Von 2002 bis 2017 war Kristina Schröder Bundestagsabgeordnete, von 2009 bis 2013 Bundesfamilienministerin im Kabinett von Kanzlerin Merkel. Nun meldet sich die Wiesbadener CDU-Politikerin als politische Kolumnistin zu Wort. Für „Die Welt“-Chefredakteur Ulf Poschardt mussten es sogar Großbuchstaben sein, als er heute via Facebook verkündete: „Ab sofort Kolumnistin bei uns: KRISTINA SCHRÖDER. Ihre Premiere lesen Sie hier. 5 Punkte, wie Jamaika Sinn machen könnte.“ Bisher hatte die 40-Jährige, die als stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU Wiesbaden in den Niederungen der Lokalpolitik mitmischt, nur verlauten lassen, dass sie nach ihrem Rückzug aus der aktiven Bundespolitik als Unternehmensberaterin und Publizistin tätig sein wolle. Und als Mutter natürlich. Erst letzte Woche hatte sie, über ihren neuen Auftraggeber Die Welt, mitgeteilt, dass sie und ihr Mann Ole Schröder im Frühling 2018 ihr drittes Kind erwarten.
In ihrem Einstand als Kolumnistin, der online hier zu lesen ist, beschreibt Schröder eine mögliche Jamaika-Koalition als „echte Chance (…). Für unsere Demokratie genauso wie für alle, die das Gefühl haben, dass in unserem Land manches starr geworden ist.“ Dazu benennt sie in dem ausführlichen Beitrag, dessen Headline in der Onlineausgabe im Laufe des Tages von „Wenn uns die Integration nicht gelingt, knallt es“ zu „Ungleichheit ist die Triebfeder, etwas zu leisten“ geändert wurde, die aus ihrer Sicht „fünf entscheidenden Politikfelder“: „Keine Naivität mehr in Sachen Integration und Islam“, „Ein moderner und leistungsfähiger Staat“, „Ein neuer Forschergeist“, „Akzeptanz von Ungleichheit“, „Keine staatliche Umerziehung mehr“.
Im Grunde stellt sie der Politik, die sie über viele Jahre, vier davon als Ministerin, in entscheidender Position mit verantwortete, ein Armutszeugnis aus, wenn sie sagt: Würden die Vorschläge, die sie nun – im freiwillig gewählten politischen Ruhestand – in ihrem Beitrag macht, umgesetzt werden, „würde etwas passieren in Deutschland, politische Ideen, über die wir teilweise seit 20 Jahren diskutieren, würden einfach mal umgesetzt.“ Die Ideen, die sie als nun Außenstehende formuliert, werden dabei von einer Vielzahl von Kommentatoren als, ganz oder teilweise, grundsätzlich gar nicht mal so dumm eingeschätzt. Das Lob, bei manchen gar die Verzückung, ob ihrer außerparlamentarischen Gedanken wird allerdings flankiert von Fragen, welchen Sinn die Schröderschen Gedankenspiele in ihrer jetzigen Rolle machen sollen. Ein Sinn für die Autorin selbst dürfte schon allein in der Tatsache bestehen, dass sie überhaupt ein so prominentes Forum erhält, und das wahrscheinlich auch noch ordentlich dotiert.
In ihrem allerersten Bundestagswahlkampf hatte Schröder, damals noch Köhler, auf ihrer persönlichen Homepage beschrieben, wie sie mit ihrem Auto die Mainzer Straße entlang fuhr, als sie dort zum ersten Mal ein riesiges Wahlkampfplakat von sich sah. Sie sei dann rangefahren und habe erst mal angehalten, um sich ihr riesiges Konterfrei anzuschauen. Was sie wohl heute getan, oder auch unterbrochen oder gelassen hat, als sie die „Welt“ mit ihrem ersten großen eigenen Beitrag in den Händen hielt?
(Dirk Fellinghauer/Archivfoto Simon Hegenberg)