Die Wiesbadener CDU-Rathausfraktion empört sich per Pressemitteilung, dass der Schlachthof die Bundeswehr diskriminiere. Auf sensor-Nachfrage stellte sich heraus, dass die Vorwürfe offenbar kräftig über das Ziel hinaus schießen. Es geht um die Nicht-Teilnahme der Bundeswehr an der letzten Ausbildungsmesse der IHK Wiesbaden, die im Frühjahr 2016 erstmals im Schlachthof als neuem Veranstaltungsort stattfand. Der Schlachthof widerspricht in einer Erklärung „einigen nicht korrekten Behauptungen“ der CDU-Pressemitteilung. Auch die IHK sieht kaum Grund zur Aufregung.
„Mit Empörung haben die CDU-Mitglieder in der Sitzung des Ausschusses für Bürgerbeteiligung und Netzpolitik am 13. September 2016 die dünne Antwort dafür vernommen, weshalb die Bundeswehr an der Ausbildungsmesse der IHK Wiesbaden im März diesen Jahres nicht teilnehmen durfte“, heißt es in der Pressemitteilung. „Der Schluss, den wir aus der Antwort ziehen müssen ist, dass es offenbar keinen Grund gab. Zumindest wurde uns kein Grund mitgeteilt“, stellt der CDU-Sprecher im Ausschuss, Dr. Bernd Wittkowski, fest. Die IHK Wiesbaden habe auf einen Antrag der CDU-Fraktion vom Juni 2016 lediglich mitgeteilt: „Ende Dezember 2015 informierte die Schlachthof GmbH die IHK davon, dass man die Bundeswehr als Aussteller nicht auf dem Gelände des Schlachthofs akzeptieren werde.“
IHK: Sache verlief „recht unaufgeregt“
IHK-Pressesprecherin Melanie Dietz erklärte sensor den Gang der Dinge so. Nach dem Abriss der Rhein-Main-Hallen, wo die IHK seit Jahren die Ausbildungsmesse veranstaltet hatte, und einer Zwischenstation in der IHK selbst habe man im Schlachthof einen „super“ Austragungsort gefunden, weil dieser den Jugendlichen vertraut sei und es keine hohen Schwellen für einen Besuch gebe. Als der Schlachthof auf der Ausstellerliste die Bundeswehr, die seit Jahren dabei sei, entdeckt habe, habe es zunächst lange Schlachthof-interne Diskussionen und später Diskussionen zwischen IHK und Schlachthof gegeben. Als die Bundeswehr diese Diskussionen mitbekommen habe, habe sie von sich aus gedacht: „Wenn es so kritisch ist, machen wir nicht mit.“ Das alles sei „recht unaufgeregt“ abgelaufen.
Um so aufgeregter gibt sich die CDU: „Das ist schon ein starkes Stück und es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn die Schlachthof GmbH die Bundeswehr, einen der großen Anbieter für Ausbildungsplätze, ohne Angabe von sachlichen Gründen als Aussteller auf dem Schlachthofgelände nicht akzeptiert und das auch noch vor dem Hintergrund, dass die Schlachthof GmbH sich in ihren Flyern und ihrem Internetauftritt ausdrücklich gegen Diskriminierung ausspricht. Was hier gemacht wurde, war nichts anderes als die Diskriminierung der Bundeswehr“, schießt Dr. Wittkowski scharf in Richtung eines der größten und bedeutendsten Wiesbadener Kulturanbieters.
„Offensichtlich hat unsere Anfrage aber zu einem Umdenken bei der Schlachthof GmbH geführt, denn für die Ausbildungsmesse 2017 wird die Bundeswehr als Aussteller akzeptiert. Es ist gut, dass die Jugendlichen nun auch die Möglichkeit haben, sich über die vielfältigen Ausbildungsberufe der Bundeswehr zu informieren“, zeigt sich Dr. Wittkowski dann doch zufrieden. Von wegen, sagen IHK und Schlachthof unisono. Schlachthof-Pressesprecher Hendrik Seipel-Rotter betont, „dass wir nicht auf Grund eines Antrags der CDU Wiesbaden in den Diskurs für 2017 gegangen sind, auch wenn die CDU das behauptet, sondern dies in Absprache mit der IHK getan haben.“
Schlachthof bleibt kritisch
Der Verein Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden e.V. freut sich laut heutiger Erklärung, „dass die IHK den Verein als Partner für eine Ausrichtung 2016 gewonnen hat und auch in 2017 die erfolgreiche Veranstaltung im Kulturzentrum fortsetzen will.“ Der Schlachthof teile allerdings die Kritik verschiedener Institutionen und Initiativen (wie UN Kinderhilfe und Terre des Hommes) gegen die Rekrutierung Minderjähriger für den Wehrdienst. Daher habe der Schlachthof der IHK im Vorfeld zur Veranstaltung 2016 mitgeteilt, dass eine Beteiligung der Bundeswehr an einer Ausbildungsmesse für Jugendliche von den Schlachthof Aktiven als kritisch angesehen wird. „Diese Gründe halten die Aktiven auch weiterhin für gegeben, da aber die Ausbildungsmesse ohne Beteiligung des Schlachthofs vermutlich nicht stattfinden würde, wird eine möglichen Teilnahme der Bundeswehr-Verwaltung als Werber für potentielle jugendliche Auszubildende auf der Ausbildungsmesse 2017 nicht moniert“, zeigt sich der Schlachthof spagatfähig.
Die Teilnahme der Bundeswehr an der Ausbildungsmesse 2017 ist bislang keineswegs ausgemachte Sache, erklärt IHK-Sprecherin Dietz: „Erst heute sind die Akquisebriefe an alle Austeller, inklusive der Bundeswehr, rausgegangen. Ob sie an der Ausbildungsmesse 2017 teilnehmen wird, können wir heute noch nicht wissen.“ (Dirk Fellinghauer / Foto IHK Wiesbaden)