Ein buchstäblicher Höhe-Punkt im Wiesbadener Draußensommer: Improvisationstheater hoch oben auf dem Neroberg. Für Garderobe keine Haftung verwandelt ab 8. Juli die Erlebnismulde wieder in eine der schönsten Bühnen, die es gibt.
Bei Picknickatmosphäre unter freiem Himmel erlebt das Publikum spontanes Theater vom Feinsten. An fünf Wochenenden werden jeden Freitag- und Samstagabend spontane Theatervorstellungen inszeniert. Dabei reicht die Bandbreite von einer Reihe kurzer Szenen zu abendfüllenden Geschichten.
Zombies auf dem Neroberg
Gespannt sein darf man am 16. Juli auf „Show of the Dead“. Ein Konzept, das die Hamburger Gruppe Steife Brise entwickelt hat und das die Möglichkeiten des Zombie-Genres auslotet, inklusiver einer Menge Kunstblut. Als weiteres Highlight wird am 5. August ein vollständig improvisiertes Konzert gespielt. Aber auch bekannte und beliebte Shows wie „Pappstars“, „Die Bibliothek des Zufalls“ oder „Auf Shakespeares Spuren…“ fehlen nicht. Zum Abschluss gibt es, das erste Mal seit drei Jahren, den „Champignon“, eine Improtheater-Meisterschaft mit Gästen aus ganz Deutschland.
sensor präsentiert den 19. Wiesbadener Improsommer als Medienpartner – vom 8. Juli bis 6. August in der Erlebnismulde auf dem Neroberg. Alle Abende beginnen um 20 Uhr. Eintritt nach eigenem Ermessen, Empfehlung mindestens 8 Euro pro Abend und Person. Alle Infos, Termine und Formate auf www.improsommer.de
Weiterlese-Tipp
Der Impro-Theater-Sommer wurde 2021 mit dem Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden ausgezeichnet. Die Laudatio bei der Preisverleihung im Rathaus im Januar 2022 hielt sensor-Chefredakteur Dirk Fellinghauer:
Laudatio
Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden an
Für Garderobe keine Haftung / Improsommer Wiesbaden
12.01.2022, Festsaal Rathaus Wiesbaden
Wir zählen ein:
5 4 3 2 1 – los!
So geht das los, was heute mit dem Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden
ausgezeichnet wird
5 4 3 2 1 – los
Das ist seit 2003 auf dem Neroberg
Sommer für Sommer
an mehreren Abenden,
und dann nicht nur einmal, sondern mehrmals an jedem Abend,
das Kommando zur Weltpremiere
Zur Weltpremiere, bei der gilt:
Picknickdecke statt Roter Teppich!
Es ist das Kommando zur Weltpremiere, zu den Weltpremieren beim Wiesbadener
Improsommer, organisiert und realisiert vom Improvisationstheater Für Garderobe
keine Haftung –
Dem diesjährigen Preisträger des Kulturpreises der Landeshauptstadt Wiesbaden
Weltpremiere!
Ist das nicht etwas dick aufgetragen? Keineswegs!
„Jede einzelne Darbietung wird vollständig von den Schauspieler:innen und
Musiker:innen von Für Garderobe keine Haftung und deren Gästen improvisiert“,
erfahren wir auf der Homepage – und : „Das Publikum gibt dabei die Inspirationen,
nach denen improvisiert wird, und kann so die Show beeinflussen.“
Und weiter:
„Jede Show ist eine Weltpremiere und wird nur 1x gespielt.“
Und so geht das mit den reihenweise Weltpremieren auf dem Wiesbadener
Neroberg, seit Frederik Malsy diese geniale Idee hatte.
Mit einem Sack voller Ideen, so sagt er, stand er damals, mit Anfang 20!, auf dem
Neroberg, ließ den Blick schweifen, und eine dieser Ideen im vollen Sack war: Hier
irgendwas mit Improtheater machen – DAS wär´s.
Und das wurde es.
Rita Thies, damals Kulturdezernentin, gab ihm den Rest.
Den Rest Motivation und Entschlusskraft, die Idee Wirklichkeit werden zu lassen –
ohne damals schon ahnen zu können, wie diese Idee zur Wirklichkeit werden würde,
wie erfolgreich, wie langlebig, wie – buchstäblich, der heutige Tag liefert wieder einen
Beweis – ausgezeichnet.
Frederik Malsy las damals ein Interview mit Rita Thies im Wiesbadener Kurier, in dem die Politikerin sagte: „Schade, dass auf dem Neroberg nichts passiert.“ Jetzt wusste Frederik Malsy, dass das, was er sich erträumt hatte, dort passieren könnte.
So ist Fred der – damals – junge Vater des Improsommers, und Rita Thies gewissermaßen die Tante des Improsommers.
Bevor der Improsommer irgendwann zum Selbstläufer wurde, bevor er überhaupt ins Laufen kam, musste Frederik Malsy sich erstmal die Hacken ablaufen.
Dass jetzt jede und jeder zu der vorgetragenen neuen Idee gleich gesagt hätte – Super, mach das, was brauchst du – so war es nun nicht. Auch taube Ohren und viel Skepsis lagen auf dem Weg zum Wiesbadener Improsommer.
Verbündete fand Frederik in Reinhold Sturny, damals bei ESWE Verkehr Sachgebietsleiter Vertrieb, und Dieter Sahm, damals Betriebsleiter der Nerobergbahn.
Es gab damals nicht gar nichts auf dem Neroberg, sondern immerhin die ESWE Dream Night. Der Traum vom Improtheater auf dem Neroberg wurde zuerst wahr im Rahmen dieser „Dream Night“.
Zwei Impro-Wochenenden waren im Einstandsjahr angesetzt –
Der erste Abend fiel komplett ins Wasser, der zweite Abend war super, am nächsten Wochenende wurde Wiesbaden vom schlimmsten Unwetter seit Jahrzehnten heimgesucht.
„Bleiben Sie sitzen, ist doch nur ein kleiner Schauer“ – der Satz von Frederik Malsy
ging in die Improsommer-Annalen ein und heute unter Insidern ein geflügeltes Wort.
Sitzenbleiben war damals keine wirklich gute Idee, die Mulde lief bis zur zweiten
Stufe voll, das Unwetter hatte wirklich schlimme Folgen.
Das Unternehmen Improsommer stand, kaum dass es begonnen hatte, auf der Kippe
– aber nur kurz, denn Fred beruhigte und überzeugte die Zweifler und Zauderer, das
Abenteuer nun durchzuziehen.
Das Abenteuer wurde zur Erfolgsgeschichte, zum Dauerbrenner, zum Selbstläufer,
zum Wiesbaden-Ereignis, zu einem kulturellen High(!)light, und das nicht nur wegen
der Höhe des Spielortes.
Was macht nun dieses Improtheater, diesen Improsommer, so besonders?
Improtheater gibt es schließlich viele, in Deutschland, in Europa, in der Welt.
Vorneweg: Lage! Lage! Lage!
Der Wiesbadener Improsommer findet statt in unschlagbarer Kulisse, Schauplatz ist
der Wiesbadener Neroberg.
Wenn die Filmbühne Caligari, wie wir vom Wiesbadener Oscar-Preisträger Volker
Schlöndorff wissen, „ein Juwel unter den deutschen Lichtspielhäusern ist“, dann ist
die Erlebnismulde auf dem Neroberg ganz klar die schönste
Improvisationstheaterstätte Deutschlands.
Dazu kommt die einzigartige Improsommer-Atmosphäre:
Im besten Falle laue Sommerabende, hoch droben über der Stadt, mit grandioser
Aussicht, und ein Besuch als Ritual –
Die Vorfreude beginnt schon beim Ankommen, das Erlebnis beginnt beim Ausbreiten
der eingangs erwähnten Picknickdecke, man richtet sich ein, man lümmelt sich und
freut sich auf das, was der Abend bringen mag.
Man trifft ausschließlich nette Menschen – alte Bekannte, macht neue
Bekanntschaften – man lässt es sich gutgehen und lässt es sich schmecken – „Wir
bringen immer unseren ganzen Kühlschrank mit“, sagt eine Dame im Improsommer-
Imagevideo – man bringt sich in Stimmung, man ist in Stimmung.
Man genießt Festivalfeeling – nur ohne Camping.
Der Improsommer macht der Erlebnismulde alle Ehre – sorgt er doch nicht nur für
Bühnenerlebnisse, sondern für ein Rundum-Erlebnis. Und ein
Gemeinschaftserlebnis.
Der Neroberg, genauer gesagt die Erlebnismulde, wird an Improsommer-Abenden
tatsächlich zur Pilgerstätte – für ganz unterschiedliche Menschen, für alle
Generationen, für Kinder, Erwachsene, Ältere, Alte ..
All das führt zur Improsommer-Energie
Schaut man sich das Video an, glaubt man fast, es sei die Dokumentation eines
Erweckungs-Gottesdienstes, so viel Lachen – Strahlen – Freude – Glück.
Glückselige Menschen, mit verklärtem Lächeln teilweise der Welt entrückt, und dann
reißen sie auch noch kollektiv die Arme in die Höhe. Und tatsächlich, es ist vor allem
positive Energie, die hier strömt. Es ist der Improsommer-Spirit!
Nun macht eine Schwalbe noch keinen Sommer, und Kulisse und Atmosphäre und
Energie und Spirit machen noch keinen Improsommer.
Was noch fehlt, was den Improsommer wirklich besonders macht, ist die
Improsommer-Qualität!
Der von mir sehr verehrte Udo Jürgens, der für seine legendären rund dreistündigen
Liveshows bekannt war, von denen ich über die Jahrzehnte wohl an die zwanzig
miterleben durfte, hat mal in einer Backstage-Doku gesagt:
„Wenn man perfekt vorbereitet ist, dann kann man auch improvisieren.“
Die Improsommer-Macher:innen sind perfekt vorbereitet – und das ist einer der
Gründe, wenn nicht der Grund, warum sie so gut improvisieren.
Verwechseln Sie Improtheater nicht mit einfach mal irgendwie drauf losspielen!
Für das Garderobe keine Haftung-Ensemble gilt an jedem Improsommer-Abend:
Sie wissen nicht, was sie tun. … Aber sie wissen, wie sie es tun.
Sie wissen nicht, was sie spielen. Aber sie wissen, wie sie spielen.
Weil sie ihr Handwerk beherrschen. Weil sie sich perfekt vorbereiten.
Und wie Sie spielen!
Ensemble-Mitglied Silke Siegel sagt in ihrem Steckbrief auf der FGKH-Homepage:
„Ich will singen; tanzen, reimen & schreien, weinen; lachen, scheitern;
auferstehen, applaudieren; Applaus hören, umarmen; mich fallen lassen. Ich will
Impro.“
All das ist Impro.
Und noch vieles mehr.
Für jede und jeden, auf der Bühne oder im Publikum, etwas anderes.
Für manche sicher auch zu wenig.
Die rümpfen dann die Nase und sagen – Impro? Das ist doch kein echtes Theater!
Was ist denn echtes Theater?
Nur die Klassiker?
Da können die FKGHler mit ihrem Improsommer locker drüberstehen –
Der Wiesbadener Improsommer ist doch längst selbst ein Klassiker!
Eine Kulturveranstaltung, die in pandemiefreien Zeiten bis zu 2500 Menschen an
einem Abend auf einen nicht ganz einfach zugänglichen Ort lockt, nicht wetterfest, zu
späterer Stunde auch mal kühl – da muss dann schon irgendwas dran sein – umso
mehr, wo viele der 2500 immer und immer wieder kommen.
Eine solche Kulturveranstaltung ist eine Kultveranstaltung. Es soll Improsommer-
Fans geben, die noch keinen einzigen Abend verpasst haben.
Sie kommen wegen der Location, der Atmosphäre, dem Spirit – und der Qualität!
Nochmal ein Udo-Jürgens-Zitat – zur leidigen Diskussion über „U“ und „E“:
„Im Wort Unterhaltung steckt auch das Wort Haltung“.
Das spürt auch das Publikum des Improsommers, wo die Unterhaltung zwar oft leicht
ist, aber niemals seicht und wo bei allem Spaß und Vergnügen auch ernste Themen
Platz finden, wo gesellschaftlich Relevantes und Aktuelles angesprochen, also
ausgespielt, wird.
Die Qualität ist belegt durch den Zuspruch und den Applaus des Publikums, aber
auch durch jede Menge Preise und Auszeichnungen, die sich über die Jahre
angesammelt haben.
Oder auch durch den guten Ruf, den der Improsommer in ganz Deutschland, aber
auch in Europa und sogar in Übersee hat. Bei internationalen Festivals ist der
Wiesbadener Improsommer immer Gesprächsthema. Die Creme de la Creme des
Improtheaters geht in der Erlebnismulde ein und aus. Als Gast zum Wiesbadener
Improsommer eingeladen zu werden, gehört für Improspieler, die etwas auf sich
halten, zum guten Ton.
Der Wiesbadener Improsommer ist eine Marke, innerhalb der Szene, aber auch für
das Stadtmarketing in einer Stadt, die sich oft schwertut mit ihrem Image, ihrem
„Markenkern“ und ihrer Identität. Martin Michel wird das bestätigen.
Was den Improsommer auch noch besonders macht: die Improsommer-
Zugänglichkeit!
Der Improsommer ist bewusst und beeindruckend niederschwellig.
„Niederschwellig“ war eines der ersten Worte, das ich mir meinen Brainstorm-Zettel
geschrieben hatte, nachdem ich diese Laudatio zugesagt hatte. „Niederschwellig“
war einer der ersten Begriffe, den Frederik in unserem Vorgespräch nannte.
Ohne Zäune, ohne festen Eintritt, ohne „Voraussetzungen“ sind beim Wiesbadener
Improsommer wirklich alle willkommen.
Wenn der Hut rumgeht, darf jeder reinwerfen, was er mag und kann – gerne 10, 20,
30 Euro für einen Abend, wenn man es sich leisten kann, aber gerne auch weniger
oder gar nichts, wenn man wenig oder gar nichts hat. Die Rechnung geht – das ist
nicht selbstverständlich – für alle Beteiligten auf.
Der Improsommer wirkt als Brückenschlag und kann ein Funke sein, der kulturelles
Interesse weckt, auch über das Improgeschehen hinaus. Auch Leute, die sonst eher
nicht ins Theater gehen, kann der Improsommer auf die Idee bringen, sich auch mal
andere Sachen anzuschauen – im Staatstheater zum Beispiel. Wenn sie dabei nicht
aufpassen, sehen sie allerdings dort wieder Für Garderobe keine Haftung.
Regelmäßig stehen FGKH-Gastspiele auf dem Staatstheater-Spielplan, oder auch im
thalhaus oder in der neuen Spielstätte „Marleen“ im Lili am Hauptbahnhof.
Der Improsommer ist
Niederschwellig auf höchstem Niveau
– Und das gleich doppelt:
245 Meter Höhe + Hohes spielerisches und künstlerisches Niveau.
Etwas ganz besonders Besonderes ist die Improsommer-Romantik!
Der Improsommer ist so romantisch, dass hier Beziehungen und Ehen entstanden
sind, innerhalb des Teams, zwischen Team und Publikum und sicher auch im
Publikum. Sogar eine Trauung fand schon in der Erlebnismulde statt.
Der heiße Tipp lautet also:
Auf Partner:innensuche?
Es muss nicht immer Parship oder Tinder sein:
Zieht euch mal den Improsommer rein!
Noch ein Aspekt – in Impro steckt Pro – es gibt auch die Improsommer-
Professionalität!
Die zeigt sich auf der Bühne – bei dem, was die Schauspieler:innen und
Musiker:innen darbieten. Aber auch abseits der Bühne.
Als ich vor vielen Jahren einmal, endlich mal, oben war beim Improsommer, schrieb
Fred mir nachts noch eine Nachricht: Das war heute nix. Natürlich war es was. Aber
Frederik war nicht zufrieden – weil sein Anspruch sehr professionell ist. Und dazu ist
er noch so professionell, sich Gedanken darüber zu machen, wie es wohl ankam.
Und dann nachts noch eine Nachricht zu schreiben.
Auch unsere langjährige Medienpartnerschaft – sensor präsentiert den Wiesbadener
Improsommer – ist besonders und besonders professionell. Ihr – Silvia Drobny,
Tamara Bögle, Marc Auel – kümmert euch, seid hinterher, habt Termine im Blick,
seid proaktiv und achtet darauf, dass unsere Zusammenarbeit eine Win-Win-
Situation ist. Vielen Dank dafür!
Und so geht ihr wohl auch mit den anderen Partnern, Unterstützern, Sponsoren um.
Es gibt Vortreffen, Nachtreffen, Zwischentreffen, After Show Partys – ihr pflegt den
Kontakt über das eigentliche Ereignis hinaus. Sehr professionell!
Zur Professionalität gehört auch, sich von pandemischen Zeiten nicht davon abhalten
zu lassen, sein Ding durchzuziehen.
„Vielleicht sind wir ein bisschen verrückt, vielleicht ein bisschen viel“, verkündete
FGKH im Sommer 2021: „ Fünf Wochenenden Improsommer. Mit drei Wochen
Vorlauf. Na ja, spontan können wir halt am Besten.“
Innerhalb kürzester Zeit nach der Genehmigung wurde die Maschine angeworfen –
der Improsommer rief – und alle, die dazugehören – Ensemble-Mitglieder, Musiker,
Helferteam – kamen.
Und das Publikum natürlich auch – im erlaubten Rahmen.
Zum Schluss nach vielen Ausführungen zu den Besonderheiten des Improsommer-
Improvisationstheaters nochmal eine Grundsatzfrage:
WAS IST IMPRO? WIE GEHT IMPRO?
„Einlassen auf etwas, was gerade da ist“, hat mir Fred gesagt und von dem
Missverständnis berichtet: „Viele denken, es wäre schwer, weil man sich dauernd
etwas Neues ausdenken muss.“ Vielmehr gehe es darum, sich auf das, was da ist
einzulassen, und zu vergrößern und zu verstärken.
Der große Unterschied zu anderen kulturellen Werken – einem Theaterstück, einem
Gemälde, das immer ein schon ein Endergebnis sei – sei, dass das Publikum immer
beteiligt ist am kreativen Prozess.
Fred vergleicht Improtheater mit einer Jazzband: „Eine gute Show ist die, wo wir
gemeinsam sind. Und nicht wo jeder denkt, jetzt unbedingt auf Teufel komm raus
seine eigene lustige Idee umsetzen zu müssen“. Besonders schön sei das Suchen
nach einer Geschichte, nicht der schnelle kurze Gag.
„Wenn alles passt ist es magisch“ – bei diesem Satz über den Zauber der
Improvisation habe ich sein Strahlen durchs Telefon hindurch gespürt.
Eine Preisverleihung ist auch ein willkommener Anlass, nach Wünschen, nach
Perspektiven zu fragen.
Ein Dach überm Kopf, wie es neulich diskutiert wurde, braucht der Improsommer
nicht, so viel steht fest. Bald 20 Jahre haben Spieler wie Witterung fast jeder
Witterung getrotzt.
Was der Improsommer aber braucht, ist die Mulde. Wenn die verschwindet, versetzt
oder verkleinert wird, gehen nicht nur unverzichtbare Sitzplätze und Spielplätze,
sondern auch Atmosphäre flöten. Also bitte genau überlegen, was dort oben
verändert werden soll, und unbedingt im Prozess diejenigen einbeziehen, die sich
hier auskennen.
Auf dem Wunschzettel stehen vielmehr ordentliche sanitäre Einrichtungen, eine
Verbesserung der Parkplatzsituation und sehr gerne auch wieder eine Neroberg, die
an Improsommer-Terminen bis in den Abend hinein fährt. Dass das so schwer
eigentlich nicht sein kann, zeigt die Vergangenheit.
Frederik erzählte mir, dass er – der in Wiesbaden als Kind den Weg zum Theater
gefunden hat – gerade mit dem Spielformat für Kinder seiner Stadt auch etwas
zurückgeben will.
Mit dem Improtheater insgesamt gibt er, gibt das gesamte FGKH-Team der Stadt
schon eine Menge.
Ganz zum Schluss die Frage:
Was kann Wiesbaden – diese so wunderschöne und potenzialerfüllte Stadt, die
aber oft hinterherhinkt, sich vielleicht noch allzu häufig, und leider folgenschwer,
selbst im Weg steht – vom Improsommer lernen?
Eine ganze Menge!
Wenn Wiesbaden mag.:
Improvisation natürlich –
Agilität – Schritt für Schritt, nachsteuern, anpassen.
Mut
Der Improsommer war ein Wagnis.
Durchhaltevermögen
Gute Ideen zulassen.
Guten Ideen aber auch Zeit geben.
Am Anfang spielten die FGKHler vor ziemlich luftiger Mulde, freuten sich, wenn mal
100 oder 150 Menschen sich ins seeehr weite Rund verliefen. Sie ließen sich nicht
entmutigen.
Kontinuität
9 Ensemblemitglieder, bis zu 8 Musiker:innen, 20-köpfiges Helferteam.
Einige sind seit der ersten Stunde, viele seit Jahrzehnten, mindestens Jahren dabei
Eingeschworene Gemeinschaft.
Jugend
Mit Anfang 20 hatte Fred die Improsommer-Idee!
Ich weiß, dass auch jetzt wieder einige 20-jährige in der Stadt unterwegs sind, die
den Kopf und das Herz voller großer und guter Ideen haben für kulturelle Formate,
Orte, Aktivitäten. Hört ihnen zu. Lasst mal was zu!
Unfertiges zulassen.
Es muss nicht alles perfekt sein, schon gar nicht auf Anhieb. Dinge können sich auch
entwickeln. Scheitern. Neu probiert werden.
„Wir fragen auch mal das Publikum, wenn wir nicht weiterwissen – was sollen wir
machen“, sagt Fred – „Und dass etwas vollkommen scheitern darf, ist völlig ok!“
Vertrauen und Verantwortung
Das Improsommer-Publikum macht nicht nur bei den Stücken mit, sondern hilft auch
mit, packt an, räumt auf und nimmt Müll mit. Die Mulde ist nach einem Abend mit
über 2000 Menschen nicht versaut, sondern manchmal sauberer als vorher. Und
auch im Ensemble und Team ist sich niemand für nichts zu schade.
Experimentierfreude – Dinge ausprobieren, Ideen eine Chance geben, nicht
Dagewesenes da sein lassen, entstehen und wachsen lassen.
Einzigartigkeit – Unverwechselbarkeit –
Wir spielen alles. Außer gewöhnlich. So lautet der Slogan von Für Garderobe keine
Haftung.
Unabhängigkeit
Der Improsommer kommt, ebenso wie das Theater Für Garderobe keine Haftung, bis
heute ohne öffentliche städtische Gelder aus.
Frederik ist es wichtiger – als Privatmensch, wohlgemerkt – offen seine Meinung zu
sagen und auch mal kritisch zu Personen und Geschehnissen in der Stadt zu
äußern, als sich irgendwo einzuschleimen oder den Mund verbieten zu lassen, nur
um es sich nicht mit irgendwelchen Gelderverantwortlichen zu verscherzen.
Dafür mein größter Respekt! Das ist, leider, nicht immer sehr selbstverständlich in
unserer Stadt.
Geduld – es muss nicht alles auf Anhieb ein Blockbuster sein.
Und der Kulturpreis war nun fällig. Wahrscheinlich sogar überfällig.
Herzlichen Glückwunsch, lieber Fred und allen bei Für Garderobe keine Haftung.
Herzlichen Glückwunsch zu der genialen Idee und vor allem herzlichen
Glückwunsch zu der Umsetzung – seit 2003 Sommer für Sommer,
Improsommer für Improsommer.
Herzlichen Glückwunsch zum Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden.
Und allen hier und an den Übertragungsgeräten vielen Dank fürs Zuhören.