Weiterhin keine Koalition in Sicht im Wiesbadener Rathaus gut sieben Monate nach der Kommunalwahl, aber dafür nun gemeinsame Haushaltssache. Die Rathausfraktionen von Bündnis90/Die Grünen, SPD, Linke und Volt führen vertiefte Gespräche, wie ein gemeinsamer Haushalt für die Jahre 2022 und 2023 konkret aussehen kann. „Dazu gab es in den letzten Tagen einen guten Austausch“, verkünden die Spitzen aller vier Fraktionen heute unisono. CDU und FDP wären damit erst mal außen vor. Zuletzt hatten sich Koalitionsoptionen in einer Art Pattsituation verhakt mit keiner erkennbaren Bereitschaft, sich aus den Wunschkonstellationen heraus in andere Richtungen zu bewegen. Allgemein hatte es immer geheißen, spätestens zur Verabschiedung des Haushalts müsse eine Koalition stehen.
Bereits in der Vergangenheit hatten die vier Fraktionen gemeinsame Setzanträge in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht und zu Mehrheitsbeschlüssen geführt; etwa zu Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Tempo 30/40 auf Hauptverkehrsstraßen oder der nachhaltigen Entwicklung von Bestandsquartieren. „Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass es auch beim städtischen Haushalt eine große inhaltliche Nähe und viele Übereinstimmungen gibt“, heißt es in der Erklärung.
Den vier Fraktionen seien sich bewusst, dass nicht alle vom Magistrat angemeldeten weiteren Bedarfe umgesetzt werden können, sondern gemeinsame Prioritäten gesetzt und von allen Beteiligten Kompromisse gemacht werden müssen. Klar sei aber auch: „Ein Haushalt darf nicht nur der kleinste gemeinsame Nenner der vier größten Fraktionen im Haus sein, wie von CDU und FDP gewünscht.“
Vielmehr brauche es einen Haushalt, „der den zentralen Herausforderungen unserer Zeit gerecht wird“. Genannt werden Aktiver Klimaschutz, der Zusammenhalt der Stadtgesellschaft und die Schaffung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen, die Stärkung des sozialen Netzes und die Digitalisierung der Verwaltung.
Generaldebatte wird verschoben
Über die weiteren Details und weiteren Bedarfe der Dezernate wollen die Fraktionen in den kommenden Tagen und Wochen intern weiter beraten. Um den notwendigen Zeitraum dafür zu schaffen, aber auch um die im kommenden Monat erwarteten aktuellen Zahlen des AKs Steuerschätzung und zum kommunalen Finanzausgleich (KFA) einbeziehen zu können, sind die Beratungen des Ausschusses für Finanzen und Beteiligungen auf Ende November verschoben worden. Die Generaldebatte zum Haushalt sowie der Beschluss der Haushaltsbesatzung sollen am 16. Dezember 2021 folgen. Damit wäre trotz der Verschiebung um vier Wochen ein Haushaltsbeschluss bis Jahresende möglich.
Die beteiligten vier Fraktionen äußern sich zuversichtlich, „dass ein gemeinsamer Haushalt gelingen kann – gerade weil damit eine große Verantwortung für die Stadt Wiesbaden und ihre Bürgerinnen und Bürger einhergeht.“
Bei der Kommunalwahl hatten CDU 23,5, Grüne 21,4, SPD 20,3, AfD 6,5, FDP 10,4, Linke 6,2, Volt 3,8, Sonstige 7,9 % der Stimmen bekommen. Das jetzt geschmiedete Haushalts-Bündnis verfügt mit 43 von 81 Sitzen über eine Mehrheit.
Aktuelle Sitzverteilung der Stadtverordnetenversammlung:
CDU | 19 Mitglieder |
---|---|
Bündnis 90 / Die Grünen | 17 Mitglieder |
SPD | 17 Mitglieder |
FDP | 8 Mitglieder |
Die Linke | 6 Mitglieder |
AfD | 5 Mitglieder |
Volt | 3 Mitglieder |
Freie Wähler / Pro Auto | 3 Mitglieder |
Bürgerliste / Unabhängige Liste / BIG | 3 Mitglieder |
(dif / Bild Votemanager.de)