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Es muss nicht zwingend GroKo sein – Wiesbadener SPD zeigt sich offen für „unkonventionelle Bündnisse“

Kommunalwahl_2016_Wiesbaden_Endergebnis

 

Von Dirk Fellinghauer.

Rein rechnerisch gibt es mit dem Endergebnis der Kommunalwahl in Wiesbaden nur eine Option für die anstehende Regierungsbildung: Neuauflage der großen Koalition, diesmal mit der SPD als stärkste Kraft. „Bloß nicht!“, rufen entsetzt viele, für die genau die Ablösung der großen Koalition vordringlichstes Ziel dieser Wahl war. „Muss auch nicht unbedingt sein“, lassen nun die Sozialdemokraten, für die sich die Zusammenarbeit mit der CDU seit geraumer Zeit zunehmend mühsam bis quälend gestaltet hatte, in ihrer ersten Pressemitteilung nach dem Wahlsonntag anklingen – und äußern sich offen für die „Prüfung unkonventioneller Bündnisse“.

Klar ist für die SPD nach Aussage ihres Vorsitzenden Dennis Volk-Borowski, dass die Große Koalition nicht wie bisher weitermachen könne und werde. „Wiesbaden wird in den nächsten fünf Jahren einige Aufgaben zu lösen haben und braucht eine handlungsfähige Stadtregierung.“ Nicht nur in Bezug auf die Mehrheitsbildung bringe das Wahlergebnis erhebliche Schwierigkeiten mit sich, deutet er an, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der CDU für die Genossen alles andere als eine Wunschvorstellung ist.

Kritische Suche nach eigenen Fehlern gehört dazu

„Wir müssen dieses Ergebnis annehmen. Dazu gehört ebenfalls, kritisch zu prüfen, wo wir Fehler gemacht haben. Wer in Anbetracht solcher Verluste und Wählerwanderungen glaubt, selbst alles richtig gemacht zu haben, sollte hierüber dringend noch einmal nachdenken“, betont Volk-Borowski – klarer Seitenhieb in Richtung des bisherigen Koalitionspartners. Der CDU-Vorsitzende Oliver Franz wurde im Wiesbadener Kurier mit den Worten zitiert: „Hier greift ein bundespolitischer Trend, der gar nichts mit der Politik in Wiesbaden zu tun hat“. Auch aus Statements des CDU-Fraktionsvorsitzenden Bernhard Lorenz zum Wahlausgang war in keiner Silbe Selbstkritik herauszuhören.

„Das Motto ‚Gemeinsam’ wird sich für die SPD besonders in Anbetracht des bedrückenden Abschneidens der AfD auch in der parlamentarischen Arbeit wiederfinden müssen“, zitiert Volk-Borowski den zentralen Wahlkampfslogan seiner Partei. Für die SPD als stärkste Partei bestehe daher der Auftrag den nächsten Tage und Wochen darin, mit den anderen Parteien die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit auszuloten. Dies schließe auch die Prüfung unkonventioneller Bündnisse mit ein.

Sondierungskommission auf Partnersuche

Es gehe nun nicht nicht nur darum, die gleiche Politik nur besser zu verkaufen: „Wir müssen auch besser werden. Genau dazu brauchen wir dringend mehr Bürgerbeteiligung – und bei der Mehrheitsbildung vielleicht auch mehr Offenheit.“ Diese Aufgabe übertrug der Unterbezirksbeirat (Parteivorstand, Rathausfraktion und Vertreterinnen und Vertretern der SPD-Ortsvereine) einstimmig einer Sondierungskommission. Dieser gehört neben dem Fraktionsvorsitzenden Christoph Manjura, Parteichef Volk-Borowski und Oberbürgermeister Sven Gerich auch die langjährige planungspolitische Sprecherin und scheidende stellvertretende Fraktionsvorsitzende Vera Gretz-Roth an.

Klare Ansage gegen Kürzungen im Sozialhaushalt

In ihrem am Montagabend tagenden Unterbezirksbeirat zeigten sich der Mitteilung zufolge viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten betroffen über das starke Abschneiden der AfD in Wiesbaden. „Wir sind uns noch nicht ganz sicher, wie stark der Anteil derer ist, die wirklich dem rechten Gedankengut der AfD anhängen und wie viele entweder aus Protest gegen die Bundespolitik oder der Wiesbadener Großen Koalition einfach einen Denkzettel verabreichen wollten“, äußert sich Dennis Volk-Borowski. „Für die demokratischen Parteien heißt das aber in beiden Fällen das gleiche: Wir müssen mehr Energie investieren, um die Menschen zurückzugewinnen.“ Das bedeute für die Sozialdemokratie, ein besonderes Augenmerk auf die Stadtviertel zu legen, in denen sich die Menschen offenbar abgehängt fühlten. „Wer hier auch noch Kürzungen im Sozialhaushalt fordert, der verhält sich völlig kontraproduktiv“, so Volk-Borowski – noch ein Hinweis in Richtung des bisherigen, und nach Auffassung der SPD offensichtlich nicht zwingend auch künftigen Koalitionspartners.

Vielleicht stellen die Wiesbadener Sozialdemokraten die ihnen übertragene Suche nach einer künftigen Stadtregierung ja tatsächlich unter ein neues Motto: „WI es weitergeht: MUTIG!“

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