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Vom Nachtleben zur Kunst, vom „Pussycat“ ins Museum: Frank Brabant wird heute 85 / Faible für Randständige

Frank Brabant inmitten der seiner Sammlung gewidmeten Ausstellung im Museum Wiesbaden anlässlich seines 80. Geburtstags vor einem Bild seiner, ebenfalls einem Kunstmuseum gleichenden, Wohnung. Heute wird der Kunstsammler und frühere Diskothekenbetreiber 85.

Schillernde Persönlichkeiten, ausschweifende Orte – man hat den Eindruck, früher gab es mehr davon in Wiesbaden. Eine schillernde Persönlichkeit, die es früher schon gab und die es heute immer noch gibt in Wiesbaden, ist Frank Brabant. Der einstige Betreiber einer legendären Diskothek und Nachtbar, der längst als renommierter Kunstsammler bekannt und anerkannt ist, wird heute 85.

Wer Frank Brabant begegnet – Gelegenheiten dazu gibt es nach wie vor immer wieder, er ist im Stadtbild so präsent wie bei verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Anlässen – nimmt ihm sein Alter kaum ab. Der 85-Jährige sieht deutlich jünger aus, und er ist hellwach, gewitzt, hat Ausstrahlung und Charisma.

Frank Brabant war eine zentrale Figur wilder Zeiten in Wiesbaden. 1969 eröffnete er „die erste Diskothek für Homosexuelle im Rhein-Main-Gebiet“. Insbesondere, aber ganz und gar nicht ausschließlich für Homosexuelle, muss man sagen.

Polarisierendes Etablissement wurde Stammlokal für Prominente

Das „Pussycat“ in der Adlerstraße lockte die unterschiedlichsten Nachtschwärmer an, zumindest nach auch leidvollen Anfangsjahren. Zweimal wurde Frank Brabant damals als Diskothekenbetreiber von Gegnern der homosexuellen Szene zusammengeschlagen, war in einem Beitrag des „Top Magazins“ anlässlich seines 80. Geburtstags zu lesen. „Das ‚Pussycat‘ war ein gesellschaftlich polarisierendes Etablissement“, erzählte er damals: „Erst 1975, als das ZDF nach Wiesbaden zog, entwickelte sich meine Diskothek auch für Heterosexuelle und Prominente zum Stammlokal.“

Fortan traf sich „ganz“ Wiesbaden traf sich dort und feierte ausgelassen, ungezwungen, offen und bester Laune, auch jede Menge Promis ließen sich blicken. Frank Brabant war der Zeremonienmeister (hier auf dem Foto links im grünen Sakko mit Zigarette) hinter dem Tresen und ist mit seiner Bar selbst zur Wiesbadener  Institution geworden. Längst vergangene – für alle, die dabei waren, aber nie vergessene – herrliche Zeiten.

Ein Kunstsammler, der andere an seinen Schätzen teilhaben lässt

Was nie vergangen ist, ist Frank Brabants Liebe zur Kunst und seine Sammelleidenschaft. Das Glück aller, die Kunst lieben: Nicht nur seine eigene Wohnung füllte er mit vielen seiner inzwischen Hunderten Werke mit einem geschätzten Gesamtwert von rund 30 Millionen Euro. Er ließ und lässt auch andere an seinen Schätzen teilhaben, überließ und überlässt einen großen Teil seiner beachtlichen Sammlung auch dem Museum Wiesbaden.

Angefangen hat alles mit einem Holzschnitt von Max Pechstein, den sich Frank Brabant von dem Geld kaufte, das er für seinen ersten VW-Käfer gespart hatte. Später kamen Werke von Alexej von Jawlensky, Ernst Ludwig Kirchner, August Macke, Georg Tappert, Emil Nolde, Otto Dix, Max Beckmann und vielen anderen hinzu.

Anlässlich seines 80. Geburtstags gründete der leidenschaftliche  Sammler 2018 eine großherzige Stiftung: Seine umfassende Kunstsammlung, die vornehmlich expressionistische und neusachliche Tendenzen der Klassischen Moderne von etwa 600 Werken beinhaltet, werden eines Tages an das Staatliche Museum seiner Geburtsstadt Schwerin und an das Landesmuseum in seiner Wahlheimat Wiesbaden angeschlossen. Eine große Ausstellung im Museum Wiesbaden ehrte damals Brabant und gab Einblicke in seine Sammlung.

Raum für randständige Menschen

Zur Ausrichtung seines Sammelns erzählte er jüngst in einem Gespräch mit Roman Zieglgänsberger vom Museum Wiesbaden: „Als Geschäftsführer der Diskothek „Pussy Cat“ hatte ich immer vielfältige Begegnungen und vertiefte Freundschaften auch mit an den Rand der Gesellschaft gedrängten Menschen. Vielleicht war das mit ein Grund, warum ich sehr früh George Grosz, Otto Dix, Jeanne Mammen, Käthe Kollwitz, Gottfried Brockmann oder Rudolf Schlichter gesammelt habe, die gerade die randständigen Menschen ins Blickfeld gerückt und Raum gegeben haben.“

Persönliche Entdeckung zum 85.

Anlässlich seines 85. Geburtstags wurde Frank Brabant nun eingeladen, in den Depots des Museums Wiesbaden auf Entdeckungsreise zu gehen. Aufgefallen ist ihm der völlig unbekannte Karl Otto Hy (1904—1992), der zwischen 1920 und 1937 als Maler in Wiesbaden gewirkt hat. Den Puls der Zeit hat Hy mit seinen neusachlichen Wiesbadener Stadtansichten getroffen — sie wirken klar und poetisch gleichermaßen. Die Kabinettausstellung „Frank Brabant entdeckt …Karl Otto Hy“ ist noch bis zum 25. Juni im Museum Wiesbaden zu sehen. Und Frank Brabant ist hoffentlich noch lange im Wiesbadener Stadtbild und bei öffentlichen, gesellschaftlichen, kulturellen Anlässen zu sehen.

Happy birthday, Frank Brabant! Happy Wiesbaden, dass es Frank Brabant gibt!

(Dirk Fellinghauer / Fotos Museum Wiesbaden/Bernd Fickert, privat)