Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).
Was für ein großartiger, was für ein großer, was für ein wichtiger und, ja, auch mutiger Abend. Die Internationale Maifestspiele erlebten am Donnerstagabend die Europapremiere von „Who Is Happy in Russia?“, das Publikum erlebte, präsentiert von sensor als Medienpartner, einen fulminanten und intensiven Theaterabend zwischen Schauspiel, Tanz, Zirkus, Performance und Konzert mit dem Gogol Center Moskau. Heute gibt es noch eine weitere und letzte Gelegenheit, dieses Ereignis zu erleben. Unsere Empfehlung: Wer es gestern nicht erlebt hat, sollte es heute nicht verpassen. Um 19.30 Uhr im Großen Haus des Staatstheater, Karten gibt es noch an der Abendkasse.
Das so große wie starke Ensemble erlebte Standing Ovations am Ende der dreigeteilten, über dreieinhalbstündigen Aufführung – und anschließend einen begeisterten Empfang im Staatstheater Wiesbaden-Foyer. Und der eigentliche Schöpfer des Ganzen, der Gogol-Theaterleiter und Regisseur des Stücks, Kirill Serebrennikov, erlebte eine eindrückliche Demonstration der Solidarität – in Abwesenheit.
Der Theatermacher durfte auch diese Premiere seiner Arbeit nicht persönlich erleben, er steht seit 2017 in Moskau unter Hausarrest. #FreeKirill war dann auch eine klare und unmissverständliche Botschaft des Abends – auf der Bühne durch „sein“ Ensemble mit entsprechenden T-Shirts, in offiziellen Reden von Stadtrat Helmut Nehrbass in Vertretetung von und im Namen von OB Sven Gerich und von Staatstheater-Indendant Uwe-Eric Laufenberg, auf verteilten und gerne angehefteten Ansteck-Schildchen des Publikums, mit einer Kunstinstallation im Foyer – und wohl in so ziemlich jedem Kopf und jedem Herzen des Publikums. Begeistert und beeindruckt zeigte sich auch der frühere Intendant des Staatstheaters, Manfred Beilharz. Er erinnerte sich im Gespräch mit sensor am Rande des Empfangs an die Einweihung der Wartburg im Jahr 2004. Damals sei Kirill Serebrennikov überraschend nach Wiesbaden gereist anlässlich der Wartburg-„Einweihungsinszenierung“ des Stücks „Plastilin“ von Wassilij Sigarew.
Das große Danke für diesen großen Abend geht außer an die Künstler und an den Intendanten auch an das Wiesbaden Biennale-Kuratorenduo Maria Magdalena Ludewig (Foto oben) und Martin Hammer, die diese Inszenierung entdeckt und nach Wiesbaden gebracht haben.
Und nun ist es an „Wiesbaden“, heute Abend nochmal zu zeigen, dass sich die riesigen Mühen für alle Beteiligten gelohnt haben, das Gogol Theater mit diesem beeindruckenden Stück nach Wiesbaden zu holen: am besten durch einen, auch spontanen – es gibt es noch Karten an der Abendkasse -, Besuch dieses Theaterereignisses. Weder die Länge des Stückes noch die Alternativ-Aussicht auf einen lauen Frühlingsabend sollten Theater-, Kunst-, Kultur- und Freiheitsfreunde davon abhalten, diese einmalige Gelegenheit in unserer Stadt zu nutzen. Für das eigene Vergnügen. Und für Kirill Serebrennikov.
Hier geht es zum sensor-Fotoalbum von der Europapremiere bei den Maifestspielen.
Dokumentarfilm „Der Fall Serebrennikov“:
Mehr zum Gastspiel:
https://sensor-wiesbaden.de/buehnengruesse-aus-moskau-zu-d…/