Von Anna Engberg. Fotos: Hai-Charter, Rhein Sup, privat.
Stehend, sitzend oder im Yoga-Hund: Stand-up-Paddling, kurz SUP, ist inzwischen eine der beliebtesten Wassersportarten überhaupt. So vielseitig man mit SUP-Board übers Wasser gleiten kann, so begrenzt war doch bislang auch das Angebot in Wiesbaden. Nun kommt der Trend auch hier in Fahrt.
Mit seinen vielen Auen lädt der Rhein seit jeher zum Verweilen ein. Gleichzeitig birgt die meistbefahrene Wasserstraße Deutschlands durchaus Gefahren. Wer das erste Mal aufs SUP steigt, sollte sich deshalb ein sicheres Terrain suchen: Nach dem Zollhafen in Mainz etabliert sich nun der Schiersteiner Hafen zunehmend als SUP-Revier.
Zwei Anbieter im Schiersteiner Hafen
Torsten Haibach ist hier mit Hai-Charter und seinem Team bereits seit knapp zehn Jahren in der Bootsvermietung aktiv. Seit vier Jahren hat sein Unternehmen auch Stand-up-Paddling im Portfolio. „Wir sind mit 5-PS-Schlauchbooten, Tretbooten und Boots-Chartering gestartet“, erzählt er: „Heute habe ich außer zehn Mitarbeitern im Bootsverleih auch zwei SUP-Instruktoren an Bord.“
Gleich nebenan befindet sich, neu am Markt, Rhein-Sup. Hinter dem im Herbst 2021 in Wiesbaden gegründeten Start-up steht Laura Lay. Die gelernte Fremdsprachenassistentin und Hotelkauffrau steht durchschnittlich acht Stunden pro Woche auf dem Board. „Es war die direkte Leidenschaft zu dem Sport, die Kombination aus Wasser und Bewegung in Kombination mit dem gesundheitlichen Aspekt“, beschreibt Lay, was sie zum SUP gebracht hat. Deshalb hat sich die SUP-Instruktorin mit „supinastic“ ihre Form der präventiven Wirbelsäulengymnastik auch direkt patentieren lassen.
Vielfalt an SUP-Varianten
SUP ist nicht gleich SUP. Man kann mit dem Board nicht nur gemütlich übers Wasser gleiten, paddeln oder sich liegend treiben lassen. Auch bei den Schiersteiner Anbietern ist das Angebot breit. Neben neben dem normalen SUP für Anfänger und Fortgeschrittene gibt es Yoga und Fitnessprogramme auf dem Wasser, auch spezielle Angebote wie Team-Events und Geburtstagsfeiern werden angeboten – und nachgefragt.
Torsten Haibach kennt die Zielgruppe und sportlichen Anforderungen genau: „Die Teilnehmer sind größtenteils zwischen 20 und 50 Jahre alt, teils älter. Das ist bunt gemischt.“ Für SUP Yoga sollte man eine gewisse Grundfitness mitbringen. Mit rund vier Kursen pro Woche sind beide Schiersteiner Anbieter ähnlich aufgestellt und richten sich zudem gezielt an Unternehmen. „Es werden häufig SUPs für Firmen-Events gebucht, etwa als Kurse für ganze Mitarbeiter-Teams“, berichtet Haibach von Hai-Charter. Kollegin Lay von Rhein Sup hat sich auf große Team-Events spezialisiert: „Auf unserem Big SUP können sechs bis acht Personen gleichzeitig fahren.“
Nachfrage wächst stetig
Der Trend-Wassersport kommt bei den Wiesbadener:innen bislang gut an: Hai-Charter befindet sich seit einem Jahrzehnt im stetigen Wachstum, besonders seit SUP-Kurse hinzugekommen sind. Speziell fürs SUP-Yoga beschäftigt Haibach mit der Mainzerin Kirsten Liedtge eine ausgebildete SUP-Yogalehrerin, die auch eigene Kurse anbietet (www.rheinfuehlen.de). Neuling Laura Lay berichtet ebenfalls über sehr gute Resonanz seit ihrem Start: „Unsere Kurse sind voll, inzwischen beschäftigen wir vier Trainerinnen“.
Yoga auf schaukelndem Wasser
Und dann gibt es ja auch noch SUP-Yoga: Dabei wird die indische Bewegungspraxis einfach aufs Wasser verlegt. „Der größte Unterschied zu normalem Yoga ist das Erlebnis mit Wasser als Untergrund“, sagt die Expertin von Rhein Sup. Ob an einen Yogastern angebunden oder bei freiem Floating, Yoga auf dem Wasser ist etwas ganz Besonderes, finden viele Teilnehmer:innen: „Man achtet viel mehr auf das eigene Körpergefühl und die Balance“, findet die ehemalige Mainzerin Nicole (38), die die Rhein Sup-Kurse in Wiesbaden getestet hat: „Alles, was man mit dem Körper macht, ergibt eine direkte Antwort auf dem Brett. Die Wassergeräusche und Bewegungen holen einen total aus den täglichen Gedanken raus.“
Gerade beim Yoga habe sie nicht geglaubt, dass das Board so stabil bleibt: „Am Anfang der Stunde sind wir noch auf Knien gepaddelt, am Ende standen wir alle dreibeinig über Kopf auf dem Board.“ Dieses neue Yoga-Erlebnis auf schaukelndem Wasser möchte sie nicht mehr missen: „Wenn die Sonne ins Gesicht scheint und das Wasser leicht plätschert, ist die Erfahrung perfekt.“
Meditativ, gesund, erholsam
Auch die 46-jährige Valeska aus Hofheim-Wallau schätzt diese absolute Konzentration auf den Körper und das Board: „Das Wasser gibt einem Urlaubsfeeling pur“, sagt sie. Das bestätigt auch Anita aus Wiesbaden. Die 39-Jährige – „Ich habe Stand Up Paddling vor über zehn Jahren das erste Mal in Kanada ausprobiert und war extrem begeistert“ – war schon weltweit viel auf Wasserwegen unterwegs: „SUP Fahren ist wie eine Meditation auf dem Wasser. Es hat so eine beruhigende Wirkung“. Sie verweist auf den Gesundheitsaspekt: „Das Gleichgewicht wird geschult, die Tiefenmuskulatur gestärkt und je nach Intensität des SUP Fahrens kann man auch weitere Muskelgruppen aufbauen.“ Auch der Hai-Charter-Chef selbst findet das Wellenspiel auf dem Rhein höchst entspannend. Haibach arbeitet parallel in der Finanzdienstleistungsbranche, das SUP-Business ist für ihn ein schöner Ausgleich: „Wasser hat mich schon immer fasziniert und gibt mir einen Ruhepol, um mich zu erden. Das wollte ich mit anderen teilen.“
Miete oder Kauf?
Wer einmal Gefallen am Stehpaddeln gefunden hat, steht vor der grundsätzlichen Frage: SUP-Board mieten oder kaufen? „Zwischen 200 und bis zu 2000 Euro liegen die Anschaffungskosten für ein eigenes SUP“, weiß Laura Lay: „Dazu kommen Pflege, Säuberung, Pumpe und das Lagern des Boards“. Wem das zu teuer oder aufwändig ist, der kann das Kurs- und Miet-Angebot am Hafen nutzen. Alternativ können erfahrene SUP-Fans auch Boards mieten und auf eigene Faust losfahren: „Die Boardmiete ist jederzeit möglich“, sagt Hai-Charter-Chef Haibach: „Uhrzeit und Board-Anzahl lassen sich online bei uns reservieren. So ist gewährleistet, dass man seine Boards bekommt.“
Laufkundschaft für ein „SUP to go“ hat Haibach aber auch – vor allem, seit er 2020 eine eigene Steganlage im Schiersteiner Hafen gekauft hat: „Am Wochenende und am Nachmittag unter der Woche ist bei gutem Wetter eigentlich fast immer jemand da, der unsere inzwischen 15 SUPs verleiht – ansonsten vermieten wir auch nach Absprache.“
Die Region mit dem SUP entdecken
Bleibt nur noch die Frage: wo in und rund um Wiesbaden fährt bzw. paddelt es sich mit dem SUP am besten? „Grundsätzlich eignen sich neben dem Hafenbecken vor allem Auen oder Seen,“ erklärt Rhein Sup-Gründerin Lay. Ihr Kollege von Hai-Charter mag vor allem die viele Auen wie zum Beispiel die Königsklinger Aue und den Alt-Rhein. Auch SUP-erfahrene Teilnehmer aus den Kursen der beiden SUP-Anbieter haben klare Präferenzen wie den Rheinarm in Ginsheim-Gustavsburg oder, wer sich traut, auf Rhein oder Main. SUP-Fahrerin Anita hat jedoch auch Verbesserungsvorschläge: „Ich wünsche mir mehr Verleihmöglichkeiten, Reduktion der Kosten und besseren Zugang zu Seen der Region“, und appelliert zugleich: „SUP-Fahrer:innen sollten aber auch Rücksicht auf den Verkehr auf dem Wasser nehmen, damit dieser Sport geachtet und nicht beschimpft wird.“