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Das große 2×5-Interview: Ute Kilian, Leiterin Tier- und Pflanzenpark Fasanerie, 55 Jahre, 1 Sohn, 1 Tochter

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Interview Dirk Fellinghauer. Foto Arne Landwehr

BERUF

Wie kamen Sie zu Ihrem tierischen Arbeitsplatz?

Das ist gar nicht so gradlinig, wie man vielleicht denkt. Mancher hat ja vielleicht den Traumjob Tierparkleiter. Ich habe studiert, bin Diplom-Forstwissenschaftlerin und habe in Hessen die Referendarzeit gemacht, die Laufbahn für den höheren Forstdienst. Dann war ich im Staatsdienst und kam irgendwann zurück in meine Mutterstadt, ich bin gebürtige Wiesbadenerin. Die Fasanerie gehörte damals zu meinem Arbeitsbereich. Als 1996 der damalige Tierparkleiter wegging, weil er sich einen  eigenen Zoo gekauft hatte, fragte mich der Dezernent, ob ich die Leitung der Fasanerie übernehme. Da habe ich erst mal spontan gesagt, ich bin ja nicht lebensmüde. Ich wusste, dass es, so toll die Fasanerie auch ist, damals viele Probleme gab. Dann habe ich es mir überlegt und gedacht, ach komm, lass´ dich drauf ein.

Letztes Jahr feierte die Fasanerie 100-jähriges Jubiläum – wofür steht der Tier- und Pflanzenpark heute?

Die Fasanerie heute steht für einen eintrittsfreien Park im Eigentum der Stadt Wiesbaden, und sie hat drei Hauptsäulen: Die Tiere, die der Hauptgrund sind, warum die Besucher kommen, das sind heimische Wildtiere und Haustiere. Die zweite Säule ist der Pflanzenpark, teilweise mit einem schönen exotischen Baumbestand, etwa den Mammutbäumen, aber auch mit heimischen Gehölzen. Die dritte Säule, die wir in den letzten Jahren stark ausgebaut haben, ist die Naturpädagogik. Unser Logo „Treffpunkt Natur“ trifft es ganz gut: die Besucher treffen auf die Natur, treffen aber auch auf andere Menschen in der Natur.

Tiere in Gefangenschaft sorgen auch für Kontroversen. Was entgegnen Sie Gegnern der Haltung in Tierparks?

Wir machen ganz viel Lobbyarbeit für die Tiere. Unser Ansatz ist, dass wir Faszination wecken wollen für die Tiere. Diese Begeisterung weckt dann Interesse, dann wollen die Leute mehr wissen und haben auch eine emotionale Bindung und setzen sich für die Tiere und ihren bedrohten Lebensraum in freier Natur ein. Wir haben die großzügige Freianlagen mit einer Naturausstattung, die weitestgehend – natürlich gibt es Zäune – den natürlichen Lebensraumansprüchen der Tierart entsprechen. Ich war früher auch ein großer Kritiker von Zoos und bin ein ausgesprochener Kritiker von Tierdarbietungen im Zirkus. Aber ich denke, wenn diese Einrichtungen wirklich artgerecht sind, sind sie schon wichtig. Was wir übrigens auch machen, ist die Erhaltungszucht –bedrohte Tiere werden gezüchtet und dann wieder ausgewildert.

Wie ist Ihr ganz persönliches Verhältnis zu den Tieren unter ihrer Obhut?

Mir ist es wichtig, dass die Tiere Tier sein dürfen. Man soll die Tiere nicht vermenschlichen. Da bin ich auch nicht komplett frei von und habe auch Verständnis, dass die Tiere ihren Namen bekommen oder so. Tiere sollten aber auch kein Objekt sein. Das heißt, dass man die Würde der Tiere respektiert und versucht, sie artgerecht zu halten, und zu quälen sowieso nicht.

Ich gehe zum allerersten Mal in die Fasanerie und habe eine Stunde Zeit– wo muss ich hin?

Auf jeden Fall zu den Bären, zumindest wenn sie nicht in Winterruhe sind. Dort sind ja auch die Wölfe, die hoch spannend sind. Die Wisente finde ich klasse. Die Luchse. Das Hirschgehege ist auch wunderschön von der Natureinbindung, mit dem Blick auf die Landschaft und den Schläferskopf.


MENSCH

Wie ernähren Sie sich?

Gerne Vollwert, aber auch Fleisch. Ich mache aus der Ernährung kein Dogma. Ich finde es aber auch völlig in Ordnung, wenn sich jemand vegetarisch ernährt.

Haben Sie Haustiere?

Ja. Wir haben einen Hund, einen kleinen Münsterländer-Jagdhund, der heißt Bo. Und eine Katze, die ist uns vor über zwanzig Jahren zugelaufen und lebt immer noch. Sie ist jetzt geschätzte 23. Die heißt Ka, weil die Kinder sie früher einfach so nannten, und das hat sich gehalten.

Ist Wiesbaden ein gutes Pflaster für Haustiere?

Ja, weil es eine grüne Stadt ist. Die Hinterlassenschaften von Hunden in den städtischen Grünanlagen sind natürlich ein Problem. Besser ist es in den Vororten, wo es mehr Wald und landwirtschaftliche Fläche gibt, wenn man jetzt an die Tiere denkt, die mehr Auslauf brauchen, vor allem Katzen und Hunde. Problematisch finde ich exotische Tiere, die man meint halten zu müssen. Das ist problematisch hinsichtlich Artgerechtigkeit und Illegalität und spätestens, wenn solche Tiere auch noch entsorgt oder ausgewildert werden, muss das nicht sein.

Backen Sie Plätzchen?

Nicht mehr. Ganz früher, als die Kinder klein waren, ja. Irgendwann hat das meine Tochter übernommen. Sie hat viel bessere Rezepte als ich, aus der Schule oder dem Internet. Das ist ja völlig in Ordnung, wenn Kinder eigene Wege gehen. Und wenn´s beim Plätzchen backen ist. Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie setzt man doch Schwerpunkte, und dann habe ich die Plätzchen über Bord geworfen, was ich auch nicht wirklich vermisse. Anderes vermisse ich schon eher.  

Wie entspannen Sie sich?

Das Malen hat einen großen Stellenwert für mich. Das ist Anspannung und Entspannung und gibt mir sehr viel. Außerdem Musik hören, Spazieren gehen, in der Natur sein und einfach mal nichts machen, das ist wunderbar. Ich liebe das Meer und den Wald, auch Gärten, vor allem englische Gärten. Wenn ich mir als Wunschort einen englischen Garten vorstelle, kann ich schon gut entspannen. Einfach auch schöne Orte. Reisen und schöne Orte sehen. Das kann ein Museum sein, eine tolle Stadt, aber meistens ist es die Natur. Oder die Verbindung von Natur und Kunst, die wir übrigens auch in der Fasanerie zum Thema machen. Ein Garten ist für mich die schönste Verbindung von Natur und Kunst.