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AfD plant Bundesparteitag in Wiesbaden – Muss das RMCC an die Rechten vermieten? Stadtspitze entscheidet

Eindeutige Einschätzungen zur AfD auf Wiesbadener Straßen.
Nicht ganz so eindeutig gestaltet sich der Umgang mit der AfD im Wiesbadener Rathaus. Fotos: Dirk Fellinghauer

„Auf dem heutigen AfD-Bundesparteitag in Wiesbaden …“ – so oder ähnlich könnten im kommenden Dezember  Meldungen in Tagesschau, heute & Co. beginnen. Die „Alternative für Deutschland“ will ihren Bundesparteitag im RheinMain CongressCenter (RMCC) durchführen. Der Wiesbaden Congress und Marketing (WICM) liegt ein von den AfD-Verantwortlichen nach Ortsbegehung und Verhandlungen bereits unterschriebener Veranstaltungsvertrag vor. Ob die WIMC-Geschäftsführung ihrerseits den von ihr aufgesetzten und der AfD unterbreiteten Vertrag unterschreibt und damit den Weg frei macht für den großen Auftritt der sich nach Einschätzung von Beobachtern zunehmend radikalisierenden* Rechten in unserer Stadt – inklusive möglicher „Nebenwirkungen“ wie zu erwartender massiver Proteste -, darüber entscheidet die Stadtspitze. Das Thema steht auf der Tagesordnung des Magistrats an diesem Dienstag.

In dem Beschlussvorschlag, der sensor vorliegt, soll „zur Kenntnis genommen werden, dass die AfD im Dezember 2021 ihren Bundesparteitag im RheinMain CongressCenter durchführen möchte und der Wiesbaden Congress und Marketing GmbH ein Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Veranstaltungsvertrags vorliegt“.

Räume zur Verfügung stellen oder verweigern?

Der Magistrat soll entscheiden, die Geschäftsführung der Wiesbaden Congress & Marketing anzuweisen, entweder „der AfD die Räume für die geplante Veranstaltung zur Verfügung zu stellen und zu diesem Zweck den Vertrag mit der AfD abzuschließen“ oder aber „der AfD die Nutzung der Räume zu versagen und den Vertragsabschluss mit der AfD abzulehnen.“ Letzteres wäre laut der von Bürgermeister Dr. Oliver Franz vorgelegten Beschlussvorlage nicht so einfach.

Rechtsamt hält Rücktritt für rechtswidrig

Das Wiesbadener Rechtsamt sei „nach umfangreicher Prüfung der Sach- und Rechtslage“, um die die WIMC-Geschäftsführung gebeten habe, zu dem Ergebnis gekommen: Die AfD habe einen Anspruch auf Überlassung der Räume. Die Verweigerung des Vertragsschlusses oder ein auf § 14 Nr. 1f der Allgemeinen Vertragsbedingungen  für die von der WICM betriebenen Wiesbadener Veranstaltungshäuser   – „Veranstalter oder Organisation steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes“ – gestützter Rücktritt wäre demnach rechtswidrig.

Klar wäre die Angelegenheit, wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz die gesamte AfD als Verdachtsfall eingestuft hätte. Bisher ist dies aber nur ein Vorhaben, mit einer Einstufung sei bis zum Veranstaltungstermin nicht mehr zu rechnen. Dass bereits vier Landesverbände der AfD als Verdachtsfall eingestuft sein sollen, genüge nicht für eine Verweigerung des Vertragsabschlusses. Mit einer Klage seitens der AfD sei zu rechnen.

RMCC würde 264.000 Euro von AfD kassieren – zuzüglich Technik

Der Bundesvorstand der AfD hatte laut Beschlussvorlage beim RheinMain CongressCenter (RMCC)  gezielt alle Wochenenden zwischen Mitte November und Mitte Dezember 2021 angefragt. Nach einem Besichtigungstermin am 11. Mai 2021 und „diversen KIärungsgesprächen“ sei am 10. Juni ein finales Angebot erstellt worden. Am 1. Juli 2021 ging der vom Bundesvorstand unterschriebene Vertrag im RMCC ein. Dieser müsste jetzt von der Geschäftsführung gegengezeichnet werden, um mit der AfD endgültig ins Geschäft zu kommen. Dieses wäre so zweifelhaft wie lukrativ.

Laut vorliegendem Vertrag würde die AfD für die Nutzung des RMCC eine Summe von 264.000 Euro an die Wiesbaden Congress und Marketing zahlen – zuzüglich Technik. Sowohl in Sachen Technik wie auch Catering und Gastronomie arbeitet das RMCC mit Exklusivpartnern zusammen, die dann ihrerseits die AfD „bedienen“ müssten und an ihr verdienen würden.

Das Rechtsamt attestiert der AfD einen Anspruch auf Überlassung der RMCC-Räume mit Verweis auf Ansprüche aus dem Parteiengesetz, dem Parteiprivileg des Art. 21 des Grundgesetzes und der Gemeindeordnung.

Proteste erwartet – erster „AfD-Bundesparteitag in Wiesbaden entgegentreten“-Aufruf

Als kürzlich AfD-Chef Jörg Meuthen in Wiesbaden auftrat …
… gab es wie üblich auch Gegenprotest. Fotos: Dirk Fellinghauer

Unabhängig von dieser Einschätzung rechnet man bereits jetzt mit Protestaktionen, wenn der AfD-Bundesparteitag im RMCC stattfindet – mit voraussichtlich etwa 600 AfD-Delegierten aus ganz Deutschland. Proteste gab es bei AfD-Parteitagen in anderen Städten, aber auch immer wieder bei AfD-Veranstaltungen in Wiesbaden – sei es erst kürzlich bei der Kundgebung mit AfD-Chef Jörg Meuthen auf dem Dernschen Gelände oder auch im Oktober 2018, als die Stadt bereits das Kurhaus beziehungsweise die Kurhaus-Kolonnaden für eine Wahlkampfveranstaltung mit der AfD-Bundesspitze vermietet hatte.

Damals organisierte ein breites Bündnis den Gegenprotest. Einen ersten „Save the Date“-Aufruf „Dem AfD-Bundesparteitag in Wiesbaden entgegentreten“ mit Ansagen wie „Fight Afd“, „FCKAFD“, „Gemeinsam gegen rechte Hetze“ gibt es bereits seitens der Gruppe „AKU Wiesbaden“. (Dirk Fellinghauer)

* Anschau-Tipp – aktuelle ARD-Doku: „Extrem und (unter) Druck – die AfD im Superwahljahr“.