so eine AfD wählbar?

Nein, die AfD ist eine rassistische und antisemitische Partei!

Die AfD vertritt keinesfalls die Interessen der jüdischen Gemeinschaft. Eine Partei, die außer Hass und Hetze keinerlei gangbare Lösungen für die aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft anzubieten hat, kann für niemanden eine Alternative sein. Kein Bürger dieses Landes, dem unsere Demokratie am Herzen liegt, kann sich mit dieser Partei identifizieren.

Die Partei ist ein Fall für den Verfassungsschutz, keinesfalls aber für Juden in Deutschland.

Die unterzeichnenden jüdischen Organisationen und Verbände rufen alle demokratischen Kräfte innerhalb und außerhalb der jüdischen Gemeinschaft auf, sich gemeinsam offen und sichtbar gegen jede Form von antidemokratischem, antisemitischem, rassistischem und völkischem Gedankengut zu engagieren!

2 responses to “„Nicht koscher“: Junge Juden laden am Sonntag zur #AfNee-Demo gegen „Juden in der AfD“-Gründung

  1. Die AfD wurde bei der letzten Bundestagswahl von über 1/3 der jüdischen Deutschen gewählt. Würde ganz Deutschland dieses Wahlverhalten zeigen, dann wäre bereits heute die AfD, neben der CDU, stärkste Partei.
    Warum wohl?

  2. Das ist doch alles Blödsinn. Wenn jemand ein Muttermal hat, hat er deswegen noch lange keinen Krebs. Dass das Muttermal freilich irgendwann krebsartig werden könnte – etwa bei ungesunder Lebensweise – ist doch klar. Der Rechtspopulismus ist kein Erbe der 30er Jahre, sondern die logische Folge des Neoliberalismus. Wo die Welt stur in winner und looser aufgeteilt wird, darf man sich nicht wundern, wenn Menschen die Fäuste in den Taschen ballen. Deswegen sind sie aber nicht „Nazis“. Es ist sind ganz normale Menschen, die sich verprellt fühlen, von Hanswursten, die uns regieren und linken Wohlstandsbürgern, die es schon als Drama empfinden, wenn ihnen der Popo nicht sieben mal in der Woche gepudert wird, sondern nur fünf mal. Dass diese verweichlichte Ellenbogen-Linke normalen Menschen keine Heimat bietet, ist doch klar. Versnobbt, verwöhnt und fest im Glauben, dass ein Millionenheer faktischer Analphabeten der wahre Segen für Deutschland ist, da macht kein gewöhnlicher Mensch mit. Politikverdrossenheit ist die Folge.

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