Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka
Bei Abdelmajid Hamdaoui fühlt man sich gleich irgendwie zu Hause. Der überaus freundliche Geschäftsinhaber begrüßt auch Neukunden wie alte Freunde. Alle Menschen, die den Laden während unseres Gesprächs betreten, bekommen ein Lächeln und einen netten Gruß. Das ist in so einem Laden auch schon die halbe Miete: Wie es eben die sprichwörtliche „Tante Emma“ früher zu tun pflegte. „Aber die wusste bestimmt noch einiges mehr über die Leute“, meint Hamdaoui grinsend.
Trend zu plastikfreiem Leben
Fest steht: Es ist wirklich ein netter, gar nicht so kleiner Laden an der Ecke der Albrechtstraße zur Oranienstraße. Dort gibt es, dem Trend zu plastikfreiem Leben folgend, seit 2020 den zweiten „Unverpackt“-Laden in Wiesbaden. Hamdaoui hat bereits in Mainz ein entsprechendes Geschäft. Der gebürtige Marokkaner, seit über 30 Jahren in Deutschland, war eigentlich in einer ganz anderen Branche als Vertriebler tätig. Als sein hiesiger Arbeitgeber nach München umzog, wollte er nicht mit und entschied sich für den Schritt in die Selbstständigkeit. Zunächst mit dem „BrotPosten“ in Mainz, in dem er Backwaren vom Vortag günstig verkaufte. Dann mit dem Unverpackt-Laden, denn das Konzept verpackungsfreier Ware fand er schon immer klasse.
Gezielt einkaufen, weniger wegwerfen
„Bei uns wurde noch nie was weggeworfen“, sagt Abdelmajid Hamdaoui. Und das geht besser, wenn man gleich immer nur so viel kauft, wie man benötigt. Wer hat es noch nicht erlebt, dass sich Vorratsschrank uralte halbvolle Packungen finden? Das ist nicht nötig, wenn man seine Müsliportion eben ganz gezielt pro Woche kauft. Das tut gerade auch eine Kundin, die sich eine Portion Birchermüsli abfüllt und wirklich auch nur diese mitnimmt. Sie finde das sehr praktisch, sagt sie, zahlt mit einem Fünf-Euro-Schein, bekommt noch einiges an Wechselgeld heraus und wird freundlich verabschiedet. Der nächste Kunde kauft eine einzelne Flasche naturtrüben Apfelsaft, zwei leere Flaschen hat er dabei.
Großes Sortiment
Reicht das fürs Geschäft? Abdelmajid Hamdaoui meint, ja. Gerade weil viele gezielt einkaufen, kämen sie ja auch öfter. Und finden bei ihm eine große Auswahl an Grundnahrungsmitteln, aber auch Leckereien wie diverse Sorten Gummibärchen oder Schokolade. Es gibt verschiedenste Sorten Reis, Linsen, Nüsse, Nudeln, Trockenfrüchte, Tee und Kaffee. Jede Menge Mehlsorten, die auch jene zufriedenstellen, die sich glutenfrei ernähren. Hirse, Einkorn, Emmer, Gerste, Grünkern, Kamut – Getreidesorten, die sonst nicht so einfach zu finden sind. Und auch wer mal fünf Kilo Spaghetti braucht, bekommt diese als Großgebinde.
Behälter mitbringen oder kaufen
Drogerieartikel wie Wasch- und Putzmittel, Shampoo oder Seifen sind auch im Angebot. Spülschwämme und Zahnbürsten, Menstruationstassen und Bambuslöffel, Milchprodukte und Tofu, ein riesiges Sortiment. Insgesamt gibt es über tausend Artikel, die entweder in mitgebrachten Behältern oder in Tüten/Textilbeuteln/Gläsern, die vor Ort zu haben sind, gekauft werden können. Alles ohne Plastik – das ist das Hauptmerkmal, und fast alles auch in Bio-Qualität.
Preislich könne er mit Supermärkten mithalten, meint der Chef. „Und man spart ja auch Geld, denn wenn man hier einkauft, hat man in der Regel eine Liste und kauft nicht noch alles Mögliche, woran man vorher nicht dachte.“ Er habe eine ihm bekannte Familie gebeten, mal aufzuschreiben, was sie beim Einkauf bei ihm im Gegensatz zum Supermarkt ausgeben. „Die hatten 50 bis 60 Euro im Monat gespart.“ Stöbern geht aber natürlich auch – es gibt Geschenkgutscheine. Über Neuheiten im Sortiment informiert die Facebookseite.
Spülmittel selbst anrühren
Gerade empfiehlt Hamdaoui vegane Aufstriche von Mrs. Marmelade – die gibt’s im Glas. Viele kleine Zulieferer sind im Sortiment, die es sich zu entdecken lohnt: Spülmittel der Marke ooohne, die man selbst anrühren muss zum Beispiel, Bio-Taschentücher aus Bambus von „Smooth Panda“, oder auch Haferdrinkpulver zum Selbstmixen. Interessante Produkte also, mit denen man nicht nur den Umstieg auf Plastikfreiheit, sondern auch einen Schritt in Richtung veganes Leben gehen könnte, wenn man denn wollte.
Unverpackt Wiesbaden, Albrechtstraße 31, 65185 Wiesbaden. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9.30-19 Uhr, Samstag 9 bis 16 Uhr. https://unverpackt-wiesbaden.de