Unter dem Titel „Der Zeit ihre Kunst / Der Kunst ihre Freiheit“ verhandeln im Nassauischen Kunstverein die international besetzte Gruppenausstellung sowie die Einzelausstellung der kurdischen Journalistin und Künstlerin Zehra Doğan das gegenwärtige Erstarken des Autoritären und Populistischen. Nachdem die Künstlerin ihren Besuch bei der bestens besuchten Eröffnung (sensor-Fotoalbum hier) kurzfristig wieder absagen musste, können Besucher*innen nun ab 17 Uhr mit der Künstlerin in eine Diskussion treten, an der auch der bekannte Journalist und Autor Günter Wallraff teilnimmt. Vorher präsentiert sie eine Performance.
Unter dem zweiten Teil der Wiener Maxime „Der Kunst ihre Freiheit“ ist die erste Einzelausstellung in Deutschland der kurdischen Journalistin und Künstlerin Zehra Doğan (*1989, Diyarbakır, Türkei) mit einer umfangreichen Auswahl an Arbeiten aus zwei Schaffensperioden zu sehen. Nachdem Zehra Doğan 2016 wegen eines Gemäldes, das die von der türkischen Armee zerstörte Stadt Nusaybin darstellt, und der auf Social Media geteilten Nachricht eines 10-jährigen Kindes verhaftet wurde, sind die Werke der „Clandestine Days“ (2017) nach ihrer Entlassung aus der fünfmonatigen Untersuchungshaft entstanden. Während dieser Zeit war sie in Istanbul untergetaucht. Nach der anschließenden Verurteilung wegen angeblicher terroristischer Propaganda im Juli 2017 arbeitete die Künstlerin unter noch weitaus schwierigeren Bedingungen auch im Gefängnis von Diyarbakir (2017-2018) heimlich weiter.
Mit ihren Gemälden und Zeichnungen tritt Zehra Doğan für Presse- und Meinungsfreiheit ein und dokumentiert mit künstlerischen Mitteln die aktuelle Lage in der Türkei. Während ihr im Gefängnis der Zugang zu Malfarben verwehrt blieb, nutzte sie Kartonage, Bettlaken, Menstruationsblut und Speisereste, um ihre künstlerische Arbeit fortführen zu können. So reflektieren die Werke aus dieser Zeit auch durch ihre Materialität den Zustand der Unterdrückung und Zensur sowie Wege des Widerstands dagegen.
Heute finden im Rahmen der Einzelausstellung in Kooperation mit dem Deutschen Journalistenverband Hessen DJV statt:
17:00 Uhr Performance Weiße Fahne (Treffen um 16:45 VOR DEM RATHAUS, Dauer ca. eine halbe Stunde)
19:00 Uhr Beginn des Gesprächs mit Zehra Doğan sowie Günter Wallraff, Journalist und Schriftsteller, Elke Gruhn, künstlerische Leitung Nassauischer Kunstverein Wiesbaden und
Knud Zilian, erster Vorsitzender DJV-Hessen.
(bou/ Fotos: Zehra Doğan, (c) Jef Rabillon, Dirk Fellinghauer)