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Beete ins Rollen bringen

Von Rebekka Farnbacher. Fotos Arne Landwehr.

Michael Nixdorf möchte eine öffentliche Diskussion zum Thema Nachhaltigkeit anstoßen. Dafür geht er auf die Straße – und in die Permakultur-Akademie … Konsum, Schnäppchenjagd, Schlange stehen – diese und ähnliche Begriffe bringt man mit einem Einkaufswagen in Verbindung. In seinem Projekt über die Selbstversorgungsmöglichkeiten der Stadt Wiesbaden zweckentfremdet Michael Nixdorf den fahrbaren Warenkorb, indem er ihn bepflanzt. Zusammen mit Familie und Freunden setzte er hierfür jetzt den Startschuss und bestückte den ersten Wagen mit Kompostvlies, Erde und Saatgut. So dient er nicht mehr nur als Zwischenlager auf dem Weg zur Kasse, sondern als Warenspender, der gar keiner Kasse mehr bedarf.

Klimawandel, Umweltzerstörung, Ressourcenknappheit – Begriffe, die aus der aktuellen Debatte über die Verhaltensstrategien im Umgang mit unserer Erde nicht mehr wegzudenken sind. Und so nachdrücklich der erhobene Zeigefinger auch von manch Aktivisten erhoben wird, so panisch ist oftmals die Art der Vermittlung. Weltuntergangsszenarien, Chancenlosigkeit und immer wieder Krise, Krise, Krise. Auch Michael Nixdorf hat „die Krise“ aufgerüttelt. Allerdings in einem positiven, motivierenden Sinn: Chancen aufgreifen, Ideen entwerfen, Pläne umzusetzen.

Radikalen Wandel durchgemacht

„Ich möchte nicht bestimmte Verhaltensweisen kritisieren oder einfach nur etwas dagegen sagen, sondern ich möchte etwas tun“, sagt er. Angst sei nur insofern förderlich, um zu begreifen, dass es so nicht weiter gehen kann. Der 45-Jährige machte selbst einen radikalen Wandel durch. Nachdem er lange in der Werbung tätig war, wollte er Menschen nicht länger einreden, sie müssten etwas kaufen, was sie eigentlich nicht brauchen. Vielmehr möchte er über die Folgen unseres Handelns aufklären, um eine freie Entscheidung erst zu ermöglichen.

Er stellte sich die Frage, warum die Krise als solche empfunden wird. Was sind unsere Grundbedürfnisse? Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit und inwiefern wären wir gegen Versorgungsausfälle gewappnet? Nach ausgiebigen Recherchen stieß er auf einen interessanten Lösungsansatz: Permakultur. Dieser macht sich zur Aufgabe, nachhaltige Systeme nach dem Vorbild der Natur zu unterstützen und aufzubauen. Man beobachtet, wie es lebendigen Systemen gelingt, sich selbst zu erhalten und versucht, diese zu vernetzen. Zum einen soll Vielfalt geachtet, zum anderen Pflanzen zusammengebracht werden, die sich gegenseitig unterstützen, etwa dadurch, dass sie einen Düngestoff abgeben, der dem Pflanzennachbarn zugute kommt. Der Begriff stammt aus der Landwirtschaft, aber die Methodik – ein permanentes, also stabiles und ertragreiches Ökosystem zu schaffen – ließe sich auf alle Bereiche anwenden, so Nixdorf. 

Auf dem Weg zum Permakultur-Designer

An der Permakultur-Akademie bei Berlin schrieb sich Nixdorf für die Ausbildung zum Permakultur-Designer ein und arbeitet zur Zeit an seiner Diplomarbeit, die neben der Erntewagen-Aktion noch andere Projekte einschließt. Die Akademie wurde von der Unesco für nachhaltige Bildung ausgezeichnet.  Sinnvolle Entscheidungen für die Zukunft setzen aber Wissen und Kompetenz voraus“, erklärt Nixdorf seine Lernmotivation.  Alltägliche Dinge, wie beim Rasieren das Wasser laufen zu lassen, muss auch er sich abtrainieren. Er ist nicht der Typ, der Dogmen verhängt oder selbst nach solchen leben möchte. Er habe gelernt, dass es immer zwei Seiten zu beleuchten gilt.

Sich gemeinschaftlich für die Heimatstadt einzusetzen, setzt Taten voraus: „Wenn ich selbst mit meinen Händen in der Erde stecke und mitmache, motiviere ich auch andere.“ Vor allem Kinder möchte Nixdorf mit seinem Projekt begeistern, aber auch Wiesbadener Unternehmen will er gezielt ansprechen. Wenn eine Zahl von 200 Erntewagen erreicht ist, möchte er eine Tour in die Innenstadt unternehmen.

Infos: www.erntewagen-wiesbaden.de