Das Hessische Staatstheater bringt Salman Rushdies Roman „Die satanischen Verse“ auf die Wartburg-Bühne. Nach einem Regie- und Besetzungswechsel wurde die Premiere um eine Woche verschoben und soll nun am 19. Mai, unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen, stattfinden. Auf den Autor des Romans ist auf Grundlage einer Fatwa aus dem Jahre 1979 bis heute ein Kopfgeld von mittlerweile fast 4 Millionen Dollar ausgesetzt. „Jeder kennt den Skandal, aber kaum jemand hat den Roman wirklich gelesen“, sagt das Staatstheater. Deshalb sind nun mitten in den Proben Interessierte an diesem Samstag, den 16. April, von 16 bis 21 Uhr in die Wartburg eingeladen, den Roman selbst kennenzulernen. In einem mehrstündigen Lesemarathon tauchen Zuhörerinnen und Zuhörer mit Mitgliedern der Schauspielsparte gemeinsam in Salman Rushdies magischen Roman ein. Der Besuch des Lese-Marathons ist, bei freiem Eintritt, für einen Zwischensprint von wenigen Minuten oder die gesamte Strecke von fünf Stunden möglich. Kommen und Gehen erlaubt! Ob kurz oder lang: Aus Sicherheitsgründen ist ein Personalausweis vorzuzeigen.
Um möglichen Störungen während der Vorstellungen ab dem 19. Mai in der Wartburg vorzubeugen, hat das Hessische Staatstheater Wiesbaden laut eigener Aussage „eine erfahrene und renommierte Sicherheitsfirma beauftragt“. Diese solle das reguläre Einlasspersonal bei seiner Arbeit unterstützen. Beamtinnen und Beamte der Polizei würden in der Spielstätte für das Publikum „nicht erkennbar anwesend sein“. Karten für die Vorstellungen von »Die satanischen Verse« können derzeit nur an der Theaterkasse, 0611. 132 325, erworben werden. Die Karten werden personalisiert ausgestellt und mit dem Namen des Theaterbesuchers oder der Theaterbesucherin versehen. Beim Einlass ist neben der Eintrittskarte auch der jeweilige Personalausweis vorzuzeigen. So verständlich die grundsätzlichen Sicherheitsüberlegungen für die Vorstellungen selbst sind, so verfrüht und überzogen erscheinen die bereits jetzt, während der natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindenden Proben, erfolgten unübersehbaren Vorkehrungen (Wachschutz vor der Wartburg-Tür, Parkverbot vor dem Theater ab sofort bis Juli ). Ein Schelm, wer hier an PR-Hintergedanken denkt.
Sicherheit hin oder her: Die Regie der Wiesbadener Inszenierung hat der im Irak geborene Kurde Ihsan Othmann, der in Berlin und Bagdad lebt und deutscher Staatsbürger ist, übernommen. Der eigentlich vorgesehene Regisseur Thorleifur Örn Arnasson war kurz vor dem Probenbeginn aus dem Projekt ausgestiegen. Die Hauptrolle des mutierten Teufels Saladin übernimmt der Berliner Schauspieler und Regisseur Tobias Rott, der diese Rolle bereits der Welturaufführung der Theaterfassung von „Die satanischen Verse“ am Hans-Otto-Theater in Potsdam spielte.
Berlin-Bagdad-Wiesbaden
Ihsan Othmann wurde 1967 in Duhok im Irak geboren und studierte Theaterregie in Sulaimaniyya und Bagdad. Er arbeitet aktiv am Kulturaustausch zwischen dem Irak und Deutschland, arbeitet sowohl mit deutschen als auch irakischen sowie international gemischten Ensembles und organisiert mitunter ein Theaterfestival in der Stadt Erbil. In Berlin, wo er seit 1992 lebt, war er in mehreren Theaterproduktionen zu sehen und wirkte außerdem bei verschiedenen Filmprojekten mit. Die irakische Hauptstadt Bagdad ist neben Berlin derzeit sein zweiter Wohnsitz. Seine Schauspielproduktion »Wartende Frauen« nach »Die Trojanerinnen« von Euripides mit einem irakischen Ensemble aus den Städten Erbil und Dohuk war 2015 bei den Internationalen Maifestspielen in Wiesbaden zu sehen. An der Potsdamer Winteroper entwickelte er unter der Regie des heutigen Staatstheater-Indentanten Uwe Eric Laufenberg die Sprechrolle des Bassa Selim in Mozarts »Die Entführung aus dem Serail« und war in dieser Rolle auch beim Irak-Gastspiel der Oper Köln (Frühjahr 2011) zu sehen. In der Spielzeit 2014.2015 gastierte er in dieser Partie am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. (Dirk Fellinghauer/ Bild btb Verlag)