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So wohnt Wiesbaden: 16-jähriger angehender Busfahrer lebt in Wiesbadens erster Azubi-Wohnung

Von Hendrik Jung.

Standortvorteil Wiesbaden. Damit es heimischen Unternehmen leichter fällt, Azubis zu gewinnen, bietet die Wohnbaugesellschaft GWW nun speziell für diese Zielgruppe bezahlbaren Wohnraum an.

Jannik Faust lebt seinen Kindheitstraum. Schon früh kam bei ihm der Gedanke auf, einmal als Busfahrer zu arbeiten. Bei ESWE Verkehr gehört er nun zum ersten Jahrgang der angehenden Fachkräfte im Fahrbetrieb, die in ihrer dreijährigen Ausbildungszeit nicht nur das Lenken von Bussen erlernen. Auch Einblicke in die Leitstelle, die Werkstatt oder die Mobilitätszentrale gehören dazu. „Die Idee ist, dass sie später einmal vier Tage in einer Fachstelle arbeiten und einen Tag weiterhin Bus fahren, damit sie dort im Notfall jederzeit aushelfen können“, erläutert Sylia Niebling-Metzger von der ESWE Verkehr-Personalabteilung.

Wohnen im Pilotprojekt

Für den 16-jährigen Jannik Faust ein interessantes Modell, schließlich hat er noch ein langes Arbeitsleben vor sich. In seiner Heimatstadt Kaiserslautern wäre eine solche Ausbildung nicht möglich gewesen. Mainz und Wiesbaden waren die nächsten Anlaufstellen, weshalb er sich beide Betriebe angesehen hat. „Wiesbaden hat mir besser gefallen“, berichtet der Azubi. Ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft war auch schon gefunden, doch das sei ihm wegen eines Wasserschadens wieder abgesagt worden.

Die intensive Suche nach einer bezahlbaren Alternative ist schließlich durch das Pilotprojekt beendet worden, das GWW und Wohnungsdezernat in Folge eines Auftrags der Stadtverordnetenversammlung entwickelt haben: Wohnraum für Azubis in unterschiedlichen Größenordnungen (1 bis 4 Zimmer) zu einem Tarif (ab 350 Euro) inklusive Nebenkosten, der von Beginn an für die gesamte Dauer der Ausbildung festgelegt wird.

Happy im Ein-Zimmer-Apartment

Seit Sommer sind in diesem Rahmen auch WGs möglich, doch als der junge Pfälzer dann das gut 30 Quadratmeter große Ein-Zimmer-Apartment plus Balkon in der Nähe des Schiersteiner Hafens gesehen habe, sei die Entscheidung schnell gefallen. „Ich bin zufrieden, dass ich den Schritt gegangen bin. Was tut man nicht alles für seinen Traum“, berichtet Jannik Faust.

Nach knapp einem Monat im neuen Heim habe er bereits die Ruhe zu schätzen gelernt, die es ihm im Vergleich zum familiären Fünf-Personen-Haushalt zuvor biete. Mit neuer Küche, neuen Fliesen und neuen Böden habe beim Einzug nicht mehr viel gefehlt. Wichtig sei ihm gewesen, Bett, Schreibtisch und PC mitzunehmen – auch, um etwas von zuhause in der neuen Wohnung zu haben. Der PC sei bislang aber noch gar nicht fertig installiert, weil es wichtiger war, die neue Heimat kennen zu lernen.

Eigener Haushalt: ganz schön viel Arbeit

Zudem erfährt der Auszubildende gerade, wie viel Aufwand mit dem Führen eines Haushalts verbunden ist. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so viel Arbeit macht“, gesteht er. Aber er sei stolz darauf, dass es bei ihm so sauber sei, auch wenn dies regelmäßiges Putzen, Spülen und Wäsche waschen bedeute. Zum Glück könne er im Zweifelsfall schnell mal zuhause anrufen, um mit seinem Vater über die richtige Herangehensweise zu sprechen. Um in Zukunft nicht mehrere Tage lang dasselbe zu essen, erwäge er gerade die Anschaffung eines Tiefkühlgeräts. Dass er sich in Wiesbaden schon heimisch fühle, habe sich bereits nach der ersten Woche Berufsschule gezeigt, die im Blockunterricht in Nürnberg stattfindet. „Danach habe ich gedacht: Endlich zuhause“, berichtet Jannik Faust strahlend.

Mietvertrag läuft über Ausbildungsbetrieb

Abgeschlossen werden die Verträge nicht mit den jeweiligen Lehrlingen, sondern mit den Unternehmen, in denen sie ihre Ausbildung absolvieren. Diese haben dann nach Abschluss der Lehre die Möglichkeit, die Wohnung an neue Auszubildende zu vergeben oder das Objekt an die GWW zurückzugeben. Das Pilotprojekt wird von Handwerkskammer, Industrie- und Handwerkskammer sowie Deutschem Gewerkschaftsbund in der Region als guter Schritt in die richtige Richtung gelobt, wobei der DGB ein „gerechtes Vergabeverfahren“ anmahnt. Zunächst stehen maximal 29 Wohnraumplätze für Azubis zur Verfügung – perspektivisch sollen nach erklärtem Willen der Stadtregierung noch mehr dazukommen.

Bislang ist Jannik Faust der einzige Auszubildende, der das Pilotprojekt nutzt. Laut GWW sind ab Anfang Oktober sowie November zwei weitere Verträge geplant, aber noch nicht unterschrieben. Außerdem seien mehrere Anfragen und Besichtigungen von Objekten im gesamten Stadtgebiet am Laufen.

Mehr Infos zum Azubi-Wohnen gibt es hier.