Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).
Dass kleine und inhabergeführte Geschäfte es immer schwerer haben in der Innenstadt und reihenweise schließen, ist auch und gerade in Wiesbaden nichts Neues. Nun hat in der Langgasse aber auch wieder ein „Großer“ das Feld geräumt. Die backwerk-Räume in der Nummer 31 sind verwaist. In unmittelbarer Nähe bestätigte derweil eine weitere Burgerkette ihren Einzug in die Räume des ehemaligen denn´s-Biomarketes.
„Zu hohe Miete“ nennt Backwerk auf sensor-Anfrage als Grund für die Schließung der Filiale, die seit November 2013 in der Langgasse betrieben wurde. Ebenso beklagt das Unternehmen, das über 350 SB-Bäckereien in Deutschland betreibt, aber auch „Umsatzrückgänge durch immer mehr Wettbewerb“. Interessant, da umgekehrt ja eher kleinere Bäckereien beklagen, dass die Großen ihre Existenz gefährden.
Die einen gehen, andere kommen in der Langgasse. „Gerne können wir Ihnen bestätigen, dass Five Guys ein neues Restaurant in Wiesbaden in der Langgasse 20 eröffnet“, beantwortete eine Unternehmenssprecherin jetzt die sensor-Anfrage.
Jubel und Entsetzen über „Five Guys“-Burger
Die Handwerker sind bereits aktiv, eine Terrasse scheint schon angelegt (Foto). Die Eröffnung ist laut der Sprecherin „noch für dieses Jahr angedacht“. Schon jetzt ist Five Guys für das neue Restaurant auf der Suche nach passenden Mitarbeitern. An der US-Burgerkette scheiden sich die Geister. Während „Five Guys“-Fans in Jubel ausbrechen, sind andere – darunter direkte gewerbliche Nachbarn – entsetzt, dass nun nach Burger King nur ein paar Häuser weiter ein weiterer Burger-Gigant Einzug in diesen Bereich der Fußgängerzone erhält.
Vertreibt „Burger King“ den Einzelhandel?
Die Ansiedlung von Burger King am Eingang zur Fußgängerzone soll nach sensor-Informationen ein Grund sein, warum einige „wertige“ Einzelhändler an diesem Platz ihre Geschäfte aufgegeben haben. Auf das Modegeschäft „People´s Place“ am Eingang zur Goldgasse folgte das vor kurzem eröffnete „Carlos“-Steakhaus. In die Räume von „Optik L 42 Taubenberger“, die sich in die De-Laspée-Straße am Dernschen Gelände verabschiedet haben, ist „Mia Gelateria“ eingezogen. „My Müsli“ hat die Langgasse nach drei Jahren wieder verlassen und Platz für einen E-Zigaretten-Store gemacht. Ein großer prominenter Leerstand in der Langgasse sind auch die Räume des früheren „Augenweide“-Geschäftes. Hier sind zwar derzeit Handwerker zugange, zu neuen Mietern ist aber noch nichts in Erfahrung zu bringen.
Mit den aktuellen Entwicklungen bestätigt sich der Satz, den SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum seit geraumer Zeit gerne kolportiert: „Eating ist das neue Shopping“. Mit Blick auf das, was sich in der Wiesbadener Fußgängerzone, in der einst auch „echte“ Restaurants zuhause waren, tut, könnte man modifizieren: „Fast Food ist das neue Eating“.
Kann ein/e City Manager*in es richten?
Ob die Fußgängerzone nach und nach zu einer einzigen Fressmeile wird, das dürfte auch ein Thema für den neuen City Manager sein. Die Stelle wurde nun, über ein Jahr nach dem Stadtverordneten-Beschluss, endlich ausgeschrieben. Gesucht wird eine hochqualifizierte und erfahrene Person als „Schnittstelle zwischen Einzelhandel, Verwaltung, Politik und Verbänden mit der Zielsetzung, die Attraktivität der Innenstadt und insbesondere der Wiesbadener Fußgängerzone zu steigern“. Seit Veröffentlichung der Ausschreibung wird fleißig diskutiert, ob die Besetzung der Stelle eine Chance für die Innenstadt darstellt oder ob eine Totgeburt vorprogrammiert ist. Geteilte Meinungen gibt es etwa zu den Kompetenzen, zur Ansiedlung beim Wirtschaftsdezernenten und zur Dotierung (E 13). Bis zum 16. August können sich Interessenten bewerben.
Neuer OB kündigt „großes Augenmerk“ auf Zustand der Fußgängerzone an
Zu jenen, die große Hoffnungen in die noch zu findende Person setzen, gehört der neue Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende. „Ein Thema, dass den Wiesbadenerinnen und Wiesbadenern unter den Nägeln brennt, wie ich aus vielen Gesprächen erfahren habe, ist der Zustand in der Fußgängerzone“, sagte das neue Stadtoberhaupt bei seiner Amtseinführung in seiner Antrittsrede (Foto): „Gemeinsam mit Bürgermeister Dr. Oliver Franz als zuständigem Dezernenten möchte ich großes Augenmerk darauf richten. Unsere Einkaufsmeile wirkt längst nicht so einladend, wie es wünschenswert wäre“, äußerte er sich kritisch zum Ist-Zustand: „Ich hoffe sehr, dass es bald gelingt, eine Citymanagerin oder einen Citymanager zu gewinnen, um eine Veränderung einzuleiten.“
Backwerk am Faulbrunnenplatz noch immer nicht in Sicht
Der Bereich Langgasse wird freilich nur ein Areal sein, um das dieser sich schnellstens kümmern sollte. Ein anderer großer Bereich mit ebenso viel Potenzial wie auch „Chancen“, vieles falsch zu machen, ist etwa der Mauritiusplatz inklusive des direkt angrenzenden Walhalla-Komplexes sowie Mauritius- und Hochstättenstraße und natürlich der ebenfalls groß angekündigte Neubau der bisherigen City Passage mit dem ambitionierten „Fünf Gassen“-Konzept. Und über die Fußgängerzone hinaus harrt man etwa am Faulbrunnenplatz (Foto) der Dinge. 2016 hatte SEG-Chef Andreas Guntrum hier bereits stolz seine „Lösung“ mit der Ansiedlung einer neu gebauten Backwerk-Filiale verkündet. Zu sehen ist davon nach mehrmaligen Verschiebungen und Verzögerungen bis heute nichts. „Wir warten auf eine Genehmigung. Sobald diese da ist, werden wir sofort mit der Baumaßnahme beginnen“, konnte Backwerk nur äußerst vage auf die sensor-Anfrage nach dem Stand der Dinge dort antworten.
Zum Thema: Die sensor-Reportage „Inner City Blues – Sind Innenstadt und Einzelhandel in Wiesbaden noch zu retten?“
Ein City Manager wird es schwer haben, ohne finanziellen Spielraum und wenn die Stadt weiter so langsam und unbeweglich ist, wie schon bei der Suche und Feststellung das man etwas tun muss.
Ich bin mir sicher das die Leute nicht nur zum Essen in die Innenstadt kommen, besonders wenn es nur Fast Food gibt. Der Mix macht es doch eigentlich aus, man möchte bummeln, gucken, shoppen und sich zwischen durch stärken und Leute gucken.