Nein, wir reden nicht mit der AfD,
liebe sensor-Leserinnen und –Leser, aber wir reden, wenn es Anlass gibt, über die AfD. Speziell über die AfD in Wiesbaden, die sich so gerne als brave Filiale einer regelmäßig alle möglichen Grenzen überschreitenden Partei inszeniert und dabei doch fern von anständig und harmlos agiert und agitiert. Und kaum mehr als heiße Luft produziert. Die bisher zwölf versandten Pressemitteilungen (sie sind akribisch durchnummeriert, deshalb weiß ich das so genau) der AfD Wiesbaden lesen sich wie ein fortwährendes Selbstgespräch. Sie kennen nämlich nur ein einziges Thema: Die AfD Wiesbaden. Inhaltliche Beiträge zu Themen unserer Stadt, zum Leben in unserer Stadt? Zuviel verlangt!
Stattdessen geht es unter Überschriften wie „Öffentlicher Dialog mit politischen Gegnern in Sichtweite“, „Veranstaltungen der Wiesbadener AfD werden bekämpft“ oder „Gewalt gegen AfD in Wiesbaden erreicht neuen Höhepunkt“ einzig und allein darum, mit wem die AfD gerne reden würde, wer sich den Gesprächen mit der AfD verweigert, wer sie wie bekämpft und wie sie darauf reagiert. In den dazugehörigen, oft endlos langen Texten mit hohem Gaga- und Geschwätzigkeits-Faktor werden dann mit Vorliebe, so unverblümt wie unverschämt, durchschaubar absurde und hanebüchene Zusammenhänge suggeriert und konstruiert zwischen Sachverhalten, die einfach so gar nichts miteinander zu tun haben – zwischen sensor-Kolumnen und „Farbbeutel-Anschlägen“ zum Beispiel.
So geschehen in einer Pressemitteilung, die uns des „Zündelns“ bezichtigt, die „Rolle des Stadtmagazins sensor in Zusammenhang mit den Übergriffen“ als „unerträglich“ bezeichnet und schließlich kühn behauptet: „Die Angriffe auf die AfD Wiesbaden haben seit dem Erscheinen der April-Ausgabe des sensor noch einmal massiv zugenommen.“ Aber klar doch, genau so stelle ich mir unsere Leserschaft – ja, das sind Sie – vor: Artikel gelesen und nix wie Farbbeutel gebastelt und an die Wände einer Gaststätte geschleudert, die ihre Räume an die AfD vermietet.
Die Lieblings-Methode der aufdringlichen AfD-Egozentriker geht übrigens so: Sie bieten gezielt genau den Gruppen oder öffentlichen Personen Gespräche an, von denen sie genau wissen (müssten), dass die Adressierten ganz bestimmt nicht mit ihnen sprechen wollen und werden. Anschließend wird der Vorgang öffentlich gemacht, die eigene Dialogbereitschaft gefeiert und die Dialogverweigerung der „Gegenseite“ angeprangert.
Auch bei mir klingelte vor einiger Zeit das Telefon, am anderen Ende der Leitung war der Wiesbadener AfD-Pressesprecher, -Schatzmeister und Stadtverordnete in Personalunion. Er beschwerte sich über die Beiträge unseres Kolumnisten Falk Fatal, gab mir zu verstehen, dass wir in Zukunft doch sicher rechtliche Schritte vermeiden wollten und bot mir an, ein gerne „kritisches“ – er wisse ja schließlich, wo wir stünden – Interview zu führen. Später jammerte der Herr per Pressemitteilung: „Dieses Gespräch verlief von Seiten des sensor in eisiger Atmosphäre und ohne jedes Interesse, darüber auch nur ansatzweise zu diskutieren.“ Gut erkannt!
Ich reihe mich nicht in die lange Reihe jener ein, die davon reden, die AfD „inhaltlich stellen“ zu wollen. Weil das meiner Überzeugung nach so gut wie unmöglich ist. Mal ganz abgesehen davon, dass dafür ja erst mal Inhalte existieren müssten: Ein Blick in eine x-beliebige der vielen Talkshows, die AfD-Köpfen regelmäßig ein Forum bieten, zeigt die Überflüssigkeit solcher Unterfangen genauso wie die Lektüre entsprechender Interviews in Zeitungen und Zeitschriften.
Aber bevor wir nun zu viele unserer wertvollen Zeilen verschwenden, widmen wir uns dem, was uns wirklich wichtig ist – dem Sommer-sensor zum Beispiel und seinem Titelthema: Heimat. Die Heimat, die ich meine und liebe, ist der Ort, an dem ich meine Wurzeln habe – Wiesbaden – und noch vieles mehr: Menschen und Orte, Gedanken, Gefühle und Ideen. Und die Heimat, die ich meine, ist bunt und ständig in Bewegung. Auch deshalb, weil sich Menschen hierher bewegen, die ihre Heimat verlassen müssen, weil sie in dieser elementar bedroht sind. Und die nun Platz finden in meiner Heimat. Und dabei meine Heimat nicht bedrohen, sondern bereichern.
Ich wünsche Ihnen viel Freude mit Ihrer Heimatzeitung sensor!
Dirk Fellinghauer, sensor-Eiszapfen