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Vorhang auf für neues Kulturleben: „Theater im Pariser Hof“ feiert diese Woche den Start in der Spiegelgasse

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Nach einem halben Jahr Leerstand und Untätigkeit der Stadt ergreifen Theaterfans die Privatinitiative in der Spiegelgasse – zunächst probeweise. Mit einem Eröffnungsfest am 21. und 22. Mai startet die erste Bespielung des „Theater im Pariser Hof“. Im Anschluss an die ersten Vorstellungen findet jeweils ein kleiner Empfang mit Barmusik statt, „eine ausdrückliche Aufforderung zur Begegnung und zum Gespräch, denn das Theater im Pariser Hof soll in jeder Hinsicht gute Unterhaltung sein.“ Bis zum 28. Juni ist der Vorstellungskalender prall gefüllt.

Überraschend kehrt nun recht kurzfristig wieder Leben ein im verwaisten „Pariser Hof“ . Theaterschaffende und Theaterfans wollen wieder Theater- und Kulturleben in das Haus bringen, das 28 Jahre lang eine Kleinkunstbühne beherbergte. Diese stellte Ende September den Betrieb ein. Thomas Kreimeyer bietet nun zum Auftakt mit seinem Kabarett der rote Stuhl „beste Unterhaltung seit es Kommunikation gibt“ (21.5.), und Marc Günther präsentiert einen Klassiker in einer völlig neuen Form: „Faust. Der Tragödie erster Teil für zwei Schauspielerinnen“ (22. und 23.5.).

Nach der Schließung ging es erst mal drunter und drüber. Die Stadt forderte potenzielle Nachfolger auf,  sich mit Konzepten für eine weitere kulturelle Nutzung zu bewerben, hatte aber gar kein wirkliches Interesse daran und stieß damit große Teile der Wiesbadener Kulturschaffenden gehörig vor den Kopf. Dann passierte nichts mehr, und die Kulturstätte wurde zur bloßen Immobilie degradiert. Nun die überraschende Nachricht: Im Mai und Juni wird das „Theater im Pariser Hof“, wie sowohl die Bühne wie auch der dafür neu gegründete Verein heißen werden, wieder bespielt – mit Kleinkunst, eigenen Theaterinszenierungen, Konzerten und Lesungen.

Wagnis ohne Unterstützung der Stadt

Eine Handvoll Enthusiasten hat sich zusammengetan, um das Wagnis einzugehen – ohne jede Unterstützung seitens der Stadt: Sie mieten die Räume zunächst veranstaltungsbezogen direkt vom Eigentümer, der Wiesbadener Immobilienmanagement WIM, auf eigene Faust an. Sie haben keine Exklusivansprüche auf die Räume, die derzeit theoretisch von jedermann angemietet können. Ihr Ziel ist es jedoch, das „Theater im Pariser Hof“ langfristig als Spielstätte zu etablieren. Vorsitzender des neuen Vereins ist der Frankfurter Marc Günther, der seine Theaterlaufbahn einst in Wiesbaden startete, unter anderem Intendant am Schauspiel Köln war und jetzt als freier Regisseur, Autor und Schauspieler unterwegs ist. Der 2. Vorsitzende, Pascal Schmitt, betreibt das Restaurant „Chez Mamie“ im gleichen Haus.

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Damit ist eine Spezialität des neuen Theaters vorprogrammiert: „Wir setzen starke kulinarische Akzente“, stellt Günther genüssliche Programm in Aussicht. Bei Genuss ist die Geselligkeit nicht weit, und so träumt er bereits davon, das Haus auch als eine Art Salon zu etablieren, wo man verweilt, sich trifft und austauscht und sich Abende auch ganz unerwartet entwickeln können. Der von einem Zahnarzt spendierte Flügel steht schon im Foyer bereit. Gleich an den Eröffnungsterminen gibt es nach den Vorstellungen Barmusik und Livemusik mit Fous de la Mer.

Bunt gemischt, aber kein Kessel Buntes

Als „bunt gemischt, aber hoch kompetent“ bezeichnet Günther das neue Team. Der „Versuchslauf“ mit knapp zwanzig ganz unterschiedlichen Vorstellungen zwischen 21. Mai und 28. Juni soll einen Vorgeschmack geben auf das, was die Macher gerne auf Dauer in der Spiegelgasse bieten wollen. Einerseits wollen sie „die Schiene wie bisher weiterfahren“, andererseits ganz neue Akzente setzen. Neben bekannten Namen aus dem Bereich Kabarett, die schon früher hier auftraten – „alle haben sofort Ja gesagt“, berichtet Günther  -, sollen auch eigene Stücke und Formate auf die Bühne kommen, gerne mit jungen Schauspielern aus dem Rhein-Main-Gebiet. Das Programm soll auch Platz  für Gastspiele lassen und „offen für Kooperationen“ sein. „Ein Kessel Buntes“ sei aber nicht das Ziel. Das Konzept lässt auch Raum für eher Unerwartetes wie den Ibiza-Abend am 6. Juni. Die britische Filmkritikerin und Musikjournalistin Helen Donlon lebt auf Ibiza und hat einen direkten Draht in die Musik- und Partyszene der Insel mit der legendären Clubdichte. Für einen Abend kommt sie mit ihrem neuen Buch im Gepäck zu einem exklusiven Besuch nach Wiesbaden. Livemusik, Fingerfood und Cocktails sorgen an dem Abend außerdem Mittelmeer-Flair in die Spiegelgasse bringen. Am 7. Juni verspricht Jorgos Katsaros (Foto) „Comedy Magic de Luxe“.

Ein bisschen wie ein Startup

Zum Kulturamt oder Kulturdezernat haben die „Theater im Pariser Hof“-Macher noch keinen Kontakt gesucht. „Wir verhandeln nicht über Dinge, die nicht verhandelbar sind“, erklärt Günther lapidar die Einsicht, dass derzeit bei der Stadt kein Geld für neue Kulturarbeit zu holen ist. Wie hoch die Miete ist, die die frischgebackenen Theatermacher zunächst aus eigener Tasche investieren – „ein bisschen fühlen wir uns wie ein Startup“, lacht er – verrät der Vereinsvorsitzende nicht. Er deutet aber an, dass es ein gewisses Entgegenkommen gab: „Die WIM ist froh, dass hier überhaupt wieder etwas passiert.“ Da dürfte sie etwas mit einem erwartungsfrohen Wiesbaden Publikum gemeinsam haben.

Das komplette „Testprogramm“ und alle Infos auf www.theaterimpariserhof.de

(Dirk Fellinghauer)

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