Die Wanderbühne Freudenberg präsentiert ein immersives Spiel, inspiriert durch den gleichnamigen Roman von Italo Calvino: „Das Schloss darin sich Schicksale kreuzen“. Hauptdarstellerin ist das Schloß selbst mit all seine Kammern und Zimmern und seinen besonderen Bewohner*innen. Premiere ist an diesem Mittwoch, 17. November.
Schicksale werde sich kreuzen, Tarotkarten werden gezogen, in Händen wird gelesen, Becher werden gereicht. Das Schloß wird zu einem Jahrmarkt, indem alle Zuschauer*innen den eigenen Weg finden können, inmitten von buntem Getümmel, fremden Stimmen, zwischen besonderen Charakteren und der Vielfalt der Attraktionen.
Die einzigartige Performance dauert etwa drei Stunden, die Schloß Taverne bleibt die ganze Nacht geöffnet. Es spielen unter Regie von Katharina Schenk die Wanderbühne Freudenberg mit ihrem Internationalen Ensemble
Zu erleben ist das Ereignis vom17. bis 27. November, Einlass: Mittwoch + Donnerstag: 18:00 Uhr, Freitag + Samstag: 19:10 Uhr, mittwochs gibt es einen Spezialpreis für Studierende.
Tickets gibt es hier.
Die Ausgangssituation beschreibt Italo Calvino in seinem Roman so:
„Mitten in einem dichten Wald bot ein Schloß denen Zuflucht, die unterwegs von der Nacht überrascht wurden: Rittern und Damen, königlichen Gefolgen und einfachen Wanderern. Ich war außer Atem; ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten; seitdem ich in den Wald gekommen war, hatte ich so viel erlebt an Begegnungen und Erscheinungen, dass ich jetzt weder meine Bewegungen noch meine Gedanken ordnen konnte. Ich stieg eine breite Treppe hinauf; fand mich in einem hohen geräumigen Saal: da saßen viele Menschen beim Abendessen an einer mit Kerzen erhellten Tafel, gewiss auch sie nur Zufallsgäste, die mir auf den Waldwegen vorangegangen waren.
Wie ich mich umsah, hatte ich eine sonderbare Empfindung oder, besser: zwei ganz verschiedene Empfindungen, die sich in meinem vor Müdigkeit ein wenig unsicheren und verwirrten Sinn vermengten. Mir war, als befände ich mich an einem reichen Hof, was man bei einem so ländlichen und abgelegenen Schloß gar nicht vermuten konnte; und nicht nur wegen der wertvollen Einrichtung, sondern ob der Ruhe und Gesetztheit der Tischgenossen, die alle ein schönes Aussehen hatten und mit ausgesuchter Eleganz gekleidet waren. Und gleichzeitig hatte ich eine Gefühl von Unordnung, wenn nicht gar von einem Sich gehenlassen, als wäre dies nicht ein Herrschaftssitz, sondern eine Durchgangsherberge, wo einander Unbekannte von unterschiedlicher Herkunft und Heimat zufällig für eine Nacht beisammen sind, in der ein jeder spürt, wie sich die ihm vertrauten Verhaltensregeln lockern und er sich selbst zu einem freieren anderem Benehmen gehen lässt.“
Was ist immersives Theater? Kurzinterview mit Regisseurin Katharina Schenk
Was erwartet die Zuschauer*innen?
Euch erwartet eine einmalige Nacht. Ein Spiel mit dem Schicksal, ein totales Theater, in dem ihr zugleich und in einer Person Zuschauerin, Schauspieler, Regisseurin und Autor seid. Kurz: ein immersives Theaterstück: „Das Schloss darin sich Schicksale kreuzen“
Was ist ein immersives Theatererlebnis?
Immersiv kommt vom lateinischen Wort immersio = das Eintauchen. Du stehst also nicht vor einem Kunstwerk, sondern Du bist darin. Das Stück entsteht durch dich, im Zusammenspiel mit den Schauspieler*innen. In allen 28 Zimmern des Schlosses finden sich Szenen, Charaktere, Verführungen. Durch sie erlebst Du dich und deine Wahrheit in einem neuen Licht. Welche der Räume du besuchst, bestimmt das Schicksal. Es ist also ein großes Geheimnis.
Wie kam die Zusammenarbeit mit den ukrainischen Künstler*innen zustande?
2016 war ich junge Regisseurin am Deutschen Theater in Berlin. Über ein Austauschprogramm kam ich nach Kiew und traf dort auf ein unglaubliches Ensemble. In einer alten Fabrikanlage inszenierten wir ein Stück und fanden eine gemeinsame Theatersprache. Für mich ist der Himmel aufgegangen. Daraus entstand die Wanderbühne Freudenberg und unsere tiefe Freundschaft.
Was hat dich zu dem Stück inspiriert?
Die Inspiration des Stückes lieferte das Schloss selbst: Hinter jeder Ecke meint man ein Geheimnis entdecken zu können. Und dann fand ich den Roman von Italo Calvino: „Das Schloss, darin sich Schicksale kreuzen“ Es war wie ein Blitzeinschlag: Dieser Stoff war wie geschaffen für uns, für diesen Ort, für diese Zeit. Aber ich will nicht zu viel verraten…
(dif/Fotos Wanderbühne Freudenberg, Roman Ruster, Arne Landwehr)