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Retro auf vier Rollen: Auch in Wiesbaden gibt es eine neue Rollschuh-Community / Stadt hinkt Hype hinterher

Initiatorin Sabine Wiese (rechts) und einige Mitglieder der „Rollschuh-Community Wiesbaden“: Kostyantyn Simkin (33 Jahre), Galatea Ziss (35), Lea Ehrlich (21) und Meike Jung (36).

Von Annika Posth. Fotos Kai Pelka.

Die Rollschuhszene nimmt auch in Wiesbaden Fahrt auf. Der 70er-Jahre-Trend feiert sein Comeback.

Anfangs war sich Sabine Wiese nicht sicher, ob sie mit 58 Jahren nicht zu alt für das Rollschuhfahren sei. Nun fühlt sie sich aber, zusammen mit den anderen Rollschuhfahrer:innen, sehr wohl. Zum Rollschuhfahren ist die Wiesbadenerin mit neun Jahren gekommen. „Als Kind habe ich Rollkunstlauf gemacht. Danach bin ich dann 45 Jahre gar nicht mehr Rollschuh gefahren, sondern Inliner, und habe auch Unterricht gegeben“, berichtet die Gründerin der „Rollschuh-Community-Wiesbaden und Umgebung“: „Aber es war dann schon ein großer Unterschied, jetzt wieder auf vier Rollen zu stehen.“ Seit eineinhalb Monaten ist dabei – „und es macht mir sehr viel Spaß“.

Beim Treffen im Kulturpark sind neben der Initiatorin auch das Kostyantyn Simkin (33 Jahre), Galatea Ziss (35), Lea Ehrlich (21) und Meike Jung (36) am Start. Insgesamt umfasst die neu gegründete Facebook-Gruppe bisher zehn Rollschuhbegeisterte. Alle Interessierten können hier neue Kontakte in die gerade entstehende und wachsende Rollschuhszene in Wiesbaden knüpfen.

Rollschuhfahren statt Fitnessstudio

Kostyantyn Simkin und Galatea Ziss haben im Juni 2020 mit dem Rollschuhfahren angefangen, weil durch Corona die Fitnessstudios schließen mussten und sie weiter sportlich aktiv sein wollten. „Wir haben uns gedacht, dass das Rollschuhfahren eine gute Idee ist, um auch als Paar etwas zusammen zu machen. Dabei hatte ich davor keine Berührpunkte mit Rollschuhfahren“, erzählt Galatea Ziss. Über Instagram und die CIB („Community In Bowls“) hat die Wiesbadener Facebook Gruppe viele Rollschuh-Fans kennengelernt.

Das besondere an „CIB“ ist, dass sie queere Menschen und nicht weiße cis-Männer in Skateparks fördern. Auch Kostyantyn Simkin ist von der Gemeinschaft auf Rollen begeistert: „Die Community ist sehr viel wert, denn sie ist nicht leistungsgetrieben. Es geht nicht darum, wer schneller, besser oder stärker ist, sondern jeder macht sein Ding und arbeitet in seinem Tempo“, bemerkt er: „Auf der anderen Seite sind alle total hilfsbereit und helfen bei Tricks.“

Berliner Jamskaterin „schuld“ am Boom

Ausgelöst wurde der internationale Rollschuhhype von der Berlinerin Oumi Janta. Ein auf dem Tempelhofer Feld aufgenommenes Video der im Senegal geborenen „Jamskaterin“ ging im Juni 2020 viral, auf Instagram hat sie mittlerweile bald 1 Million Fans. Weil nicht zuletzt deshalb Rollschuhe und Zubehör ausverkauft waren, haben sich Kostyantyn Simkin und Galatea Ziss ihre Rollschuhe aus Vans selbst gebaut.

Meike Jung fährt seit April dieses Jahres Rollschuh und hat sich der Facebook-Gruppe angeschlossen, um neue Kontakte zu knüpfen. „Endlich habe ich einen Sport gefunden, der mir Spaß macht. Als Kind hätte ich gerne Eiskunstlauf gemacht, aber das gab es in meinem Dorf nicht. Deshalb bin ich als Kind schon mal Rollschuh gefahren.“, erzählt die 36-Jährige. Jetzt möchte sie Figuren und Rückwärtsfahren lernen. Auch Lea Ehrlich hat im April mit dem Rollschuhfahren begonnen. Sie hat damit einen sportlichen Ausgleich gefunden, den sie trotz Corona machen kann.

Wo sind die Rollschuh-Spots in Wiesbaden?

Rollschuhfahren ist nicht gleich Rollschuhfahren: „Es ist für jeden etwas dabei, ob Fahren in Skaterparks, Jam-skating, Dance Moves auf Rollschuhen oder weite Strecke fahren“, erklärt Sabine Wiese. Sonntags bietet es sich an, auf großen leeren Parkplätzen zu fahren. Ansonsten trifft sich die Gruppe regelmäßig vor dem RMCC oder in der Skatehalle in der Murnaustraße und am Schlachthof.

Hoffen auf neue Plätze – auch am Rheinufer

„Wiesbaden ist auf den Rollschuh-Hype aber nicht vorbereitet“, erzählen die Begeisterten. Die Rollschuhbahn am 2. Ring müsste unbedingt erneuert werden. „Wir hoffen, dass sich da etwas tut. Und wollen auch den Aufruf starten, neue Plätze wie Messehallen oder Turnhallen für das Rollschuhfahren zu finden und zu begeistern.“ Die Skate- und Rollschuhszene werde in Wiesbaden bislang wenig unterstützt. Ideen gebe es: „Wir wünschen uns bei der Neugestaltung des Rheinufers Wege, die durchgängig und eben sind, damit alle mit Rollen dort fahren können. Und unter der Schiersteiner Brücke einen schönen Skatepark.“

Tipps für Anfänger

Aller Anfang ist auch beim Rollschuhfahren schwer. Wichtg ist die richtige Ausrüstung inklusive Schützer und Helm. „Und unbedingt das Hinfallen üben. Damit die Angst genommen wird. Inzwischen gibt es auch Fallschutzhosen, die das Steißbein schützen.“ Kostyantyn Simkin gibt noch den Tipp: „Immer langsam Fortschritte machen, man kann sich superschnell überschätzen. Tricks stufenweise aufbauen und Körper zwischendurch ruhen zu lassen.“

Wer also Lust hat, endlich (wieder) auf vier Rollen loszulegen oder Kindheitserinnerungen aufleben zu lassen, hat ab jetzt eine motivierende und coole Gruppe, die sich auf weitere Mitglieder freut: Facebook: Rollschuh-Community-Wiesbaden und Umgebung. Mail: sabine.wiese@gmx.de