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Geheimnisvolles Chaos

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Von Hendrik Jung. Fotos Arne Landwehr

Angst vor der NSA? Muss nicht sein. Wiesbaden wehrt sich: Ein Start-Up-Unternehmen entwickelt eine Software für sichere Mail-Kommunikation. Beim Chaos-Computer-Clubs können Interessierte solche technischen Lösungen diskutieren.

Manche Menschen haben Geheimnisse. Manche müssen sogar Geheimnisse haben. Ärzte sowie Anwälte unterliegen der Schweigepflicht, Versicherungen oder Unternehmensberater arbeiten ebenfalls mit vertraulichen Daten. Wenn sie diese auch vertraulich behandeln wollen, bleibt ihnen die e-mail als Kommunikationsmittel verwehrt. Denn wenn diese nicht aufwändig verschlüsselt wird, ist sie quasi die Postkarte des Internets: Wer sie lesen möchte, kann sie lesen. Das war schon vor dem Skandal um die National Security Agency (NSA) bekannt. Mittlerweile sind diese Zusammenhänge jedoch ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit geraten. Gut für die drei Gründer des Wiesbadener Start Up-Unternehmens Kullo. Seit Februar arbeiten sie am Prototyp eines Programms, das sie im kommenden Jahr auf den Markt bringen wollen. Passenderweise steht der Name Kullo, der aus der Sprache der Mandinka aus Westafrika stammt, für den Begriff Geheimnis.

Unkompliziert verschlüsselt

„Unsere Software soll zwei große Eigenschaften haben: Eine absolut sichere Verschlüsselung von Endgerät zu Endgerät sowie Benutzerfreundlichkeit“, erläutert Roelof van Dijk. Bei den Algorithmen setze man auf bewährte Open-Source-Technologie. „Die sind vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre als sicher eingestuft“, fügt Simon Warta hinzu. Der große Unterschied bei der Software aus Wiesbaden soll die unkomplizierte Anwendung der Verschlüsselung sein. Das funktioniert aber nur, wenn die Kunden in spe sich dafür entscheiden, ihre Kommunikation über die Kullo-Server abzuwickeln. Es wäre zu aufwändig, die Software so zu konzipieren, dass sie mit allen existierenden mail-Providern kompatibel ist. „Wenn ein Anwalt mit all seinen Klienten sicher kommunizieren möchte, kann er sich für eine Premium-Mitgliedschaft entscheiden. Für seine Klienten ist das Postfach dann kostenfrei“, erklärt Simon Warta das Geschäftsmodell. Zwischen 5 und 10 Euro pro Monat soll es kosten, regelmäßig auf einem sicheren Kanal zu kommunizieren. „Wir gehen davon aus, dass verschlüsselte Kommunikation zum Standard werden wird“, betont Roelof van Dijk. Wenn der Prototyp der Software fertig ist, wolle man sie einerseits von namhaften Institutionen testen lassen, andererseits von potenziellen Nutzern. „Wer daran Interesse hat, kann sich auf unserer Website eintragen“, lädt Daniel Seither ein. Außerdem werde man öffentlich dazu aufrufen, das System zu knacken.

Vielleicht ein Fall für den Chaos Computer Club. Seit drei Jahren ist dessen Mainzer Niederlassung am Wiesbadener Sedanplatz ansässig. Mehr Undercover geht eigentlich gar nicht! Jeden Dienstag treffen sich die derzeit 50 Mitglieder zum Open Chaos, ihrem Stammtisch. Neben dem internen Austausch hat man sich auch einen Bildungsauftrag zum Ziel gesetzt. „Wir wollen den Leuten was beibringen und sehen zu, dass wir explizit junge Leute ansprechen“, erläutert Kevin Bullmann. Das erfolgt zum einen bei den Wiesbadener Ferienspielen, wo die Teilnehmer Roboter bauen und programmieren können. Daraus hat sich vor einem Jahr das monatliche Angebot „Chaos4Kids“ entwickelt. Von Zeit zu Zeit richtet der Verein auch Kryptopartys aus. Entweder echte, bei denen die Teilnehmer die notwendigen Datenschlüssel austauschen, um anschließend verschlüsselt elektronisch miteinander kommunizieren zu können. Oder aber solche, die eher dem Bildungsauftrag dienen. Hier können sich die Teilnehmer zunächst einmal über Datensicherheit informieren. „Wir waren vor ein paar Jahren eine sehr aktive Gruppe, aber jetzt haben wir das Studium abgeschlossen und sind am Arbeiten“, bedauert Kai Beckmann. Interessierte Mitstreiter sind deshalb am Sedanplatz herzlich willkommen.

www.kullo.net , www.cccmz.de

Der „Donnerstalk“ zum Thema findet am 9. Januar ab 19 Uhr im heimathafen statt: „Am 09.01. treffen wir uns beim Donnerstalk wieder für talk+idea+beer (alias Vorträge, Austausch und Netzwerken). 2013 war das „goldene Jahr der Überwachung“ – deshalb geht’s 2014 direkt los mit guten Vorsätzen zum Schutz unserer Daten im Netz: `NSA, Prism, Snowden, Tempora & mehr: (Wie) können wir uns wehren?´ Mit Mini-CryptoParty und Passwort-Workshop! Und danach: Drinks+Laughter“. Alle Infos hier: https://www.facebook.com/events/197183093801493/