Von Dirk Fellinghauer.
Sage und schreibe dreißig Galerien und Museen plus ein rollendes Museum, das aus hundert Oldtimern besteht: Die Kurze Nacht wächst über sich hinaus. Von 19 Uhr – genau genommen schon ab 18 Uhr, dann ist offizielle Eröffnung im NKV – bis Mitternacht haben Kenner, Entdecker, Neugierige am 1. April wieder Gelegenheit, in lockerer und geselliger Frühlingsatmosphäre einen einmaligen Überblick über das Kunstgeschehen in Wiesbaden zu bekommen.
Das Spektrum der Orte, und damit auch der präsentierten Kunst, ist riesig. Newcomer und Etablierte, Kommerzielles und eher Subkulturelles, sind sowohl bei den Schauplätzen als auch bei den Künstler:innen zu finden, einen Überblick gibt es im Flyer (Dowload hier möglich).
Sieben neue Orte
Allein sieben Orte feiern Premiere, mit der Galerie neongolden und dem Kunsthaus Weinstock gleich zwei davon im WiCoPop* in der Kleinen Schwalbacher, wo auch mit Überraschungen zu rechnen ist. Das Künstlerduo VOLKSBANKSI verspricht im Pop-Up-Store „trinkbare Kunstwerke, berauschend schöne Menschen in Anzügen aus purem Geld, Poesie und Malerei, die auf echten Banknoten ihren Platz finden.“
„Stargast“ erklärt seine Kunst im Halbstundentakt
Mit Marc Jung als „Stargast“ wartet die SV Atrium Galerie in der Bahnhofstraße 69 auf. Der 37-jährige Erfurter mit Wurzeln in der Graffitiszene gilt als einer der derzeit schillerndsten deutschen Künstler, er malt – und sprayt – wilde und skurrile Bilder mit zumeist monströsen Geschöpfen. Zur Kurzen Nacht wird er in der Ausstellung „Made In Heaven“, die hier anlässlich des kürzlich stattgefundenen Deutschen FernsehKrimi-Festivals läuft, persönlich vor Ort seine Werke, Hintergründe und Arbeitsweise erklären – im Halbstundentakt jeweils für 10 Minuten vor wechselnden Werken. Im sensor-Interview hat er es bereits getan, zu finden ab 31. März auf www.sensor-wiesbaden.de.
Junger Künstler und Kurator in Personalunion
„Emotional Circus“ heißt die von dem 23-jährigen Nick Marschalek (hier bei der Vernissage im Gespräch mit interessierten Gästen) kuratierte aufregende Schau junger Kunst bei Kunst Schaefer in der Faulbrunnenstraße. Damit nicht genug: Zur „Kurzen Nacht“ präsentiert dort die Medienkünstlerin Laetitia Eskens mit eine speziell auf die Galerieräume angepassten Videoinstallation.
„Wiederentdeckung eines genialen Meisters“
„Wir feiern die Wiederentdeckung eines genialen Meisters, der wie kaum ein anderer heutzutage die Mittel und Werkzeuge seiner Kunst beherrscht und intellektuell durchdringt: Man darf jetzt endlich wieder staunen über seine Werke“, heißt es in der Ankündigung der Leo Leonhard-Schau bei Rubrecht Contemporary (Foto oben). Der 1939 in Leipzig geborene Künstler ist einer jener seltenen Kunstschaffenden, dessen Werk im Bereich der Grafik und der Malerei gleichermaßen bedeutend ist. Leo Leonhard war ein Künstler, der sich Gedanken machte: über die Rolle des Kunstwerks, über die Rolle des Rezipienten, über die Rolle des Künstlers.
„Angst – Krisenindikator oder Überlebenstrieb“ ist der Titel der neuen Gruppenausstellung – Eröffnung am 31. März, Kurze Nacht-Öffnung am 1. April – mit 26 Künstler:innen in der Walkmühle, die sensor als Medienpartner präsentiert. Auf dem gleichen Areal zeigt Sanja Praktisch „witchezzz“ im Queeren Zentrum.
Auf Einladung des Aktiven Museums Spiegelgasse zeigt Burkhard Schnitty in der KZ-Gedenkstätte Unter den Eichen vier Werke, von denen drei
als ortsspezifische Installationen konzipiert sind – explizit für die Ausstellung „BÜROKRATIE – MACHT – TOD“, die zur Kurzen Nacht am 1. April mit einer Vernissage eröffnet wird, entstanden und bisher noch nie zu sehen. Der Künstler nutzt die aktuelle Überarbeitung der bisherigen Dauerausstellung für eine profunde Auseinandersetzung mit den Geschehnissen der Vergangenheit.
Vieles ballt sich bei der Kurzen Nacht um das Quartier Taunusstraße – mit zum Beispiel Tim Bengel in der Galerie Rother oder oder Jana Albrecht schräg gegenüber im IncubARTor oder auch Spannendem bei Hermsen, Nerostraße, Saalgasse mit Ausläufer zum Theater im Palast, wo Shabnam Miller gerade ihre Austellung eröffnet hat, die dort am 1. April „bis in die Tiefe der Nacht“ besucht werden kann.
Ebenso lohnt sich aber auch der Blick über das Stadtzentrum hinaus, etwa in Richtung Oranienstraße – Galerie Hafemann oder HSG HSGalerie – , Rheingauviertel, Dichterviertel, Westend oder auch hinauf zum Schloss Freudenberg.
Rollendes Museum mit 100 Oldtimern auf Rundkurs
Ein bewährtes Special ist das „Rollende Museum“, bei dem hundert Oldtimer die Kurze Nacht-Schwärmer kostenfrei zu fünf Haltestellen – = Landesmuseum, SAM am Markt, Staatskanzlei, Abeggstraße, Schwalbacher Straße – kutschieren.
Eröffnung und Lindy-Hop im NKV , Monumentales im Kunsthaus
Bereits um 18 Uhr wird die „KURZE NACHT“ von Kulturdezernent Axel Imholz, dem Organisator der Veranstaltung Erhard Witzel sowie der Künstlerischen Leiterin des Nassausischen Kunstvereins Elke Gruhn im Nassauischen Kunstverein in der Wilhelmstraße 15 eröffnet. „Unvergesslich für alle anwesenden Gäste wird die Performance Strings von Annika Kahrs sein“, wird versprochen – und: ab 19.30 Uhr gibt es Lindy Hop-Workshops im NKV.
Nina Sten-Knudsen ist eine der wichtigsten dänischen Künstlerinnen. Ihre Werke findet man in bedeutsamen privaten und öffentlichen Sammlungen. Nach zahlreichen internationalen Präsentationen sind ihre monumentalen Gemälde zum zweiten Mal in Deutschland zu sehen sein – im Kunsthaus auf dem Schulberg, natürlich auch zur Kurzen Nacht. Die Ausstellung ist von 18 – 24 Uhr geöffnet. Um 20.30 Uhr und 21.30 Uhr werden Führungen angeboten. Zudem ist die Artothek geöffnet und „Fasan Feinkost“ bietet afghanische Spezialitäten und Getränke mit und ohne Alkohol an. An manch anderen Schau-Plätzen werden in Kooperation mit Rheingauer Winzern Weine zur Kunst gereicht, und natürlich hat auch die soeben von den Wiesbadener Kurier-Leser:innen zur besten Weinbar Wiesbadens gekürte Glyg.Bar im WiCoPop* geöffnet.
Wer alles was wo gezeigt wird, und welche Specials es gibt, steht auf www.kurze-nacht.de