Ein Wahlkampf-Posting der CDU Westend sorgt für Irritationen – und Verärgerung. „Mehr Sicherheit fürs Westend. Deshalb: Erhöhung von Polizeipräsenz und Ausweitung der Waffenverbotszone auf neuralgische Orte im Westend“, lautet die Botschaft eines Postings auf Facebook und Instagram. Als Bildmotiv zur Forderung ist die Blücherschule zu sehen.
Die Rektorin der Grundschule ist „not amused“ darüber. „Ich habe mich sehr über diese Werbung von der CDU geärgert“, gibt Schulleiterin Monika Frickhofen gegenüber sensor zu verstehen. Die Blücherschule selbst habe mit den Aktionen, für die geworben wird, nichts zu tun: „Auf unserem Schulgelände herrschen Frieden und Zufriedenheit. Wir gehen normal und offen miteinander um und versuchen, ein sehr positives Miteinander auch vorzuleben.“
Dass das Areal um die Schule herum nicht unproblematisch sei, ist auch der Pädagogin bewusst, etwa der Spielplatz, der nicht zur Schule gehöre. „Die Stadt sollte dafür sorgen, dass sich vielleicht nur Kinder im Alter bis zu 12 Jahren auf diesem Spielplatz aufhalten dürfen und nicht, wie in den letzten Wochen zu beobachten, Jugendliche und Erwachsene, die dann auch Streitigkeiten miteinander ausführen oder auch ihren Müll dort einfach liegen lassen“, meint Frickhofen und bekräftigt: „Die Blücherschule hat damit nichts zu tun. Man darf nicht solche Werbung mit dem Foto der Blücherschule veröffentlichen und die Schule und die pädagogische Arbeit dadurch in Misskredit bringen.“
Frühstück statt Waffen für die Kinder
Nicht nur der Schulleiterin, auch Eltern, deren Kinder die Blücherschule besuchen, stößt die Wahlwerbung unangenehm auf. „Die Blücherschule braucht ganz bestimmt keine erhöhte Polizeipräsenz und auch nicht die Einrichtung einer Waffenverbotszone“, stellt Marta Moneva klar: „Meine Tochter ist manchmal an fünf Wochentagen als Streitschlichterin im Einsatz, und sie hat noch nie von Waffengebrauch berichtet. Es handelt sich um eine Grundschule und sowohl ich, als auch die anderen Eltern, schicken die Kinder morgens mit einem Frühstück und nicht mit geladener Waffe in die Schule.“
Finalist beim Deutschen Schulpreis
Die Schule befinde sich zwar in einem buntgemischten Viertel, sei aber von Toleranz und verständnisvollem Miteinander geprägt´, schildert Moneva: „`Soziales Lernen ist ein eigenes Schulfach. Schüler werden im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft zu Streitschlichtern ausgebildet und eingesetzt. Einmal jährlich findet an der Blücherschule eine `Gewaltfreie Woche´ statt, bei der auch die Eltern miteinbezogen werden. Die Schule war gerade Finalist im Wettbewerb für den Deutschen Schulpreis 2020. Die Kinder sind stolz auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Grundschule.“
Es gebe andere Initiativen, „die dem Bürgerbedarf näher kommen und einer Unterstützung würdig wären“, so die engagierte Mutter. Die Blücherschüler bräuchten etwa dringend verbesserte Verkehrsbedingungen und einen Zebrastreifen am Hauptschuleingang: „Dort kommt es täglich zu kritischen Situationen, und es ist nur einem Wunder geschuldet, dass bislang noch kein Kind verunglückt ist.“
CDU erklärt: Gemeint ist die Wellritzstraße
Auf der sensor Wiesbaden-Facebookseite wurde das Posting zum Thema Waffenverbotszone bereits diskutiert. Dort erklärte die CDU Westend: „Der eine liest, dass wir eine Waffenverbotszone in der Schule wollen, der andere liest richtig: Neuralgisch sind für uns etwa die noch fehlenden Teile der Wellritzstraße. Und ja: Wir halten mehr Polizei von Land und Stadt für richtig und wichtig. Das Bild soll eher sinnbildlich für unser Westend stehen.“
Tatsächlich bemerkt man, wenn man sich genauer auf der CDU Westend-Facebook-Seite umschaut – was man aber beim Betrachten dieses speziellen Postings nicht voraussetzen kann -, dass das Blücherschule-Motiv für alle möglichen Postings mit unterschiedlichsten Themen und Forderungen verwendet wird.
„Westend ist sicher, so wie es ist“
In der Facebook-Diskussion wird davon unabhängig aber auch das grundsätzliche Anliegen des Postings in Frage gestellt. Eine Café-Betreiberin aus dem Westend fragt: „Warum wirbt eigentlich die CDU seit längerem mit „erhöhter Polizeipräsenz“? Langsam bekommt man ein Gefühl, als ob ein „Polizeistaat“ gewünscht ist. Ich fühle mich sehr sicher so wie es ist. Die wachsende Anzahl an Kameras beunruhigt mich eher.“ (dif/Bild CDU Westend/Foto Dirk Fellinghauer)